Dokument-Nr. 18133
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- GRUR 2014, 785Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2014, Seite: 785
- MMR 2014, 740Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2014, Seite: 740
- Landgericht Hamburg, Urteil28.02.2010, 310 O 31/09
- OLG Hamburg verbietet Reiseportal kommerzielle Nutzung der Online-Flugdatenbank einer FluggesellschaftHanseatisches Oberlandesgericht in Hamburg, Urteil24.10.2012, 5 U 38/10
Bundesgerichtshof Urteil30.04.2014
Kommerzielle Nutzung der Online-Flugdatenbank einer Fluggesellschaft durch ein Reiseportal ist nicht wettbewerbswidrigBundesgerichtshof zum so genannten "Screen Scraping"
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der automatisierte Abruf von Daten von einer Internetseite, um sie auf einer anderen Internetseite anzuzeigen (so genanntes "Screen Scraping") wettbewerbsrechtlich zulässig sein kann.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens ist eine Fluggesellschaft, die preisgünstige Linienflüge anbietet. Sie vertreibt ihre Flüge ausschließlich über ihre Internetseite sowie ihr Callcenter und bietet dort auch die Möglichkeit zur Buchung von Zusatzleistungen Dritter an, wie beispielsweise Hotelaufenthalte oder Mietwagenreservierungen. Bei der Buchung eines Fluges über die Internetseite der Klägerin muss ein Kästchen angekreuzt werden. Damit akzeptiert der Buchende die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin. In diesen Bedingungen untersagt die Klägerin den Einsatz eines automatisierten Systems oder einer Software zum Herausziehen von Daten von ihrer Internetseite, um diese auf einer anderen Internetseite anzuzeigen. Die Beklagte betreibt im Internet ein Portal, über das Kunden Flüge verschiedener Fluggesellschaften online buchen können. Dort wählt der Kunde in einer Suchmaske eine Flugstrecke und ein Flugdatum aus. Ihm werden sodann entsprechende Flüge verschiedener Fluggesellschaften aufgezeigt, unter anderem solche der Klägerin. Wählt der Kunde einen Flug aus, werden ihm die genauen Flugdaten und der von der Fluggesellschaft verlangte Flugpreis angezeigt. Die für die konkrete Anfrage des Kunden erforderlichen Daten werden von der Beklagten automatisch von den Internetseiten der Fluggesellschaften abgerufen. Die Beklagte erhebt für ihre Vermittlung Gebühren, die während der Buchung auf ihrem Portal dem von der Klägerin verlangten Flugpreis hinzugerechnet werden. Die Klägerin sieht in dem Verhalten der Beklagten eine missbräuchliche Nutzung ihres Buchungssystems und ein unzulässiges Einschleichen in ihr Direktvertriebssystem. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung der Vermittlung von Flugbuchungen in Anspruch genommen.
OLG untersagt kommerzielle Nutzung der Online-Flugdatenbank
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Es hat angenommen, der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei wegen unlauteren Schleichbezugs gemäß § 4 Nr. 10 UWG* begründet. Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
BGH verneint wettbewerbswidrigen Behinderung der Klägerin
Der Bundesgerichtshof hat eine wettbewerbswidrige Behinderung der Klägerin gemäß § 4 Nr. 10 UWG verneint. Im Streitfall führt eine Gesamtabwägung der Interessen der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der Allgemeinheit nicht zu der Annahme, dass die Klägerin durch die beanstandete Vermittlung von Flügen durch die Beklagte ihre Leistungen am Markt durch eigene Anstrengungen nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann. Erforderlich ist insoweit eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeit, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmomente aufweist. Allein der Umstand, dass sich die Beklagte über den von der Klägerin in ihren Geschäftsbedingungen geäußerten Willen hinwegsetzt, keine Vermittlung von Flügen im Wege des so genannten "Screen-Scraping" zuzulassen, führt nicht zu einer wettbewerbswidrigen Behinderung der Klägerin.
Geschäftsmodell der Beklagten fördert Preistransparenz auf dem Markt der Flugreisen
Ein Unlauterkeitsmoment kann allerdings darin liegen, dass eine technische Schutzvorrichtung überwunden wird, mit der ein Unternehmen verhindert, dass sein Internetangebot durch übliche Suchdienste genutzt werden kann. Einer solchen technischen Schutzmaßnahme steht es aber - anders als es das Berufungsgericht angenommen hat - nicht gleich, dass die Klägerin die Buchung von Reisen über ihre Internetseite von der Akzeptanz ihrer Geschäfts- und Nutzungsbedingungen durch Ankreuzen eines Kästchens abhängig macht und die Beklagte sich über diese Bedingungen hinwegsetzt. Der Bundesgerichtshof hat auch nicht angenommen, dass die Interessen der Klägerin die der Beklagten überwiegen. Das Geschäftsmodell der Beklagten fördert die Preistransparenz auf dem Markt der Flugreisen und erleichtert dem Kunden das Auffinden der günstigsten Flugverbindung. Dagegen wiegen die Interessen der Klägerin daran, dass die Verbraucher ihre Internetseite direkt aufsuchen und die dort eingestellte Werbung und die Möglichkeiten zur Buchung von Zusatzleistungen zur Kenntnis nehmen, nicht schwerer. Das Oberlandesgericht wird nunmehr zu prüfen haben, ob der Klägerin Ansprüche wegen Irreführung und nach den Grundsätzen des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes zustehen.
*§ 4 UWG (Beispiele unlauterer geschäftlicher Handlungen) lautet auszugsweise:
Unlauter handelt insbesondere, wer
[...]
10. Mitbewerber gezielt behindert;
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 30.04.2014
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
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