18.10.2024
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Finanzgericht Münster Urteil16.01.2020

FG Münster: Tante kann nahestehende Person seinBeraterhonorar für Tante als verdeckte Gewin­n­aus­schüttung

Gewährt eine UG der Tante ihrer Allein­gesell­schafterin ein nicht fremdübliches Beraterhonorar, kann dies zu verdeckten Gewinnaus­schüttungen führen. Denn auch eine Tante könne unter Hinzutreten besonderer Umstände eine nahestehende Person sein, dies hat das Finanzgericht Münster entschieden (Urteil vom 16.01.2020, Az.: 10 K 3930/18 K,G,F,).

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin ist eine UG, deren Allein­ge­sell­schafterin im Streitjahr 2013 die Nichte der alleinigen Geschäfts­führerin war. Im Jahr 2008 war die Klägerin von der Tochter der Tante als Allein­ge­sell­schafterin gegründet worden. Über das Vermögen der Tante, die von Anfang an Geschäfts­führerin war, lief bereits zu diesem Zeitpunkt ein Priva­tin­sol­venz­ver­fahren.

Gehalt wurde von der Tante als Geschäfts­führerin mehrfach erhöht

Im Geschäfts­füh­rer­vertrag aus dem Jahr 2008, der allein von der Tante als Geschäfts­führerin unterzeichnet wurde, wurde ein festes Gehalt von 18.000 Euro pro Jahr bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden vereinbart. In der Folgezeit wurde die Höhe des Gehalts durch ebenfalls allein von der Geschäfts­führerin unterzeichnete Gesell­schaf­ter­be­schlüsse mehrfach geändert, zuletzt am 29.12.2012. Danach sollte das Gehalt nur bis Juni 2013 gezahlt und für die Folgezeit ein Beratungs­honorar festgesetzt werden, dessen Höhe noch festzulegen sei. Am 01.11.2014 wurde ein Beratervertrag zwischen der Klägerin und der Geschäfts­führerin abgeschlossen, wonach diese eine Vergütung von 30 Euro pro Stunde zuzüglich Umsatzsteuer erhalten sollte. Zum 31.12.2013 verbuchte die Klägerin ein Beraterhonorar in Höhe von 60.000 Euro (netto) auf dem Forde­rungs­ver­rech­nungskonto der Tante für Beratungs­leis­tungen von Januar bis Dezember 2013. Ende 2015 übertrug die Allein­ge­sell­schafterin ihren gesamten Geschäftsanteil an der Klägerin zu einem symbolischen Kaufpreis von einem Euro an ihre Tante. Zur "Unter­neh­mens­gruppe" gehören zwei weitere Gesellschaften in Form von UG, deren Gesell­schafts­anteile ebenfalls im Jahr 2013 von der Nichte auf die Tante übertragen wurden.

FG: Beraterhonorar verdeckte Gewin­n­aus­schüttung

Das Finanzamt beurteilte das Beraterhonorar aufgrund der Gesamtschau der Umstände als verdeckte Gewin­n­aus­schüttung. Hiergegen wandte die Klägerin ein, dass das Honorar auf Grundlage einer eindeutigen Vereinbarung gezahlt worden sei und legte hierzu einen weiteren Gesell­schaf­ter­be­schluss vom 29.12.2012 vor, wonach die Geschäfts­führerin ab dem 01.01.2013 ein monatliches Beratungs­honorar von 5.000 Euro erhalten sollte.

FG: Tante ist nahstehende Person mit weitreichenden Handlungs­spielraum

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG Münster hat die Tante der Allein­ge­sell­schafterin zunächst als deren nahestehende Person angesehen, weil sie als alleinige einzel­ver­tre­tungs­be­rechtigte Geschäfts­führerin der Klägerin einen weitreichenden Handlungs­spielraum gehabt und diesen sogar über ihre formalen Kompetenzen hinaus für sich in Anspruch genommen habe. Dies zeige sich daran, dass sie die unter­schied­lichen Anpassungen ihrer Geschäfts­füh­rer­ge­hälter im Rahmen von Gesell­schaf­ter­be­schlüssen und den Beratungs­vertrag allein unterzeichnet habe. Ferner sei sie die alleinige Akteurin im gesamten Unter­neh­mens­verbund gewesen, wodurch es an einem natürlichen Inter­es­sen­ge­gensatz gefehlt habe. Dementsprechend seien auch die weiteren Gesellschaften im Unter­neh­mens­verbund nach Abschluss ihrer Privatinsolvenz auf die Tante übertragen worden.

Vereinbarung über Beraterhonorar hält formellem Fremdvergleich nicht stand

Die Vereinbarung über das Beraterhonorar halte einem formellen Fremdvergleich nicht stand. Es liege bereits keine im Vorhinein abgeschlossene zivilrechtlich wirksame Vereinbarung vor, da die Tante ihre Leistungen bereits vor Abschluss des Beratervertrags vom 01.11.2014 erbracht habe. Darüber hinaus sei dieser Vertrag auch zivilrechtlich unwirksam, da hierfür die Gesell­schaf­ter­ver­sammlung und nicht der Geschäftsführer zuständig gewesen sei. Der nachträglich eingereichte Gesell­schaf­ter­be­schluss vom 29.12.2012 stelle ebenfalls keine klare und eindeutige Vereinbarung dar, da er inhaltlich dem Beschluss vom selben Tag widerspreche.

Beratervertrag nicht tatsächlich durchgeführt

Unabhängig davon sei der Beratervertrag nicht tatsächlich durchgeführt worden. Es sei nicht erkennbar, dass die Tante neben ihrer Geschäfts­füh­rer­tä­tigkeit, die nach dem Geschäfts­füh­rer­vertrag ihre gesamte Arbeitskraft in Anspruch nehmen sollte, weitere Beratungs­leis­tungen erbracht habe.

Quelle: Finanzgericht Münster, ra-online (pm/ab)

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