15.11.2024
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Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil22.03.2017

Im Einfamilienhaus gelegenes Büro eines Gerichts­voll­ziehers kann steuerlich vollumfänglich abzugsfähig seinVom Präsidenten des Landgerichts genehmigtes Geschäftszimmer im Einfamilienhaus ist nicht als häusliches Arbeitszimmer anzusehen

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass Aufwendungen für das Büro eines Gerichts­voll­ziehers in seinem Einfamilienhaus vollumfänglich abzugsfähig sein können.

Der Kläger, ein Gerichtsvollzieher, nutzt im Untergeschoss seines Einfa­mi­li­en­hauses ein Büro mit Vorraum, ein als Lagerraum genutztes WC und einen 50 qm großen Raum ausgestattet mit mehreren Arbeitsplätzen, Bespre­chungstisch, Tresor, drei Druckern, Kopier- und Faxgerät und Aktenschränken. Das Büro ist über eine Außentreppe zu erreichen. Die Eingangstür verfügt über ein separates Schloss. Daneben ist ein Schild mit Landeswappen und Aufschrift "Oberge­richts­voll­zieher". Mit dem Büroschlüssel lassen sich weder die private Hauseingangstür noch die beiden innenliegenden Verbin­dung­stüren zu den privaten Räumen öffnen. Es gibt zwei gesonderte Stellplätze, einen Briefkasten für private und berufliche Post sowie eine gesonderte Klingel für das Büro, das vom Präsidenten des Landgerichts als Geschäftszimmer genehmigt wurde. Der Kläger hat noch mit elf weiteren Gerichts­voll­ziehern eine Dreiraumwohnung als Büroräume angemietet. Er teilt sich einen Raum mit vier Kollegen. Kundenbesuche hat er in beiden Büros. Er beschäftigt eine Justiz­fach­an­ge­stellte. Der Kläger erklärte für das Jahr 2012 bei den Einkünften aus nicht­selb­ständiger Arbeit Werbungskosten von 8.150 Euro. Das Finanzamt berücksichtigte 1.250 Euro für ein häusliches Arbeitszimmer mangels dortigen Mittelpunkts der gesamten beruflichen Tätigkeit.

FG bejaht vollen Abzug von Werbungskosten

Das Finanzgericht Baden-Württemberg berücksichtigte die Werbungskosten gänzlich. Das Büro im Einfamilienhaus sei als genehmigtes Geschäftszimmer kein häusliches Arbeitszimmer. Es sei nach den baulichen Gegebenheiten (gesonderter Zugang, Besucher­pa­rk­plätze, gesonderte Klingel, Schild mit Landeswappen, verschlossene interne Verbin­dung­stüren, extra Schlüssel) nicht in die häusliche Sphäre des Klägers eingebunden. Es diene nach Ausstattung und Funktion der Erledigung beruflicher Arbeiten, stehe für Publi­kums­verkehr offen und werde von nicht haushalts­zu­ge­hörigen Beschäftigten genutzt. Für diese Auslegung spreche der Gesetzeszweck. Die gesetzliche Beschränkung diene der Missbrauchs­abwehr. Eine Missbrauchs­gefahr sei nicht erkennbar.

Geschäftszimmer bildet Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung

Die Justiz­ver­waltung stelle Gerichts­voll­ziehern keinen Arbeitsplatz zur Verfügung. Diese seien verpflichtet, auf eigene Kosten ein Geschäftszimmer einzurichten und Unterlagen aufzubewahren. Das andere gemein­schaftlich genutzte Büro sei nach den gesetzlichen Vorgaben nicht als Geschäftszimmer geeignet, so dass dem Kläger kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Das Geschäftszimmer bilde den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung. Dort nehme der Kläger die Handlungen vor, die für seinen Beruf wesentlich und prägend seien, so z.B. die Abnahme der eidess­tatt­lichen Versicherung, die Vereinbarung von Ratenzahlungen, die Einholung von Auskünften Dritter oder die Abwicklung von unbarem Zahlungsverkehr.

Quelle: Finanzgericht Baden-Württemberg/ra-online

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