21.11.2024
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Finanzgericht Münster Urteil06.11.2020

Kein Vertrau­ens­schutz für "schlafende Landwirte" trotz fehlerhafter Behandlung land­wirtschaft­licher Grundstücke als Privatvermögen durch das FinanzamtFinanzgericht Münster zur abweichenden Steuer­fest­setzung aus Billig­keits­gründen

Das Finanzgericht Münster entschieden, dass im Fall eines sog. "schlafenden Landwirts", eine abweichende Steuer­fest­setzung aus Billig­keits­gründen auch dann nicht in Betracht kommt, wenn die Finanz­ver­waltung parzellenweise verpachtete landwirt­schaftliche Grundstücke fehlerhaft als Privatvermögen behandelt hat.

Der Kläger war Eigentümer mehrerer Grundstücke, die er von seiner Ehefrau und die diese wiederum von ihrem Vater geerbt hatte. Der Schwiegervater bewirtschaftete die Grundstücke ursprünglich im Rahmen eines land- und forst­wirt­schaft­lichen Betriebs selbst und verpachtete sie ab 1965 an verschiedene Pächter.

Finanzamt behandelte die Grundstücke als Privatvermögen

Das Finanzamt ging von einer Betriebsaufgabe in verjährter Zeit aus und veranlasste diesbezüglich nichts weiter. Nach dem Tod seiner Frau erklärte der Kläger weiterhin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus den Grundstücken. In mehreren Betrie­b­sprü­fungen behandelte das Finanzamt die Grundstücke ebenfalls als Privatvermögen. In den Jahren 2012 und 2013 veräußerte der Kläger Teilflächen der Grundstücke und übertrug ein weiteres Grundstück unentgeltlich auf seine Tochter. Das Finanzamt erfasste hieraus einen Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn mit der Begründung, dass die Grundstücke weiterhin zum land- und forst­wirt­schaft­lichen Betrie­bs­vermögen gehört hätten. Hiergegen wandte der Kläger ein, dass die Grundstücke aufgrund der Verpachtung zwangsweise entnommen worden seien. Hilfsweise beantragte der Kläger eine abweichende Festsetzung der Steuer aus Billig­keits­gründen und berief sich u.a. auf Vertrau­ens­schutz. Das Finanzamt lehnte die Billig­keits­maßnahme ab.

Kein Anspruch auf abweichende Steuer­fest­setzung

Das Finanzgerichts Münster hat die Klage abgewiesen. Die betroffenen Grundstücke hätten zum Zeitpunkt der Veräußerung bzw. unentgeltlichen Übertragung noch land- und forst­wirt­schaft­liches Betrie­bs­vermögen dargestellt, da zu keinem Zeitpunkt eine ausdrückliche und unmiss­ver­ständliche Entnahme- oder Betrie­b­s­auf­ga­be­er­klärung abgegeben worden sei. Der Senat stellte dabei u.a. heraus, dass dies eine unmiss­ver­ständliche Kundgabe des Entnahmewillens im Sinne einer Gestal­tungs­er­klärung erfordere, von der unter den Umständen des Streitfalls nicht auszugehen war. Hieran fehle es bei einem Schreiben, das ausschließlich auf den (vermeintlichen) Umstand einer früheren Zwangsaufgabe hinweise. Der Kläger habe - anschließend an das BFH-Urteil vom 12. März 2020 VI R 35/17, a.a.O. - keinen Anspruch auf eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billig­keits­gründen aufgrund abstrakten Vertrau­ens­schutzes (gleichlautenden Ländererlasse vom 17.12.1965, BStBl. II 1966, 34, Verfügung der OFD Münster vom 07.01.1991).

Kein Vertrau­ens­schutz aufgrund fehlendem Vertrau­en­s­tat­bestand

Bei Beginn der parzellenweisen Verpachtung habe das Finanzamt keine für den Kläger nachteiligen Folgen aus der vermeintlichen Zwangs­be­trie­b­s­aufgabe gezogen. Auch ein konkreter Vertrau­ens­schutz kommt nicht in Betracht. Es fehle auch an einem anzuerkennenden Vertrau­en­s­tat­bestand sowohl aufseiten des Klägers als auch aufseiten seiner Rechtsvorgänger. Nachdem der BFH bereits im Jahr 1987 entschieden habe (Urteil vom 15.10.1987, IV R 66/86), dass eine parzellenweise Verpachtung nicht zwingend zu einer Betriebsaufgabe führe, habe kein Vertrauen mehr dahingehend gebildet werden können, dass das aus der parzellenweisen Verpachtung in späteren Jahren nicht die zutreffenden steuerlichen Konsequenzen gezogen werden würden. Hieran könne auch ein Telefonat mit einer Sachbe­a­r­beiterin des Finanzamtes nichts ändern, in dem diese auf den (vermeintlichen) Umstand einer früheren Zwangsaufgabe hingewiesen habe, weil es sich lediglich um die Wiedergabe der Erlasslage gehandelt habe.

Quelle: Finanzgericht Münster, ra-online (pm/aw)

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