23.11.2024
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Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil14.06.2018

Privater Schwim­m­un­terricht für Kleinkinder im Alter von 1 bis 3 Jahren ist umsatz­steu­erfreiQualifizierte Privatlehrerin für Schwim­m­un­terricht kann sich auf europäische Mehr­wert­steuer­system­richtlinie berufen

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass private Schwimmkurse für Kleinkinder vom 1. bis zum 3. Lebensjahr von der Umsatzsteuer befreit sind. Säuglings­schwimmen ist hingegen steuerpflichtig.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls führte nach einem von ihr entwickelten Programm Schwimmkurse für Kinder durch. Die Schwimmkurse teilt die Klägerin nach dem Alter der Kinder ein: Säuglinge (3 bis 12 Monate), Kleinkinder (1. bis 3. Lebensjahr) und Kinder ab dem 3. Lebensjahr. Die Schwimmkurse finden in angemieteten Schwimmhallen statt. In den Schwimmkursen für Säuglinge werden diese von ihren Eltern gehalten und bewegt. Die Kinder im Alter vom 1. bis zum 3. Lebensjahr bewegen sich zunächst mit Hilfe der Eltern, die ihre Unterstützung aber schrittweise zurücknehmen. Die Klägerin behandelte sämtliche Schwimmkurse als umsatz­steu­erfreie Leistungen.

Klägerin begehrt Steuerbefreiung auch für Säuglings- und Klein­kin­der­schwimmen

Das Finanzamt lehnte die Steuerbefreiung für das Klein­kin­der­schwimmen unter drei Jahren ab. Für die Kinder­schwimmkurse über drei Jahre gewährte es die Steuerbefreiung, nachdem der Klägerin hierfür vom Regie­rungs­prä­sidium eine Bescheinigung erteilt worden war. Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin die Steuerbefreiung auch für das Säuglings­schwimmen und das Klein­kin­der­schwimmen.

FG bejaht Umsatz­steu­er­freiheit für Klein­kin­der­schwimmen

Das Finanzgericht Baden-Württemberg entschied, dass die Schwimmkurse für Kleinkinder vom 1. bis zum 3. Lebensjahr von der Umsatzsteuer befreit seien. Dagegen sei das Säuglings­schwimmen steuerpflichtig. Die Klägerin könne sich für die Steuerbefreiung zwar nicht auf das deutsche Umsatz­steu­er­gesetz, aber auf die europäische Mehrwert­steu­er­sys­tem­richtlinie berufen. Danach sei der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschul­un­terricht steuerfrei. Die Klägerin sei eine qualifizierte Privatlehrerin. An der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, bestehe ein hohes Gemein­wohl­in­teresse. Das Ertrinken sei in Deutschland nach den Verkehr­s­un­fällen die zweithäufigste Todesursache bei (Klein-)Kindern. Die Schwimmkurse für Kinder im Alter von 1 bis 3 Jahren seien auch "Schul- und Hochschul­un­terricht". Der Begriff erfasse nicht nur prüfungs- oder ausbil­dungs­be­zogenen Unterricht. Steuerbefreit seien auch andere Tätigkeiten, um Kenntnisse und Fähigkeiten von Schülern oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeit­ge­staltung hätten. Die Steuerbefreiung verlange daher nicht, dass die Mehrheit der Kinder nach Beendigung der Kurse in der Lage sei, selbständig zu schwimmen. Die Steuerbefreiung bezwecke die gleichmäßige umsatz­steu­erliche Belastung von privaten und öffentlichen Ausbil­dungs­trägern. Daher sei es ausreichend, wenn der Kurs das Schwimmenlernen fördert, ergänzt oder erleichtert. Das sei bei den strukturierten Kinder­schwimm­kursen der Klägerin der Fall. Beim Säuglings­schwimmen sei die Grenze von der Freizeit­ge­staltung zum Unterricht aber noch nicht überschritten.

Quelle: Finanzgericht Baden-Württemberg/ra-online

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