15.11.2024
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Hessisches Finanzgericht Urteil03.05.2010

Beim Verkauf von sog. Schrott-Immobilien sind Schuldnererlass und Abschreibungen zu versteuernAuch in anspruch­ge­nommene Abschrei­bungs­beträge sind anzusetzen

Besitzer von sog. Schrott-Immobilien, die mit der finanzierenden Bank einen Schuldenerlass ausgehandelt haben, müssen den Erlassbetrag im Jahr des Verkaufs der Schrott-Immobilie auch dann versteuern, wenn der Erlass mit der Bank zeitlich bereits vor dem Verkaufsjahr vereinbart und wirksam wurde. Dies hat das Hessische Finanzgericht entschieden.

Im hiesigen Streitfall hatte der Kläger im Jahr 1997 eine Eigentumswohnung für 100.000,- € gekauft. Den vollen Kaufspreis hatte er durch Darlehensvertrag finanziert. Die Verkäuferin sollte vor der Übergabe die Wohnung noch sanieren, wozu es nicht kam, da die Verkäuferin insolvent wurde. Aufgrund der weiterhin vorhandenen Mängel konnte der Kläger die Wohnung nicht vermieten und die Darlehensraten nicht zahlen. Deshalb schloss er mit der finanzierenden Bank im Jahr 2002 eine Rückab­wick­lungs­ver­ein­barung, wonach die Bank dem Kläger einen Betrag von 50.000,- € erließ und die finanzierte Eigen­tums­wohnung auf ihre Rechnung verwerten durfte. Im Jahr 2004 verkaufte der Kläger die Eigen­tums­wohnung für 6.000,- €, die an die Bank zu überweisen waren.

Finanzamt setzt Schuldenerlass als Verkaufserlös an

Der Kläger machte 2004 in der Einkom­mens­steu­e­r­er­klärung aus dem Wohnungsverkauf einen Verlust von 22.000,- € geltend. Das Finanzamt ermittelte dagegen einen Veräu­ße­rungs­gewinn von 32.000,- €, wobei es - im Gegensatz zum Kläger - neben den bisher in Anspruch genommenen Abschrei­bungs­be­trägen auch den bereits im Jahr 2002 vereinbarten Schuldenerlass von 50.000,- € steuerwirksam als Verkaufserlös ansetzte.

Das wollte der Kläger nicht akzeptieren, weil nach seiner Auffassung das Kreditgeschäft und das Verkaufs­ge­schäft zu trennen seien. Der Schuldenerlass von 50.000,- € aus dem Jahr 2002 sei steuerlich im Jahr 2004 nicht mehr zu erfassen.

Sog. Zufluss-Prinzip gilt aus verfas­sungs­recht­lichen Gründen nicht

Die Kasseler Richter urteilten, dass bei der Besteuerung von privaten Veräu­ße­rungs­ge­schäften das sog. Zufluss-Prinzip, wonach Einnahmen nur in dem Kalenderjahr des Zuflusses erfasst werden, aus systematischen und verfas­sungs­recht­lichen Gründen nicht gilt. Der Veräu­ße­rungs­gewinn des Jahres 2004 müsse neben den bisherigen Abschreibungen auch die wirtschaft­lichen Vorteile des Schul­de­n­er­lasses aus 2002 enthalten. Der Kläger habe den Schuldenerlass nur deshalb erlangt, weil er der Bank im Gegenzug das Recht eingeräumt habe, wie ein Eigentümer über die Eigen­tums­wohnung zu verfügen. Käuferin der Wohnung im Jahr 2004 sei zudem eine Konzern­toch­ter­ge­sell­schaft der erlassenden Bank gewesen, die gerade zu dem Zweck der Rückabwicklung gescheiterter Immobi­li­en­ge­schäfte und Darle­hens­verträge gegründet worden sei.

Quelle: Hessisches Finanzgericht / ra-online

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