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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil23.03.2011
FG Rheinland-Pfalz: Aufwendungen für kontraststarkes Fernsehgerät nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbarKosten für die Anschaffung eines Fernsehgerätes können auch bei augenärztlich attestierter Sehschwäche nicht als außergewöhnlich angesehen werden
Aufwendungen für ein kontraststarkes Fernsehgerät können auch dann nicht als außergewöhnlichen Belastungen geltend gemacht werden, wenn aufgrund einer Sehkrafteinschränkung das Fernsehen nur mit einem kontraststarken Gerät möglich ist. Bei einem Fernsehgerät handelt es sich immer - egal ob mit oder ohne Sehschwäche - um einen typischen Gegenstand der Lebensführung und stellt somit keine außergewöhnliche Anschaffung dar. Dies entschied das Finanzgericht Rheinland-Pfalz.
Im zugrunde liegenden Streitfall hatte der Kläger in der Einkommensteuererklärung 2009 verschiedene Aufwendungen in Höhe von rund 4.000 Euro bei den außergewöhnlichen Belastungen geltend gemacht, wovon ein Teilbetrag in Höhe von rund 650 Euro auf die Anschaffung eines Fernsehgeräts entfiel. Der Einkommensteuererklärung war eine Erläuterung beigefügt, wonach die Ehefrau des Klägers an einer Erkrankung des rechten Auges leiden würde. Die Sehkraft des linken Auges sei ebenfalls sehr stark eingeschränkt. Durch die Sehkrafteinschränkung sei fernsehen nur mit einem kontraststarken Fernseher möglich, die Neuanschaffung sei daher unumgänglich gewesen. Demgegenüber war das Finanzamt der Meinung, die Aufwendungen für die Anschaffung des Fernsehgerätes stellten keine außergewöhnlichen Belastungen dar und lehnte ihre steuerliche Berücksichtigung ab. Der Nachweis der Zwangsläufigkeit sei nicht durch ein vor dem Kauf erstelltes amtsärztliches Attest geführt worden, außerdem liege keine wirtschaftliche Belastung vor, wenn durch die Aufwendungen – wie im Streitfall – ein Gegenwert geschaffen worden sei.
Kläger legt Gericht augenfachärztliche Bescheinigungen vor
Mit seiner bei dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz angestrengten Klage legte der Kläger augenfachärztliche Bescheinigungen vor, aus denen sich eine „Visusminderung“ von 80 % ergab.
Kläger entstehen durch kontraststarkes Fernsehgerät keine größeren Aufwendungen, als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz wies die Klage jedoch ab. Es führte u.a. aus, dass es das Ziel der Vorschrift der außergewöhnlichen Belastungen sei, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen würden. Dagegen seien aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift die üblichen Aufwendungen der Lebensführung ausgeschlossen, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten seien. Aufwendungen für die Anschaffung eines Fernsehgerätes könnten nicht in diesem Sinne als außergewöhnlich angesehen werden. Ein Fernsehgerät gehöre zu den typischen Einrichtungsgegenständen eines modernen Haushalts. Die Kosten für die Anschaffung eines solchen Gerätes zählten deshalb zu den üblichen Kosten der Lebensführung, die grundsätzlich jedem Steuerpflichtigen erwachsen würden. Dass es sich um ein besonders kontraststarkes Gerät handele, ändere nichts. Es sei davon auszugehen, dass besonders kontraststarke Fernsehgeräte keine eigene Kategorie von Fernsehgeräten darstellen würden. Auch wenn man davon ausginge, dass die Anschaffung des Gerätes durch die Sehkrafteinschränkung der Ehefrau notwendig gewesen sei, ändere das nichts daran, dass dem Kläger keine größeren Aufwendungen entstanden seien, als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen. Zudem handele es sich bei einem Fernsehgerät – anders als bei einer Brille oder einer Prothese – um einen typischen Gegenstand der Lebensführung, der grundsätzlich für jeden Steuerpflichtigen von Nutzen sein könne und dementsprechend marktgängig sei. Soweit die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in bestimmten Fällen von der Anwendung der so genannten Gegenwertslehre abgesehen habe, gebiete das hier schon deswegen kein anderes Ergebnis, weil der Kläger nichts dazu vorgetragen habe, inwieweit ihm durch den Austausch seines alten Fernsehgerätes ein Vermögensverlust entstanden sein könnte. Auf die Frage, ob ein amtsärztliches Attest notwendig gewesen sei, komme es hiernach nicht mehr an.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.06.2011
Quelle: Finanzgericht Rheinland-Pfalz/ra-online
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