21.11.2024
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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil09.10.2014

Betrieb einer Kampf­s­port­schule ist umsatz­steu­erfreiLeistungen der Kampf­s­port­schule, die nicht lediglich Charakter bloßer Freizeit­ge­staltung aufweisen, sind von der Umsatzsteuer befreit

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass Umsätze aus einer Kampf­s­port­schule umsatz­steu­erfrei sind, soweit die erbrachten Leistungen der Kampf­s­port­schule nicht lediglich den Charakter bloßer Freizeit­ge­staltung haben und vergleichbare Leistungen an Schulen und Hochschulen erbracht werden.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls betreibt in Rheinland-Pfalz (nördliche Pfalz) eine Kampf­s­port­schule, die als Betrieb zur Ausbildung zum/zur Sport- und Fitnesskaufmann/-frau und Sport- und Fitnessfachmann/-frau staatlich anerkannt ist (IHK). Der Kläger hat in den Streitjahren (2005 - 2008) folgende Kurse angeboten: Karate, Kickboxen, Brazilian Jiu Jitsu, Selbst­ver­tei­digung, Leitfaden für angehende Kampf­s­port­trainer und berufs­vor­be­reitende Kurse für Fitness-Fachleute und Sicher­heits­kräfte. Im Oktober 2010 bzw. März 2011 bescheinigte die Aufsichts- und Dienst­leis­tungs­di­rektion Rheinland-Pfalz (ADD), dass ein Teil der Kurse (Aus-, Fort- und Weiterbildung zum/zur Sport- und Fitnesskaufmann/-frau bzw. Sport- und Fitnessfachmann/-frau sowie Selbst­ver­tei­digung und Gewalt­prä­vention für Kinder und für Sicher­heits­berufe) berufs­vor­be­reitende und deshalb umsatz­streu­erfreie Leistungen (i.S. des § 4 Nr. 21 a, bb Umsatz­steu­er­gesetz - UStG) seien.

Finanzamt: Angebotene Kurse dienen der Freizeit­ge­staltung und sind daher umsatz­steu­er­pflichtig

Das beklagte Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die angebotenen Kurse nicht auf einen Beruf vorbereiten bzw. nicht zur Ausübung eines Berufes notwendig seien. Die Kurse dienten der Freizeit­ge­staltung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen und seien daher umsatz­steu­er­pflichtig.

Vergleichbare Leistungen des Klägers werden auch an Schulen und Hochschulen erbracht

Nach erfolglosem Einspruchs­ver­fahren erhob der Kläger Klage. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz gab dem Kläger Recht und entschied, dass alle Umsätze aus der Kampf­s­port­schule umsatz­steu­erfrei seien. Zur Begründung führte das Finanzgericht aus, dass es zwar fraglich sei, ob die Leistungen des Klägers nach dem UStG umsatz­steu­erfrei seien. Dies könne jedoch offen bleiben, denn der Kläger könne sich unmittelbar auf die Mehrwert­steu­er­vor­schriften der EU berufen. Danach seien die Leistungen der Kampf­s­port­schule deshalb umsatz­steu­erfrei, weil sie nicht lediglich den Charakter bloßer Freizeit­ge­staltung hätten und vergleichbare Leistungen an Schulen und Hochschulen erbracht würden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) lege den Begriff "Schul- und Hochschul­un­terricht" weit aus, weil aufgrund der unter­schied­lichen Unter­richts­systeme in den Mitgliedstaaten ansonsten die Gefahr bestehe, dass das Mehrwert­steu­er­system je nach Unter­richts­system unterschiedlich angewendet werde. Der Bundesfinanzhof folge dieser Auffassung und erkenne Kurse auch dann als "Schul- oder Hochschul­un­terricht" im Sinne der einschlägigen EWG-Richtlinie an, wenn sie keinen direkten Bezug zu einem Beruf hätten und/oder nicht Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufs­fort­bildung seien. Damit seien alle vom Kläger in den Streitjahren angebotenen Kurse (also auch Karate, Kickboxen, Brazilian Jiu Jitsu usw.) unter die in der Bescheinigung der ADD aufgeführten Aus- und Fortbil­dungs­maß­nahmen zu subsumieren. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung nochmals anschaulich ausgeführt, dass die Selbst­ver­tei­digung in jedem Kampfsportkurs, der von ihm angeboten werde, eine der Haupt­kom­po­nenten sei. Dies gelte auch für Kickboxen, das fachüber­greifend für alle Kampfsportarten angeboten werde. Auch die Fitnesskurse seien mit den Kampf­s­port­kursen inhaltlich verwoben und dienten damit auch der Selbst­ver­tei­digung und Gewalt­prä­vention. Die vermittelten Kenntnisse in Gewalt­prä­vention und Selbst­ver­tei­digung würden - u.a. vom Kläger selbst - in vergleichbarer Weise auch an Schulen erbracht.

Quelle: Finanzgericht Rheinland-Pfalz/ra-online

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