21.11.2024
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Bundesfinanzhof Urteil02.09.2010

BFH: Aufwendungen für immun­bio­lo­gische Krebs­ab­wehr­therapie als außer­ge­wöhnliche Belastung abziehbarBei nur noch begrenzter Lebenserwartung begründet nicht medizinische Notwendigkeit sondern Ausweglosigkeit der Lebenssituation Zulässigkeit des Abzugs außer­ge­wöhn­licher Belastungen

Aufwendungen für eine immun­bio­lo­gische Krebs­ab­wehr­therapie können als außer­ge­wöhnliche Belastung nach § 33 Abs. 1 des Einkom­men­steu­er­ge­setzes (EStG) abgezogen werden. Dies entschied der Bundesfinanzhof.

Im zugrunde liegenden Streitfall wurde die Ehefrau des Klägers wegen einer schweren Krebserkrankung der Bauch­spei­cheldrüse operiert. Im Anschluss an die Operation unterzog sie sich einer immun­bio­lo­gischen Krebs­ab­wehr­therapie mit Ukrain. Das Präparat ist weder in Deutschland noch in anderen europäischen Ländern als Arzneimittel zugelassen. Zu der alternativen Krebs­ab­wehr­therapie hatte der Hausarzt, ein Facharzt für Allge­mein­medizin, Chirotherapie und Natur­heil­ver­fahren, geraten, da eine konventionelle Chemotherapie wegen des geschwächten Gesund­heits­zu­standes der Patientin und einer Tumorkachexie nicht möglich sei.

Ehemann der Krebspatientin macht Behand­lungs­kosten als außer­ge­wöhnliche Belastung geltend

In ihrer Einkom­men­steu­e­r­er­klärung machten der Kläger und seine später verstorbene Ehefrau die Behandlungskosten in Höhe von 30.000 Euro als außer­ge­wöhnliche Belastung im Sinne des § 33 Abs. 1 EStG geltend. Das Finanzamt ließ die geltend gemachten Aufwendungen nicht zum Abzug zu und wurde darin zunächst vom Finanzgericht bestätigt.

Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Außen­sei­ter­me­thoden nur bei Behandlung durch zugelassene Heilkundler möglich

Auf die Revision des Klägers hat der Bundesfinanzhof die Vorentscheidung aufgehoben und die streitigen Aufwendungen zum Abzug zugelassen. Damit hat er in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung anerkannt, dass auch Kosten für eine objektiv nicht zur Heilung oder Linderung geeignete Behandlung zwangsläufig erwachsen können, wenn eine Erkrankung mit einer nur noch begrenzten Lebenserwartung besteht, die nicht mehr auf eine kurative Behandlung anspricht. Dies gilt nach Auffassung des Bundes­fi­nanzhofs selbst dann, wenn sich der Erkrankte für eine aus schul­me­di­zi­nischer oder natur­heil­kund­licher Sicht nicht anerkannte Heilmethode entscheidet. Nicht die medizinische Notwendigkeit der Maßnahme begründe in diesen Fällen die tatsächliche Zwangs­läu­figkeit nach § 33 EStG, sondern die Ausweglosigkeit der Lebenssituation, die den "Griff nach jedem Strohhalm" gebiete. Ihre Grenze findet die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Außen­sei­ter­me­thoden nach § 33 EStG allerdings, wenn die Behandlung von einer Person vorgenommen wird, die nicht zur Ausübung der Heilkunde zugelassen ist.

Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online

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