18.10.2024
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Dokument-Nr. 32824

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Finanzgericht Münster Gerichtsbescheid14.04.2023

Klageerhebung durch Steuerberater per Telefax ist trotz Möglichkeit der beSt-Beantragung per "Fast-Lane" zulässigKeine frühere Nutzungspflicht wegen Möglichkeit eines "Fast-Lane-Antrags"

Eine im Januar 2023 von einem Steuerberater für seine Mandanten per Telefax erhobene Klage ist zulässig, wenn dieser den Regis­trie­rungsbrief noch nicht erhalten hatte, aber auch keinen „Fast-Lane-Antrag“ gestellt hatte. Dies hat das Finanzgericht Münster entschieden.

Steuer­be­ra­te­rinnen und Steuerberater müssen grundsätzlich seit dem 01.01.2023 mit dem Finanzgericht elektronisch kommunizieren mit der Folge, dass eine Klageerhebung per Brief oder Telefax unzulässig ist. Voraussetzung ist nach § 52 d Satz 2 der Finanz­ge­richts­ordnung, dass ein sicherer Übermitt­lungsweg "zur Verfügung steht". Diesen stellt die Bundessteu­er­be­ra­ter­kammer in Form des besonderen elektronischen Steuer­be­ra­ter­postfachs (beSt) zur Verfügung, wobei sie erst im ersten Quartal 2023 die Regis­trie­rungs­auf­for­de­rungen zur Einrichtung des beSt an die Steuer­be­ra­te­rinnen und Steuerberater versandt hat. Diese hatten allerdings die Möglichkeit, einen sog. "Fast-Lane-Antrag" zu stellen, um den Regis­trie­rungsbrief vorzeitig zu erhalten.

Nutzungspflicht erst mit Erhalt der beSt-Regis­trie­rungs­auf­for­derung

Das Finanzgerichts Münster hat hierzu entschieden, dass eine im Januar 2023 von einem Steuerberater für seine Mandanten per Telefax erhobene Klage zulässig ist, wenn dieser den Regis­trie­rungsbrief noch nicht erhalten hatte, aber auch keinen "Fast-Lane-Antrag" gestellt hatte. Die Pflicht zur Nutzung des beSt, die nicht abstrakt, sondern nur konkret für jeden einzelnen Berufsträger bestimmt werden könne, greife dann ein, wenn die Steuer­be­ra­ter­kammer die Regis­trie­rungs­auf­for­derung an den Steuerberater übersandt hat. Erst ab diesem Zeitpunkt stehe ein sicherer Übermitt­lungsweg im Sinne des Gesetzes "zur Verfügung". Auf die tatsächliche Einrichtung des beSt komme es nicht an, da sich die Steuer­be­ra­te­rinnen und Steuerberater ansonsten dauerhaft der Nutzungspflicht entziehen könnten.

Keine Entstehung der Nutzungspflicht durch Fast-Lane-Option

Die bloße Möglichkeit, den Versand der Regis­trie­rungs­auf­for­derung durch einen "Fast-Lane-Antrag" zu beschleunigen, reiche allerdings nicht für die Entstehung der Nutzungspflicht aus. Die Bundessteu­er­be­ra­ter­kammer sei allein zur Abwicklung des Versands der Regis­trie­rungs­auf­for­de­rungen verpflichtet. Das Gesetz sehe insoweit keine Mitwir­kungs­pflicht des einzelnen Berufsträgers zur Beschleunigung des Versands vor. Mit dieser Sichtweise ist das FG Münster anderen finanz­ge­richt­lichen Entscheidungen entge­gen­ge­treten. Hierfür spreche auch ein Vergleich mit Rechts­an­wäl­tinnen und Rechtsanwälten, die nach § 52 d Satz 1 der Finanz­ge­richts­ordnung seit 2022 ohne weitere Voraussetzungen verpflichtet seien, das besondere Anwaltspostfach zu nutzen. Dass die Bundessteu­er­be­ra­ter­kammer, die insoweit als Hoheitsträgerin handele, erst im Laufe des ersten Quartals 2023 die Regis­trie­rungs­auf­for­de­rungen sukzessive in mehreren Tranchen versandt hat, könne nicht den einzelnen Berufsträgern angelastet werden. Aus der Geset­zes­be­gründung ergebe sich gerade nicht, dass die Nutzungspflicht nach der Vorstellung des Gesetzgebers abstrakt ab dem 01.01.2023 für sämtliche Berufsträger greife. Eine strengere abstrakte Auslegung verstoße auch gegen das verfas­sungs­rechtlich garantierte Recht auf effektiven Rechtsschutz, da von den Steuer­be­ra­te­rinnen und Steuerberatern in Einzelfällen etwas faktisch Unmögliches gefordert würde. Das FG hat wegen der uneinheitlichen finanz­ge­richt­lichen Rechtsprechung zu dieser Frage die Revision zugelassen.

Quelle: Finanzgericht Münster, ra-online (pm/ab)

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