23.11.2024
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Niedersächsisches Finanzgericht Urteil28.04.2010

Kein Ehegat­ten­splitting bei eingetragenen Leben­s­part­ner­schaftenUneinigkeit beim Nieder­säch­sischen Finanzgericht über Zulässigkeit der Zusam­men­ver­an­lagung bei Einkom­men­steu­e­r­er­klärung

Paare in einer eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft haben keinen Anspruch darauf, zusammen zur Einkommensteuer veranlagt zu werden, da der Gesetzgeber dieses Verfahren nach §§ 26, 26b EStG ausdrücklich auf Ehegatten beschränkt hat. Dies entschied das Nieder­säch­sische Finanzgericht.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls wollte beim Finanzamt das sogenannte Ehegattensplitting (Zusam­men­ver­an­lagung) mit seinem Lebenspartner in Anspruch nehmen. Das Finanzamt versagte die Durchführung einer Zusammenveranlagung jedoch unter Hinweis auf den Wortlaut der Vorschriften der §§ 26, 26b Einkom­men­steu­er­gesetz (EStG), der den Anspruch auf Zusam­men­ver­an­lagung ausdrücklich auf Ehegatten beschränkt.

Kläger verlangt gemeinsam mit Lebenspartner zur Einkommensteuer veranlagt zu werden

Der Mann erhob daraufhin Klage und beantragte zusammen mit seinem Lebenspartner zur Einkommensteuer veranlagt zu werden. Er verwies dabei auf einen Beschluss des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts vom 7. Juli 2009, der besagt, dass Benach­tei­li­gungen von Lebenspartnern gegenüber Ehegatten nicht mit dem besonderen Schutz von Ehe und Familie durch Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gerechtfertigt werden könnten.

Ehegat­ten­splitting in Rechts­vor­schriften ausdrücklich auf Ehegatten beschränkt

Die Klage blieb vor dem 2. Senat des Nieder­säch­sischen Finanzgerichts erfolglos (vgl. anderslautende Entscheidung des 10 Senats: Urteil v. 09.11.2010 - 10 V 309/10 - ). Nach Auffassung der Richter des 2. Senats habe das Finanzamt die Zusam­men­ver­an­lagung der Lebenspartner zu Recht versagt. Der Gesetzgeber habe dieses Verfahren nach §§ 26, 26b EStG ausdrücklich auf Ehegatten beschränkt. Partner einer eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft seien vom Wortlaut der Vorschriften mithin nicht erfasst.

Gleichstellung von Ehe und eingetragener Leben­s­part­ner­schaft wie bei der Hinter­blie­be­nenrente bei Einkommensteuer nicht notwendig

Den Verweis auf den Beschluss des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts, der die Frage nach der vergleichbaren Lage von Ehegatten und Lebenspartnern hinsichtlich der Hinter­blie­be­nen­ver­sorgung als aufgeschobenes Entgelt bejahte, ließ das Finanzgericht nicht gelten. Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht sah einen gesteigerten Recht­fer­ti­gungs­bedarf für eine Unterscheidung deshalb, weil im Sozia­l­ver­si­che­rungsrecht die Leistungen der Hinter­blie­be­nen­ver­sorgung für überlebende Ehegatten und Lebenspartner/innen einander angeglichen worden seien. Ein vergleichbarer innerer Bezug - wie bei der Hinter­blie­be­nen­ver­sorgung - fehle aber gerade im Einkom­men­steu­errecht, so dass insoweit kein gesteigertes Recht­fer­ti­gungs­be­dürfnis bestehe.

Ausschluss vom Ehegat­ten­splitting nicht verfas­sungs­widrig

Der Ausschluss des Klägers als Partner einer eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft von der Anwendung der Regelungen über das Ehegat­ten­splitting sei nach Auffassung des Gerichts daher auch nicht verfas­sungs­widrig, so dass weder die Voraussetzungen für eine verfas­sungs­konforme Auslegung noch für eine Anrufung des BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG gegeben seien.

Kein Verstoß gegen europa­rechtliche Bestimmungen und Grundrechte

Die Versagung der Zusam­men­ver­an­lagung für den Kläger und seinen Lebenspartner verstoße darüber hinaus weder gegen europa­rechtliche Bestimmungen noch gegen Grundrechte der EU. Eine Vorlage an den EuGH käme daher nicht in Betracht. Ebenso wenig sei das in Art. 14 EMRK völkerrechtlich verankerte allgemeine Diskri­mi­nie­rungs­verbot verletzt.

10. Senat des Nieder­säch­sischen Finanzgericht gibt wenige Monate später in ähnlich gelagertem Fall Ehegat­ten­splitting statt

Nur wenige Monate nach dem Urteil des hier entscheidenden 2. Senats des Nieder­säch­sischen Finanzgerichts entschied der 10. Senat des Finanzgerichts in einem ähnlich gelagerten Fall genau entgegengesetzt. Das Finanzgericht entschied in seinem Urteil vom 9. November 2010, dass das Ehegat­ten­splitting auch für eingetragene Leben­s­part­ner­schaften gelte und gestand einer Frau zu, gemeinsam mit ihrer Lebensgefährtin zur Einkommensteuer veranlagt zu werden. Der 10. Senat befand anders als der 2. Senat, dass eine Förderung der Ehe nicht mit Benachteiligung anderer, der Ehe vergleichbaren Lebensformen einhergehen dürfe.

Revision

Gegen die vorliegende Entscheidung hat der Kläger Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt (Az. III R 36/10).

Quelle: ra-online (ac)

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