21.11.2024
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Gericht der Europäischen Union Urteil25.10.2018

Name der bulgarischen Stadt DEVIN darf als Unionsmarke für Mineralwasser eingetragen werdenGeografischer Name bleibt für touristische Zwecke weiterhin verfügbar

Das Gericht der Europäischen Union hat entschieden, dass DEVIN, der Name einer bulgarischen Stadt, als Unionsmarke für Mineralwasser eingetragen werden kann. Der geografische Name bleibt für Dritte nicht nur zur beschreibenden Verwendung, etwa zur Förderung des Tourismus in dieser Stadt, verfügbar, sondern auch als Unterscheidungs­zeichen bei "recht­fer­ti­gendem Grund" und fehlender Verwechs­lungs­gefahr.

Im Januar 2011 erwirkte die Devin AD beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Eintragung der Unionswortmarke DEVIN für alkoholfreie Getränke. Im Juli 2014 beantragte die Industrie- und Handelskammer von Haskovo (Bulgarien) beim EUIPO die Nichti­g­er­klärung dieser Marke.

EUIPO erklärte streitige Marke für nichtig

Mit Entscheidung vom 2. Dezember 2016 stellte das EUIPO im Wesentlichen fest, dass die bulgarische Stadt Devin der breiten Öffentlichkeit in diesem Land und einem erheblichen Teil der Verbraucher in Nachbarländern wie Griechenland und Rumänien insbesondere als bedeutendes Thermalbad bekannt sei und dass der Name dieser Stadt in Fachkreisen mit der Gruppe der von der streitigen Marke erfassten Waren, vor allem Mineralwässern, in Verbindung gebracht werde. Das EUIPO erklärte die streitige Marke deshalb in vollem Umfang für nichtig.

Devin erhob daraufhin beim Gericht der Europäischen Union Klage auf Aufhebung der Entscheidung des EUIPO.

EuG bejaht Unter­schei­dungskraft der Marke bei bulgarischen Verbrauchern

Mit seinem Urteil hob das Gericht die Entscheidung des EUIPO auf. Das Gericht führte zunächst aus, dass der bulgarische Verbraucher in dem Wort "Devin" zwar einen geografischen Namen erkennen mag; es erscheint aber äußerst unwahr­scheinlich, dass die Marke DEVIN in Bulgarien nicht zumindest normale Unterscheidungskraft erlangt habe, wobei es keiner Entscheidung über ihren Ruf bedarf.

"Erhebliche touristische Infrastruktur" schließt Unter­schei­dungskraft nicht aus

Zum griechischen und zum rumänischen Durch­schnitts­ver­braucher stellte das Gericht fest, dass die Existenz eines "touristischen Profils im Internet" als solche nicht zum Nachweis dafür ausreicht, dass die relevanten Verkehrskreise im Ausland eine Kleinstadt kennen. Auch die Tatsache, dass die Stadt Devin eine "erhebliche touristische Infrastruktur" hat, lässt nicht den Schluss zu, dass die Stadt einem solchen Verbraucher über die Landesgrenzen hinweg bekannt sein könnte oder dass er eine direkte Verbindung zu ihr herstellen wird.

Durch­schnitts­ver­braucher der EU nimmt Wort "Devin" nicht als geografischen Ort in Bulgarien wahr

Das Gericht hebt hervor, dass das EUIPO sich zu Unrecht auf die ausländischen, insbesondere die griechischen oder rumänischen Touristen konzentriert hat, die Bulgarien oder Devin besuchen, statt die gesamten relevanten Verkehrskreise zu berücksichtigen, die aus den Durch­schnitts­ver­brauchern in der Union und insbesondere in diesen Mitgliedstaaten bestehen. Der Durch­schnitts­ver­braucher von Mineralwasser und Getränken in der Union verfügt nicht über einen hohen Grad an Spezialisierung in den Bereichen der Geografie oder des Tourismus, und es gibt keinen konkreten Beweis dafür, dass er das Wort "Devin" als geografischen Ort in Bulgarien wahrnimmt.

