Herr Salvatore Aniello Pappalardo und mehrere italienische Gesellschaften sind Eigner von Schiffen, mit denen die Ringwadenfischerei auf Roten Thun betrieben werden darf. Ihnen waren für das Jahr 2008 Fangquoten zugeteilt worden. Mit einer Verordnung von 2008* verbot die Kommission die in der Regel bis zum 30. Juni 2008 zulässige Fischerei auf Roten Thun für Ringwadenfischer, die die Flagge Griechenlands, Frankreichs, Italiens, Zyperns oder Maltas führten, ab dem 16. Juni 2008 und für diejenigen, die die Flagge Spaniens führten, ab dem 23. Juni 2008. Wegen dieser Ungleichbehandlung wurde die Verordnung vom Gerichtshof 2011 wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot für nichtig erklärt (vgl. Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil v. 17.03.2011 - C-221/09 -). Daraufhin erhoben Herr Pappalardo und die genannten Gesellschaften beim Gericht der Europäischen Union Klage auf Ersatz des ihnen entstandenen Schadens, der über 6,5 Mio. Euro betragen soll.
In seinem Urteil ruft das Gericht zunächst die Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung der Europäischen Union in Erinnerung: Das den Unionsorganen vorgeworfene Verhalten muss rechtswidrig sein (1), es muss ein tatsächlicher, sicherer Schaden vorliegen (2), und zwischen dem dem betreffenden Organ vorgeworfenen Verhalten und dem geltend gemachten Schaden muss ein unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang bestehen (3). Zur ersten, die Regelwidrigkeit des Verhaltens betreffenden Voraussetzung führt das Gericht aus, dass der gerügte Verstoß gegen das Unionsrecht hinreichend qualifiziert sein muss, d. h., das betreffende Unionsorgan (hier die Kommission) muss die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten haben.
Das Gericht stellt insoweit fest, dass die Festlegung zweier verschiedener Zeitpunkte des Fischereiverbots, für die griechischen, französischen, italienischen, zyprischen und maltesischen Ringwadenfischer einerseits und für die spanischen Ringwadenfischer andererseits, als solches keinen offenkundigen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot darstellt. Die Verordnung von 2008 dient nämlich nicht dem Schutz wirtschaftlicher Fischereivorrechte bestimmter Ringwadenfischer im Verhältnis zu anderen, sondern dem im Allgemeininteresse liegenden Ziel, eine ernsthafte Gefährdung der Erhaltung und Wiederauffüllung der Bestände von Rotem Thun im Ostatlantik und im Mittelmeer zu verhindern (Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil v. 14.10.2014 - C-611/12 P, C-12/13 P und C-13/13 P -). Außerdem weist das Gericht darauf hin, dass die spanischen Ringwadenfischer die Fischerei, auch wenn sie sie eine Woche länger als die übrigen Ringwadenfischer betreiben durften, ebenfalls vor dem üblichen Enddatum (30. Juni 2008) einstellen mussten.
Da im vorliegenden Fall kein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot vorliegt, ist die Voraussetzung der Rechtswidrigkeit des der Kommission vorgeworfenen Verhaltens nicht erfüllt. Das Gericht weist die Schadensersatzklage deshalb zurück.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 27.04.2016
Quelle: Gericht der Europäischen Union/ra-online