21.11.2024
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Dokument-Nr. 33928

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Europäischer Gerichtshof Urteil18.04.2024

Zuwider­hand­lungen gegen das Wettbe­wer­bsrecht der Union: Frühere tschechische Verjäh­rungs­re­gelung mit Unionsrecht unvereinbarVerjäh­rungsfrist beginnt mit Ende und Kenntnis des Verstoßes

Die Verjäh­rungsfrist für Schadens­ersatz­klagen wegen einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbe­wer­bsrecht der Union kann erst dann zu laufen beginnen, wenn diese Zuwiderhandlung beendet ist und der Geschädigte Kenntnis davon erlangt hat, dass das betreffende Verhalten eine solche Zuwiderhandlung darstellt. Die Kennt­ni­ser­langung fällt in der Regel mit dem Zeitpunkt zusammen, zu dem die Zusammenfassung des Beschlusses, mit dem die Kommission die Zuwiderhandlung feststellt, im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wird. Das Unionsrecht verlangt ferner, dass die Verjäh­rungsfrist während der Dauer einer Untersuchung der Kommission gehemmt oder unterbrochen wird. Außerdem darf seit dem Inkrafttreten einer einschlägigen Richtlinie eine solche Hemmung oder Unterbrechung frühestens ein Jahr nach dem Tag enden, an dem der Beschluss, mit dem die Zuwiderhandlung festgestellt wird, bestandskräftig wird. Das hat der EuGH entschieden.

Heureka, ein tschechisches Unternehmen, betreibt ein Portal für den Vergleich von Verkaufspreisen. Sie macht geltend, die Suchmaschine von Google habe auf den Ergebnisseiten ihrer allgemeinen Suche systematisch den eigenen Preis­ver­gleichs­dienst von Google bevorzugt behandelt. Infolgedessen sei der Dienst von Heureka seltener genutzt worden. Heureka glaubt, dadurch von Google geschädigt worden zu sein, und stützt sich in diesem Kontext auf einen (noch nicht bestands­kräftigen) Beschluss der Europäischen Kommission, in dem festgestellt wird, dass Google ihre beherrschende Stellung missbraucht habe. Das mit einer Schadensersatzklage von Heureka befasste tschechische Gericht möchte wissen, ob die frühere im tschechischen Recht vorgesehene Verjährungsfrist, die für diese Klage noch gilt, mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Sie beträgt drei Jahre und beginnt für jeden partiellen Schaden dann zu laufen, wenn der Geschädigte Kenntnis davon, dass er einen solchen Schaden erlitten hat, und von der Identität des Schädigers erlangt hat. Dagegen setzt der Beginn der Verjäh­rungsfrist nach der nationalen Regelung weder die Kenntnis davon voraus, dass das betreffende Verhalten eine Zuwiderhandlung darstellt, noch ihre Beendigung. Die nationale Regelung sieht auch nicht vor, dass die Verjäh­rungsfrist während der Untersuchung der Kommission und für die Dauer von einem Jahr nach dem Eintritt der Bestandskraft des Beschlusses, mit dem die Kommission diese Zuwiderhandlung feststellt, gehemmt oder unterbrochen werden muss.

Verjäh­rungsfrist beginnt mit Ende und Kenntnis des Verstoßes

In seinem Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass das Unionsrecht der tschechischen Regelung entgegensteht, die bis zur verspäteten Umsetzung der Richtlinie 2014/104 galt. Hierzu führt er aus, dass das Unionsrecht schon vor Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie verlangte, dass die Verjäh­rungsfrist erst dann beginnt, wenn die Zuwiderhandlung gegen das Wettbe­wer­bsrecht beendet ist und der Geschädigte von den für die Erhebung seiner Schaden­s­er­satzklage unerlässlichen Informationen und insbesondere davon, dass das betreffende Verhalten eine solche Zuwiderhandlung darstellt, Kenntnis erlangt hat. Diese beiden Voraussetzungen sind erforderlich, damit der Geschädigte tatsächlich in der Lage ist, sein Recht auf vollständigen Ersatz des aufgrund einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbe­wer­bsrecht erlittenen Schadens geltend zu machen. Der Gerichtshof fügt hinzu, dass die Erlangung der Kenntnis von den für die Erhebung einer Klage unerlässlichen Informationen in der Regel mit dem Zeitpunkt der Veröf­fent­lichung der Zusammenfassung des Beschlusses, in dem die Kommission die Zuwiderhandlung feststellt, im Amtsblatt zusammenfällt, auch wenn dieser Beschluss noch nicht bestandskräftig ist. Überdies kann der Geschädigte seine Schaden­s­er­satzklage auf einen solchen nicht bestands­kräftigen Beschluss stützen.

Frühere tschechische Verjäh­rungs­re­gelung macht die Ausübung des Rechts praktisch unmöglich

In diesem Kontext führt der Gerichtshof aus, dass das Unionsrecht ferner verlangt, dass eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung während der Untersuchung der Kommission möglich sein muss, um zu verhindern, dass die Verjäh­rungsfrist ablaufen kann, noch bevor diese Untersuchung abgeschlossen ist. Da es für den Geschädigten im Allgemeinen schwierig ist, den Beweis für eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbe­wer­bsrecht zu erbringen, wenn es dazu keinen Beschluss der Kommission oder einer nationalen Behörde gibt, muss er nämlich die Möglichkeit haben, das Ende einer solchen Untersuchung abzuwarten, um sich gegebenenfalls im Rahmen einer späteren Schaden­s­er­satzklage auf einen derartigen Beschluss stützen zu können. Zudem sieht die Richtlinie 2014/104 nunmehr vor, dass die Verjäh­rungsfrist zumindest für die Dauer eines Jahres gehemmt wird, nachdem der Beschluss, mit dem die Kommission die betreffende Zuwiderhandlung festgestellt hat, bestandskräftig geworden ist. Der Gerichtshof kommt zu dem Ergebnis, dass die frühere tschechische Verjäh­rungs­re­gelung mit dem Unionsrecht unvereinbar ist. Sie macht die Ausübung des Rechts, Ersatz für den aufgrund einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbe­wer­bsrecht erlittenen Schaden zu verlangen, praktisch unmöglich oder erschwert sie übermäßig.

Quelle: Europäischer Gerichtshof, ra-online (pm/ab)

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