24.11.2024
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Dokument-Nr. 18133

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Urteil30.04.2014BundesgerichtshofI ZR 224/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GRUR 2014, 785Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2014, Seite: 785
  • MMR 2014, 740Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2014, Seite: 740
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil30.04.2014

Kommerzielle Nutzung der Online-Flugdatenbank einer Flugge­sell­schaft durch ein Reiseportal ist nicht wettbe­wer­bs­widrigBundes­ge­richtshof zum so genannten "Screen Scraping"

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass der automatisierte Abruf von Daten von einer Internetseite, um sie auf einer anderen Internetseite anzuzeigen (so genanntes "Screen Scraping") wett­bewerbs­rechtlich zulässig sein kann.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens ist eine Fluggesellschaft, die preisgünstige Linienflüge anbietet. Sie vertreibt ihre Flüge ausschließlich über ihre Internetseite sowie ihr Callcenter und bietet dort auch die Möglichkeit zur Buchung von Zusatz­leis­tungen Dritter an, wie beispielsweise Hotel­auf­enthalte oder Mietwa­gen­re­ser­vie­rungen. Bei der Buchung eines Fluges über die Internetseite der Klägerin muss ein Kästchen angekreuzt werden. Damit akzeptiert der Buchende die Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen der Klägerin. In diesen Bedingungen untersagt die Klägerin den Einsatz eines automatisierten Systems oder einer Software zum Herausziehen von Daten von ihrer Internetseite, um diese auf einer anderen Internetseite anzuzeigen. Die Beklagte betreibt im Internet ein Portal, über das Kunden Flüge verschiedener Flugge­sell­schaften online buchen können. Dort wählt der Kunde in einer Suchmaske eine Flugstrecke und ein Flugdatum aus. Ihm werden sodann entsprechende Flüge verschiedener Flugge­sell­schaften aufgezeigt, unter anderem solche der Klägerin. Wählt der Kunde einen Flug aus, werden ihm die genauen Flugdaten und der von der Flugge­sell­schaft verlangte Flugpreis angezeigt. Die für die konkrete Anfrage des Kunden erforderlichen Daten werden von der Beklagten automatisch von den Internetseiten der Flugge­sell­schaften abgerufen. Die Beklagte erhebt für ihre Vermittlung Gebühren, die während der Buchung auf ihrem Portal dem von der Klägerin verlangten Flugpreis hinzugerechnet werden. Die Klägerin sieht in dem Verhalten der Beklagten eine missbräuchliche Nutzung ihres Buchungssystems und ein unzulässiges Einschleichen in ihr Direkt­ver­trie­bs­system. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung der Vermittlung von Flugbuchungen in Anspruch genommen.

OLG untersagt kommerzielle Nutzung der Online-Flugdatenbank

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlan­des­gericht die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Es hat angenommen, der geltend gemachte Unter­las­sungs­an­spruch sei wegen unlauteren Schleichbezugs gemäß § 4 Nr. 10 UWG* begründet. Auf die Revision der Beklagten hat der Bundes­ge­richtshof das Berufungsurteil aufgehoben und Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlan­des­gericht zurückverwiesen.

BGH verneint wettbe­wer­bs­widrigen Behinderung der Klägerin

Der Bundes­ge­richtshof hat eine wettbe­wer­bs­widrige Behinderung der Klägerin gemäß § 4 Nr. 10 UWG verneint. Im Streitfall führt eine Gesamtabwägung der Interessen der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der Allgemeinheit nicht zu der Annahme, dass die Klägerin durch die beanstandete Vermittlung von Flügen durch die Beklagte ihre Leistungen am Markt durch eigene Anstrengungen nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann. Erforderlich ist insoweit eine Beein­träch­tigung der wettbe­werb­lichen Entfal­tungs­mög­lichkeit, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beein­träch­tigung hinausgeht und bestimmte Unlau­ter­keits­momente aufweist. Allein der Umstand, dass sich die Beklagte über den von der Klägerin in ihren Geschäfts­be­din­gungen geäußerten Willen hinwegsetzt, keine Vermittlung von Flügen im Wege des so genannten "Screen-Scraping" zuzulassen, führt nicht zu einer wettbe­wer­bs­widrigen Behinderung der Klägerin.

Geschäftsmodell der Beklagten fördert Preis­trans­parenz auf dem Markt der Flugreisen

Ein Unlau­ter­keits­moment kann allerdings darin liegen, dass eine technische Schutz­vor­richtung überwunden wird, mit der ein Unternehmen verhindert, dass sein Internetangebot durch übliche Suchdienste genutzt werden kann. Einer solchen technischen Schutzmaßnahme steht es aber - anders als es das Berufungs­gericht angenommen hat - nicht gleich, dass die Klägerin die Buchung von Reisen über ihre Internetseite von der Akzeptanz ihrer Geschäfts- und Nutzungs­be­din­gungen durch Ankreuzen eines Kästchens abhängig macht und die Beklagte sich über diese Bedingungen hinwegsetzt. Der Bundes­ge­richtshof hat auch nicht angenommen, dass die Interessen der Klägerin die der Beklagten überwiegen. Das Geschäftsmodell der Beklagten fördert die Preis­trans­parenz auf dem Markt der Flugreisen und erleichtert dem Kunden das Auffinden der günstigsten Flugverbindung. Dagegen wiegen die Interessen der Klägerin daran, dass die Verbraucher ihre Internetseite direkt aufsuchen und die dort eingestellte Werbung und die Möglichkeiten zur Buchung von Zusatz­leis­tungen zur Kenntnis nehmen, nicht schwerer. Das Oberlan­des­gericht wird nunmehr zu prüfen haben, ob der Klägerin Ansprüche wegen Irreführung und nach den Grundsätzen des wettbe­wer­bs­recht­lichen Leistungs­schutzes zustehen.

*§ 4 UWG (Beispiele unlauterer geschäftlicher Handlungen) lautet auszugsweise:

Unlauter handelt insbesondere, wer

[...]

10. Mitbewerber gezielt behindert;

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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