Der Kläger des zugrunde liegenden Falls wollte beim Finanzamt das sogenannte Ehegattensplitting (Zusammenveranlagung) mit seinem Lebenspartner in Anspruch nehmen. Das Finanzamt versagte die Durchführung einer Zusammenveranlagung jedoch unter Hinweis auf den Wortlaut der Vorschriften der §§ 26, 26b Einkommensteuergesetz (EStG), der den Anspruch auf Zusammenveranlagung ausdrücklich auf Ehegatten beschränkt.
Der Mann erhob daraufhin Klage und beantragte zusammen mit seinem Lebenspartner zur Einkommensteuer veranlagt zu werden. Er verwies dabei auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2009, der besagt, dass Benachteiligungen von Lebenspartnern gegenüber Ehegatten nicht mit dem besonderen Schutz von Ehe und Familie durch Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gerechtfertigt werden könnten.
Die Klage blieb vor dem 2. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts erfolglos (vgl. anderslautende Entscheidung des 10 Senats: Urteil v. 09.11.2010 - 10 V 309/10 - ). Nach Auffassung der Richter des 2. Senats habe das Finanzamt die Zusammenveranlagung der Lebenspartner zu Recht versagt. Der Gesetzgeber habe dieses Verfahren nach §§ 26, 26b EStG ausdrücklich auf Ehegatten beschränkt. Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft seien vom Wortlaut der Vorschriften mithin nicht erfasst.
Den Verweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, der die Frage nach der vergleichbaren Lage von Ehegatten und Lebenspartnern hinsichtlich der Hinterbliebenenversorgung als aufgeschobenes Entgelt bejahte, ließ das Finanzgericht nicht gelten. Das Bundesverfassungsgericht sah einen gesteigerten Rechtfertigungsbedarf für eine Unterscheidung deshalb, weil im Sozialversicherungsrecht die Leistungen der Hinterbliebenenversorgung für überlebende Ehegatten und Lebenspartner/innen einander angeglichen worden seien. Ein vergleichbarer innerer Bezug - wie bei der Hinterbliebenenversorgung - fehle aber gerade im Einkommensteuerrecht, so dass insoweit kein gesteigertes Rechtfertigungsbedürfnis bestehe.
Der Ausschluss des Klägers als Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft von der Anwendung der Regelungen über das Ehegattensplitting sei nach Auffassung des Gerichts daher auch nicht verfassungswidrig, so dass weder die Voraussetzungen für eine verfassungskonforme Auslegung noch für eine Anrufung des BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG gegeben seien.
Die Versagung der Zusammenveranlagung für den Kläger und seinen Lebenspartner verstoße darüber hinaus weder gegen europarechtliche Bestimmungen noch gegen Grundrechte der EU. Eine Vorlage an den EuGH käme daher nicht in Betracht. Ebenso wenig sei das in Art. 14 EMRK völkerrechtlich verankerte allgemeine Diskriminierungsverbot verletzt.
Nur wenige Monate nach dem Urteil des hier entscheidenden 2. Senats des Niedersächsischen Finanzgerichts entschied der 10. Senat des Finanzgerichts in einem ähnlich gelagerten Fall genau entgegengesetzt. Das Finanzgericht entschied in seinem Urteil vom 9. November 2010, dass das Ehegattensplitting auch für eingetragene Lebenspartnerschaften gelte und gestand einer Frau zu, gemeinsam mit ihrer Lebensgefährtin zur Einkommensteuer veranlagt zu werden. Der 10. Senat befand anders als der 2. Senat, dass eine Förderung der Ehe nicht mit Benachteiligung anderer, der Ehe vergleichbaren Lebensformen einhergehen dürfe.
Gegen die vorliegende Entscheidung hat der Kläger Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt (Az. III R 36/10).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.12.2010
Quelle: ra-online (ac)