23.11.2024
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Dokument-Nr. 22099

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Beschluss24.11.2015Finanzgericht Münster14 K 1542/15 AO
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Finanzgericht Münster Beschluss24.11.2015

Vernichtung von Origi­nal­un­terlagen durch die Behörde kann zu deren Nachteil gewertet werdenAngebliche Fälschung einer Unterschrift kann ohne Origi­na­l­do­kumente nicht zweifelsfrei widerlegt werden

Kann nicht mehr festgestellt werden, ob eine Unterschrift unter einer Zahlungs­an­weisung tatsächlich vom Kinder­geld­berechtigten stammt, weil die Familienkasse die Origi­nal­un­terlagen nach Einscannen zwecks Erstellung einer elektronischen Kindergeldakte vernichtet hat, kann sie sich nicht mehr auf dieses Dokument berufen. Dies entschied das Finanzgericht Münster in einem für Zwecke der Gewährung von Prozess­kos­tenhilfe ergangenen Beschluss.

Im zugrunde liegenden Verfahrens überwies die Familienkasse das für die beiden Kinder der Antragstellerin festgesetzte Kindergeld zunächst auf ein von ihr angegebenes Konto. Im Jahr 2010 ging ein unter­schriebenes Formular "Verän­de­rungs­anzeige" bei der Familienkasse ein, das Namen, Anschrift und Kinder­geld­nummer der Antragstellerin sowie die Eintragung enthält, dass das Kindergeld nunmehr auf ein anderes Konto überwiesen werden soll, dessen Inhaber die Mutter der Antragstellerin und der Vater der Kinder waren. Die Familienkasse überwies das Kindergeld fortan auf das angegebene Konto.

Antragstellerin rügt Fälschung ihrer Unterschrift und wendet sich gegen Rückfor­de­rungs­be­scheid

Nachdem die Familienkasse festgestellt hatte, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld nicht mehr vorlagen, hob sie im Jahr 2015 die Festsetzung ab März 2010 auf und forderte die Antragstellerin zur Rückzahlung auf. Diese wandte gegen den Rückfor­de­rungs­be­scheid ein, dass ihre Unterschrift auf der Verän­de­rungs­anzeige gefälscht sei und sie sich zum Zeitpunkt der Abgabe dieses Dokuments gar nicht in Deutschland aufgehalten habe. Im Rahmen des Klageverfahrens, für das die Antragstellerin Prozess­kos­tenhilfe beantragte, teilte die Familienkasse dem Gericht mit, dass die Kindergeldakte nicht mehr im Original vorgelegt werden könne, weil diese nach dem Einscannen vernichtet worden sei und nur noch elektronisch geführt werde.

Fälschung der Unterschrift im Wege einer Fotokopie oder einer technischen Manipulation kann nicht ausgeschlossen werden

Das Finanzgericht Münster gab dem Antrag auf Prozess­kos­tenhilfe in vollem Umfang statt. Nach der gebotenen summarischen Prüfung müsse die Antragstellerin das zu viel gezahlte Kindergeld nicht erstatten, weil sie nicht als Leistungs­emp­fängerin anzusehen sei. Aller Voraussicht nach werde die Familienkasse den ihr obliegenden Beweis dafür, dass die Verän­de­rungs­anzeige tatsächlich von der Antragstellerin stammt, nicht erbringen können. Selbst wenn ein Sachver­stän­di­gen­gut­achten ergebe, dass die Unterschrift von der Antragstellerin stamme, sei dennoch nicht auszuschließen, dass die Unterschrift im Wege einer Fotokopie oder einer technischen Manipulation auf das Dokument gelangt sei. Hinzu komme, dass eine Finanzbehörde ihre Ansprüche gerade nicht mehr auf entschei­dungs­er­hebliche Origi­nal­un­terlagen stützen dürfe, die sie selbst während des laufenden Verfahrens vernichtet hat.

Quelle: Finanzgericht Münster/ra-online

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