21.11.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einer Krankenschwester im Vordergrund.

Dokument-Nr. 33109

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Finanzgericht Münster Urteil09.05.2023

Vertre­tungsweise Übernahme von ärztlichen Notdienst und Entnahme von Blutproben für Polizeibehörden sind umsatz­steu­er­pflichtigKeine steuerfreien Heilbehandlungs­leistungen

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass die von einem Arzt vereinnahmten Entgelte für die vertre­tungsweise Übernahme eines ärztlichen Notfalldienstes und die Entnahme von Blutproben für die Polizeibehörden keine nach § 4 Nr. 14 Buchst. a) Satz 1 UStG umsatz­steu­er­freien Heilbehandlungs­leistungen sind.

Der Kläger war selbständiger Arzt der Allge­mein­medizin, der keinen eigenen Praxisbetrieb unterhielt. In den Streitjahren 2012 bis 2016 nahm er auf der Grundlage einer mit der zuständigen Kassen­ärzt­lichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) geschlossenen Vereinbarung als Vertreter für andere Ärzte am hausärztlichen ambulanten Notfalldienst teil. Er übernahm für die vertretenen Ärzte alle mit dem ärztlichen Notdienst zusam­men­hän­genden Verpflichtungen einschließlich der Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung des übernommenen Notfalldienstes. Die im Rahmen des Notdienstes erbrachten ärztlichen Leistungen rechnete er entweder im Wege der Privat­li­qui­dation oder über die KVWL auf der Grundlage der geschlossenen Vereinbarung ab. Von dem jeweils vertretenen Arzt erhielt er für die Notdienst­ver­tretung einen Stundenlohn zwischen 20,- € und 40,- €. Daneben führte der Kläger in den Streitjahren für die Polizeibehörde Blutentnahmen durch. Hierbei fertigte er jeweils gemäß einem Muster einen einseitigen ärztlichen Bericht. Die Blutentnahmen rechnete der Kläger gegenüber der Landeskasse ab. Die Höhe der Vergütung hing dabei unter anderem davon ab, zu welchem Zeitpunkt und wie viele Blutentnahmen durchgeführt wurden. Der Kläger unterwarf sämtliche Zahlungen nicht der Umsatzsteuer. Das Finanzamt vertrat dagegen die Ansicht, dass die Vertretung im ärztlichen Notdienst und die Durchführung der Blutentnahmen umsatz­steu­er­pflichtig seien und erließ entsprechende Steuerbescheide. Hiergegen wandte sich der Kläger nach einem erfolglosem Einspruchs­ver­fahren unter Hinweis darauf, dass es sich jeweils um steuerfreie Heilbe­hand­lungs­leis­tungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a) Satz 1 UStG handele.

FG: Keine steuerfreien Heilbe­hand­lungs­leis­tungen

Das FG hat die Klage abgewiesen. Die Vertretung im ärztlichen Notdienst und die Entnahme von Blutproben für die Polizeibehörden seien keine steuerfreien Heilbe­hand­lungs­leis­tungen. Die vom Kläger gegenüber den vertretenen Ärzten erbrachten sonstigen Leistungen seien darauf gerichtet, die Ärzte von sämtlichen Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem übernommenen Dienst einschließlich der Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung des Notfalldienstes freizustellen. Nur hierfür leisteten die vertretenen Ärzte das Entgelt an den Kläger und nicht für die vom Kläger im ärztlichen Notdienst ausgeübten Tätigkeiten oder zur Weiterleitung einer selbst bereits erhaltenen Vergütung. Diese Vertre­tungs­leis­tungen seien nicht nach § 4 Nr. 14 Buchst. a) Satz 1 UStG steuerfrei. Eine einheitliche Leistung aus der Vertre­tungs­leistung und den im Notdienst ausgeführten, steuerfreien Heilbe­hand­lungs­leis­tungen könne nicht angenommen werden.

Vertre­tungs­leistung dient keinem therapeutischen Zweck

Die Vertre­tungs­leistung selbst stelle keine steuerfreie Heilbe­hand­lungs­leistung dar. Sie diene keinem therapeutischen Zweck, weil die Vertretung eines anderen, bereits zum ärztlichen Notfalldienst zugeteilten Arztes den Schutz, die Aufrecht­er­haltung oder die Wieder­her­stellung der menschlichen Gesundheit nicht weiter fördere. Soweit der Kläger demgegenüber darauf hinweise, dass der ärztliche Notdienst selbst einem therapeutischen Zweck diene und er im Notdienst steuerfreie Heilbe­hand­lungs­leis­tungen erbracht habe, folge hieraus nichts anderes. Zum einen gehe es im Streitfall um eine Vertre­tungs­leistung. Zum anderen würden mit dem ärztlichen Notdienst nur die Voraussetzungen geschaffen und die (Personal-)Ressourcen vorgehalten, die für die nachfolgende zeitnahe Erbringung von Heilbe­hand­lungs­leis­tungen erforderlich seien. Dass eine solche zeitnahe Versorgung nur auf Grund des ärztlichen Notdienstes möglich sei, könne allein die Steuerfreiheit nicht begründen. Insbesondere erfasse die Steuerfreiheit - anders als andere Steuer­be­freiungen - eng mit der Erbringung von Heilbe­hand­lungs­leis­tungen verbundene Leistungen nicht.

Entnahme von Blutproben fördert nicht die Gesundheit

Auch die Entnahme von Blutproben für die Polizeibehörde sei keine steuerfreie Heilbe­hand­lungs­leistung. Leistungen, die vornehmlich anderen Zwecken als dem Schutz, der Aufrecht­er­haltung oder der Wieder­her­stellung der menschlichen Gesundheit dienten, seien nicht steuerfrei. So liege es aber bei den Blutentnahmen, die auf polizeiliche Anordnung im Zusammenhang mit einem strafrechtlich oder öffentlich-rechtlich geführten Verfahren erfolgt seien. Im Vordergrund stehe die Beweiserhebung und die Erstattung eines Gutachtens, nicht aber der Schutz der menschlichen Gesundheit. Das Entgelt habe sich deshalb insbesondere nach dem Ort, der Uhrzeit und der Anzahl der Blutentnahmen bei einer einzelnen Person gerichtet. Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: Finanzgericht Münster, ra-online (pm/ab)

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