Verwendung des Namens "Devin" für touristisches Zwecke weiterhin erlaubt

Zur Verfügbarkeit des geografischen Namens für Dritte stellte das Gericht fest, dass nach den Rechts­vor­schriften und der Rechtsprechung eine beschreibende Verwendung des Namens "Devin" zum Zweck der Werbung für die Stadt als touristisches Ziel erlaubt bleibt und dass die streitige Marke daher kein Hindernis für wirtschaftliche Anstrengungen zur Erhöhung der Reputation der Stadt Devin für ihre Thermalquellen über die bulgarischen Grenzen hinaus darstellen kann.

Rechte Dritte werden nicht berührt

Das Gericht wies ferner darauf hin, dass das Unionsrecht schon in der Definition des durch eine Marke verliehenen ausschließ­lichen Rechts Vorkehrungen zur Wahrung der Interessen Dritter vorsieht. Zum einen erstreckt sich der Schutz der herkunfts­hin­wei­senden Funktion der Marke nur auf ihre Verwendung für gleiche oder ähnliche Waren (oder Dienst­leis­tungen) und setzt voraus, dass bei den relevanten Verkehrskreisen Verwechs­lungs­gefahr besteht; diese wird vermutet, wenn sowohl die Zeichen als auch die Waren identisch sind. Zum anderen erstreckt sich der Schutz der Werbefunktion einer bekannten Marke auch auf unähnliche Waren, setzt aber Verwäs­se­rungs­gefahr oder die Gefahr des Tritt­brett­fahrens voraus und erfasst zudem keine Verwendungen mit "recht­fer­ti­gendem Grund". Im vorliegenden Fall bleibt der Name der Stadt Devin somit für Dritte nicht nur zur beschreibenden Verwendung, etwa zur Förderung des Tourismus in dieser Stadt, verfügbar, sondern auch als Unter­schei­dungs­zeichen bei "recht­fer­ti­gendem Grund" und fehlender Verwechs­lungs­gefahr.

Gleichgewicht zwischen Rechten der Markeninhaber und Interessen Dritter gestattet Eintragung der Marke

Das allgemeine Interesse daran, dass ein geografischer Name wie der des Thermalbads Devin verfügbar bleibt, kann somit, weil beschreibende Verwendungen solcher Namen weiterhin erlaubt sind und weil es Vorkehrungen zur Begrenzung des ausschließ­lichen Rechts des Inhabers der streitigen Marke gibt, geschützt werden, ohne dass es einer Nichti­g­er­klärung der Marke bedarf. Dieses notwendige Gleichgewicht zwischen den Rechten der Markeninhaber und den Interessen Dritter gestattet unter bestimmten Voraussetzungen die Eintragung von Marken, die wie die Unionsmarken VITTEL und EVIAN auf einen gleichlautenden geografischen Namen zurückgehen.

Hinreichender Bekannt­heitsgrad der Stadt Devin bei Verbrauchern nicht nachgewiesen

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass das EUIPO nicht dargetan hat, dass bei den Durch­schnitts­ver­brauchern der Union, insbesondere bei griechischen oder rumänischen Verbrauchern, ein hinreichender Bekannt­heitsgrad der Stadt Devin besteht. Es ist davon auszugehen, dass nur ein sehr geringer Teil der Verbraucher in der Union die Stadt Devin kennt. Folglich hat das EUIPO einen Beurtei­lungs­fehler begangen, als es zu dem Schluss kam, dass die streitige Marke in den Augen der Durch­schnitts­ver­braucher der Nachbarländer Bulgariens (Griechenland und Rumänien) sowie der Durch­schnitts­ver­braucher in allen übrigen Mitgliedstaaten der Union für eine geografische Herkunft beschreibend sei.

Quelle: Gericht der Europäischen Union/ra-online

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