21.11.2024
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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil04.06.2012

Trotz vorheriger Ablehnung kann Kindergeld gewährt werdenFamilienkasse kann Bekanntgabe des Ableh­nungs­be­scheides nicht nachweisen

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat zu der verfah­rens­recht­lichen Frage Stellung genommen, ob die Familienkasse gehindert ist, Kindergeld für einen Zeitraum festzusetzen, für den die Gewährung von Kindergeld bereits mit einem ergangenen Ableh­nungs­be­scheid versagt worden ist.

Im hier zugrunde liegenden Streitfall hatte die Familienkasse der Klägerin mitgeteilt, dass ihre im April 1991 geborene Tochter T in Kürze 18 Jahre alt werde und dass deshalb die Kinder­geld­zah­lungen mit dem Monat April 2009 enden würden. Eine Weiterzahlung sei möglich, wenn sich die Tochter z.B. noch in der Schulausbildung befinde. Dem Schreiben war ein Antragsvordruck beigefügt, den die Klägerin im April 2009 unterzeichnete und an die Familienkasse übersandte.

Wegen angeblich fehlender Unterlagen Antrag auf Kindergeld abgelehnt

Die Klägerin gab an, dass sich die Tochter noch bis Sommer 2010 in Schulausbildung befinde, worauf die Familienkasse in einem weiteren Schreiben entgegnete, es fehle noch die Schul­be­schei­nigung für die Zeit ab Mai 2009. Im Januar 2010 wurde der Antrag der Klägerin mit der (unzutreffenden) Begründung abgelehnt, dass die notwendigen Unterlagen nicht vorgelegt worden seien. Darauf hin beantragte die Klägerin im August 2010 erneut Kindergeld und teilte mit, dass die notwendigen Unterlagen bereits vorliegen müssten. Mit Bescheid vom September 2010 wurde dann Kindergeld für die Zeit ab Februar 2010 festgesetzt. Da der frühere Antrag auf Kindergeld mit Bescheid vom Januar 2010 abgelehnt worden sei, könne für die Zeit Mai 2009 bis einschließlich Januar 2010 auch nicht nachträglich Kindergeld festgesetzt werden, weil der Ableh­nungs­be­scheid vom Januar 2010 insoweit eine zeitliche Sperrwirkung bis zum Zeitpunkt seines Ergehens - also Januar 2010 - entfalte.

Klägerin wehrt sich gegen Sperrwirkung

Das empfand die Klägerin als ungerecht, weil mittlerweile klar war, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld im Zeitraum vom Mai 2009 bis Januar 2010 vorgelegen hatten und das Kindergeld nur wegen der Sperrwirkung des Ableh­nungs­be­scheides vom Januar 2010 nicht rückwirkend gezahlt werden könne.

Klage gegen Familienkasse erfolgreich

Die Klage, mit der die Klägerin vorgetragen hatte, sie hätte die verlangten Schul­be­schei­ni­gungen sogar mehrfach an die Familienkasse geschickt, sie habe sich mehrfach telefonisch nach dem Sachstand erkundigen wollen, was ihr jedoch nicht gelungen sei, weil stets neue Sachbearbeiter zuständig gewesen seien, die nichts hätten sagen können, war erfolgreich.

Behörde muss Zugang des Sperrbescheides nachweisen

Das FG Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, Kindergeld sei auch für den Zeitraum vom Mai 2009 bis Januar 2010 zu gewähren. Es sei unstreitig, dass die Voraussetzungen zur Gewährung von Kindergeld wegen des Schulbesuchs der Tochter vorlägen. Die Familienkasse sei auch nicht aus verfah­rens­recht­lichen Gründen gehindert, für den o.g. Zeitraum Kindergeld festzusetzen, weil sich die Bekanntgabe des die Sperrwirkung entfaltenden Bescheides vom Januar 2010 nicht feststellen lasse. Im Zweifel habe die Behörde den Zugang des Verwal­tungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Aus dem Bescheiddatum lasse sich nicht auf den Tag der Aufgabe zur Post schließen. Da sich die Aufgabe von Verwal­tungsakten zur Post im Wissen- und Verant­wor­tungs­bereich der Behörde abspiele, habe sie insoweit die erforderliche Beweisnähe. Im Streitfall enthalte der Bescheid keinen Absendevermerk der Poststelle und auf Hinweis des Gerichts, dass fraglich sei, ob der Bescheid bekannt gegeben worden sei, weil der Absendevermerk fehle, habe sich die Beklagte nicht geäußert. Aus den Ausführungen der Klägerin könnten Anhaltspunkte für den Zugang nicht entnommen werden. Das Gericht gehe nicht davon aus, dass die Klägerin den Zugang des Bescheides (versehentlich oder bewusst) nicht angegeben habe, denn ihre Ausführungen im Übrigen seien jedenfalls vollständig und wahrheitsgemäß, bzw. glaubhaft. Damit entfalte der Bescheid vom Januar 2012 mangels Bekanntgabe gegenüber der Klägerin keine Wirksamkeit und stehe somit der beantragten Kinder­geld­fest­setzung nicht entgegen.

Quelle: Finanzgericht Rheinland-Pfalz/ ra-online

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