18.10.2024
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Hanseatisches Oberlandesgericht in Hamburg Urteil24.10.2012

OLG Hamburg verbietet Reiseportal kommerzielle Nutzung der Online-Flugdatenbank einer Flugge­sell­schaftFlugge­sell­schaft durch so genannten Schleichbezug wettbe­wer­bs­widrig behindert

Greift ein Internet-Reiseportal zum Zwecke der kommerziellen Flugvermittlung auf die Buchungswebsite einer Flugge­sell­schaft zu, so kann das wettbe­wer­bs­rechtlich unzulässig sein. Dies entschied das Hanseatische Oberlan­des­gericht und verbot damit einem nieder­län­dischen Reiseportal, weiterhin die Buchungswebsite einer irländischen Flugge­sell­schaft kommerziell zu nutzen.

Mit ihrer überwiegend erfolgreichen Klage wollte die in Dublin ansässige Flugge­sell­schaft verhindern, dass die Beklagte weiterhin kommerziell Flüge der Klägerin unter Verwendung deren Online-Flugdatenbank vermittelt.

Direktvertrieb der Klägerin soll möglichst niedrige Endpreise gewährleisten

Die Klägerin bietet international Linienflüge im so genannte Low-Fare-Segment an. Die Flüge vertreibt sie ausschließlich über ihre Buchungswebsite und ein eigenes Call-Center. Der Direktvertrieb soll gewährleisten, dass die Endpreise möglichst niedrig bleiben und der Kunde nicht mit Provisionen oder anderen Vermitt­lungs­ge­bühren Dritter belastet wird.

Flüge können ohne Besuch der Website der Klägerin gebucht werden

Die Beklagte ist ein großer nieder­län­discher Reiseanbieter. Sie betreibt ein Internet-Reiseportal, in dem sich der Kunde über die schnellste und günstigste Flugverbindung zum gewünschten Ziel informieren und anschließend den Flug buchen kann. Auch Flüge der Klägerin können über das Portal gebucht werden, ohne dass der Kunde die Website der Klägerin besuchen muss. Um die für die Auswertung nötigen Flugdaten zu erhalten, greift die Beklagte auch auf die Website der Klägerin mit deren Flugdatenbank zu. Entscheidet sich der Kunde für einen Flug der Klägerin, übermittelt die Beklagte die Kundendaten an deren Buchungssystem und vermittelt den Vertragsschluss. Der Kunde zahlt den Flugpreis zuzüglich einer von der Beklagten erhobenen Vermittlungsgebühr ("Customer-Service" bzw. "Reser­vie­rungs­gebühr") an die Beklagte, die ihrerseits den Flugpreis an die Klägerin weiterleitet.

Eigentliche Vertriebswege der Flugge­sell­schaft werden in wettbe­wer­bs­widriger Weise umgangen

Das Hanseatische Oberlan­des­gericht in Hamburg hat entschieden, dass die Beklagte mit ihrem Geschäftsmodell die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des so genannten Schleichbezugs wettbewerbswidrig behindere. Anerkannt sei, dass ein Händler unlauter handele, wenn er beim Kauf eines Produkts gegenüber dem Anbieter, der das Produkt ausschließlich selbst vermarkte und den gewerblichen Weiterverkauf verbiete, seine Wieder­ver­kaufs­absicht verschweige. Ein unlauterer Schleichbezug kann nach Auffassung des Gerichts aber auch dann vorliegen, wenn es – wie hier – nicht um den Weiterverkauf eines Produkts geht, sondern lediglich ein Vertragsschluss vermittelt wird. Auch die nicht autorisierte Vermittlung seiner Leistungen könne einen Anbieter in seiner wettbe­werb­lichen Entfaltung behindern, wenn dadurch seine eigentlichen Vertriebswege nicht nur entgegen seiner erklärten Absicht, sondern gerade in wettbe­wer­bs­widriger Weise umgangen würden.

Klägerin wird um die Möglichkeit gebracht, eigene Zusatz­leis­tungen werbend anzubieten

Die Beklagte verletze mit ihrer Vorgehensweise legitime absatzbezogene Interessen der Klägerin. Ziel der Beklagten sei, den Kunden auf ihrer Website zu halten und ihn zu veranlassen, zumindest den gesamten kommerziellen Geschäftsablauf ausschließlich mit ihr und nicht mit der Klägerin abzuwickeln. Auf diese Weise werde die Klägerin um die Möglichkeit gebracht, dem Kunden vor seiner Buchungs­ent­scheidung ihre Zusatz­leis­tungen werbend anzubieten. Auch das Interesse der Klägerin, Flugpreise anzubieten, die nicht noch durch Vermitt­lungs­pro­vi­sionen Dritter gesteigert würden, sei grundsätzlich schutzfähig. Zumal die Beklagte es durch die intransparente Gestaltung ihrer Kosten darauf anlege, dass der Kunde nicht erkenne, dass die Zusatzgebühr von ihr und nicht von den Flugge­sell­schaften erhoben werde.

Gewerbliche Vermittlung wurde in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen ausdrücklich ausgeschlossen

Nicht jede Nutzung, die dem Willen des Anbieters zuwiderlaufe, sei auch ein wettbe­wer­bs­widriger Schleichbezug. Die Klägerin habe allerdings die gewerbliche Vermittlung nicht nur in ihren Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen (AGB) ausdrücklich ausgeschlossen; sie habe außerdem ihre Website technisch so gestaltet hat, dass ohne vorherige Akzeptanz der AGB keine Buchung bzw. Buchungs­ver­mittlung möglich sei. Die Beklagte habe daher vor jeder Buchungs­ver­mittlung zunächst das Vermitt­lungs­verbot akzeptiert und es anschließend missachtet. Damit habe sie die Grenze zu einer wettbe­wer­bs­rechtlich nicht mehr akzeptablen Beein­träch­tigung der Klägerin überschritten.

Quelle: Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg/ra-online

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