15.11.2024
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Finanzgericht Münster Urteil20.12.2011

Aufwendungen für aufgenommenes Erststudium nach dem Abitur sind keine WerbungskostenFG Münster zur Geltendmachung von Werbungskosten für Erststudium

Aufwendungen für ein nach dem Abitur aufgenommenes Erststudium sind nicht als Werbungskosten, sondern nur als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Etwas anderes gilt nur, wenn das Erststudium im Rahmen eines Dienst­ver­hält­nisses stattfindet. Dies geht aus einer Entscheidung des Finanzgerichts Münster hervor.

Im zugrunde liegenden Fall war der Kläger im Streitjahr 2007 Student und erzielte lediglich geringe Einkünfte aus nicht­selb­ständiger Arbeit (ca. 1.600 Euro). Für einen Studi­en­auf­enthalt im Ausland hatte er verschiedene Kosten getragen, die er in seiner Steuererklärung als (vorweggenommene) Werbungskosten in Höhe von ca. 18.600 Euro geltend machte.

Finanzamt berücksichtigt Studienkosten nur als Sonderkosten und lehnt Verlustvortrag ab

Das Finanzamt berücksichtigte die Studienkosten lediglich als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) in Höhe von 4.000 Euro. Außerdem lehnte es ab, einen Verlustvortrag in Höhe der weiteren Aufwendungen des Klägers für das Folgejahr festzustellen. So konnte der Kläger, der nach Abschluss des Studiums im Jahr 2008 als Assistent eines Vertrie­bs­vor­standes arbeitete, die Aufwendungen für das Studium auch 2008 steuerlich nicht nutzen.

Aufwendungen für erstmalige Berufs­aus­bildung oder Erststudium stellen keine Werbungskosten dar

Das Finanzgericht Münster bestätigte die Auffassung des Finanzamtes. Zur Begründung verwies er auf das am 14. Dezember 2011 in Kraft getretene Gesetz zur Umsetzung der Beitrei­bungs­richtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (BeitrRLUmsG) vom 7. Dezember 2011. Hiernach ergebe sich mit Wirkung zum 1. Januar 2004 ausdrücklich, dass Aufwendungen für die erstmalige Berufs­aus­bildung oder ein Erststudium keine Werbungskosten darstellten, wenn die Berufs­aus­bildung bzw. das Studium nicht im Rahmen eines Dienst­ver­hält­nisses stattfinde (§ 12 Nr. 5 i.V.m. § 9 Abs. 6 EStG in der Fassung des BeitrRLUmsG).

Rückwirkung für gesetzliche Neuregelung ausnahmsweise zulässig

Einen Verfas­sungs­verstoß sah das Gericht in der gesetzlichen Neuregelung trotz der darin vorgesehenen Rückwirkung zum 1. Januar 2004 nicht. Diese so genannte echte Rückwirkung sei ausnahmsweise zulässig. Der Gesetzgeber habe mit der Zuordnung der Aufwendungen zu den Sonderausgaben lediglich die Rechtslage rückwirkend festgeschrieben, die bis zur Änderung der höchst­rich­ter­lichen Rechtsprechung der einhelligen Rechts­an­wen­dung­s­praxis entsprochen habe. Auch habe der Kläger kein schutzwürdiges Vertrauen in die Abzugsfähigkeit seiner Aufwendungen als (vorweggenommene) Werbungskosten bilden können. Schutzwürdiges Vertrauen in eine Rechtslage aufgrund einer höchst­rich­ter­lichen Rechtsprechung entstehe allenfalls dann, wenn es sich um eine gefestigte, langjährige Rechtsprechung handele. Als eine solche gefestigte, langjährige Rechtsprechung sei die Rechtsprechung des Bundes­fi­nanzhofes anzusehen, in der er die Kosten des Erststudiums als Sonderausgaben angesehen habe, nicht hingegen die spätere Fortentwicklung bzw. Änderung dieser Rechtsprechung zugunsten der Einordnung als Werbungskosten.

Gesetzgeber nimmt mit Zuweisung der Aufwendungen als Sonderausgaben eine im Gestal­tungs­spielraum liegende Wertung vor

Die Neuregelung verstößt nach Auffassung des Gerichts auch nicht gegen das objektive oder subjektive Nettoprinzip. Die Kosten für die Erstausbildung seien gemischt und nicht zwangsläufig allein beruflich veranlasst. Ein unmittelbarer Anknüp­fungspunkt des Erststudiums an eine spätere berufliche Tätigkeit fehle regelmäßig. Der Gesetzgeber habe daher mit der Zuweisung dieser Aufwendungen zum Bereich der Sonderausgaben eine in seinem Gestal­tungs­spielraum liegende Wertung vorgenommen.

Quelle: Finanzgericht Münster/ra-online

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