21.11.2024
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Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil24.09.2009

FG Baden-Württemberg: Einkünfte eines ehrenamtlichen Betreuers sind steuerpflichtigNicht als „Aufwand­s­ent­schä­digung“ ausgewiesene Zahlungen unterliegen der Steuerpflicht

Zahlungen, die ein Abtei­lungs­leiter für seine nebenberufliche Tätigkeit als Betreuer erhält, sind als Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der vom Finanzamt geschätzten Höhe steuerpflichtig und nach keiner erkennbaren Steuer­be­frei­ungs­vor­schrift (§ 3 Nr. 12 Satz 1 und 2 Einkom­men­steu­er­gesetz - EStG -) steuerfrei. Dies hat das Finanzgericht Baden-Württemberg entschieden.

Das Vormund­schafts­gericht bestellte den hauptberuflich als Abtei­lungs­leiter eines Verbandes tätigen Kläger zeitweise gleichzeitig in bis zu 42 Fällen als Betreuer i. S. des § 1896 des Bürgerliches Gesetzbuchs. Für jede betreute Person erhielt er eine Aufwandsentschädigung von bis zu 323,- € pro Jahr. Die hieraus insgesamt erzielten Beträge gab der Kläger in seinen Einkom­men­steu­e­r­er­klä­rungen der entsprechenden Jahre nicht an. Nach einer anonymen Anzeige und einer Steuer­fahn­dungs­prüfung erhielt das zuständige Finanzamt Kenntnis von diesen Zahlungen und erließ geänderte Steuerbescheide, in denen es die vereinnahmten Beträge nach Abzug von 25 % der Einnahmen als Werbungskosten als sonstige Einkünfte ansetzte.

Zum Unterschied von "Aufwand" und "Aufwand­s­ent­schä­digung"

Eine Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 EStG kommt nach Auffassung des Finanzgerichts – weder nach Satz 1 noch nach Satz 2 dieser Vorschrift – in Betracht. Satz 1 kommt nicht zur Anwendung, weil im Streitfall die Zahlung nicht aus einem Titel geleistet wurde, der ausdrücklich als "Aufwand­s­ent­schä­digung" bezeichnet ist. Aus den in den Haushaltsplänen des Landes Baden-Württemberg in den Streitjahren vorhandenen Erläuterungen zum maßgeblichen Haushaltstitel ist lediglich von „Aufwand“ die Rede. Der Senat setzt sich in dem Urteil ausführlich mit den Begriffen „Aufwand“ und „Aufwand­s­ent­schä­digung“ auseinander und kommt zu dem Ergebnis, dass diese Begriffe nicht deckungsgleich sind. Die Zahlung muss aus einem bestimmten Grund erfolgen, um eine Aufwand­s­ent­schä­digung zu sein. Der Haushalts­ge­setzgeber hat im entsprechenden Haushaltsplan den Begriff „Aufwand“ bewusst gewählt. Diese Auslegung führt zu einer steuerlichen Gleich­be­handlung von Aufwand­s­ent­schä­di­gungen, die für die Betreuung mittelloser Personen gezahlt werden, mit Aufwand­s­ent­schä­di­gungen für die Betreuung von Personen, die über entsprechende Mittel verfügen. Für Letztere kommt die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG nicht in Betracht, weil die Aufwand­s­ent­schä­digung vom Betreuten selbst bezahlt wird.

Gericht beruft sich auf Urteil des Finanzgerichts Schleswig-Holstein

§ 3 Nr. 12 Satz 2 EStG ist ebenfalls nicht anzuwenden, weil ein Betreuer keine öffentlichen Dienste i. S. dieser Vorschrift leistet. Das Rechts­ver­hältnis zwischen Betreuer und Betreutem und das zwischen Betreuer und Dritten ist privatrechtlich ausgestaltet. Die gleiche Rechts­auf­fassung vertritt das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht in seinem Urteil vom 21. August 2003 (Aktenzeichen: 2 K 179/02), auf das das Gericht verweist.

Im Urteil wird ausdrücklich anerkannt, dass der Kläger seine Tätigkeit ehrenamtlich ausübt und damit zweifellos zur Entlastung des Landeshaushalts beiträgt. Das vor diesem Hintergrund ganz besonders anerken­nenswerte Engagement des Klägers ändert aber nichts daran, dass in den Streitjahren die Zahlungen im Haushaltsplan des Landes nicht als „Aufwand­s­ent­schä­digung“ ausgewiesen wurden.

Quelle: ra-online, FG Baden-Württemberg

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