21.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil31.05.2018

Bei Flugver­spä­tungen hat Fluggast auch bei Zwischen­lan­dungen außerhalb der EU Anspruch auf EntschädigungWechsel des Fluggeräts bei Zwischenlandung nicht relevant

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass ein Ausgleichs­an­spruch wegen großer Verspätung eines Fluges auch bei Flügen mit Anschlussflügen in einen Drittstaat mit Zwischenlandung außerhalb der EU besteht. Ein Wechsel des Fluggeräts bei der Zwischenlandung ändert nichts daran, dass zwei oder mehr Flüge, die Gegenstand einer einzigen Buchung waren, als ein einziger Flug mit Anschlussflügen anzusehen sind.

Frau Claudia Wegener buchte bei Royal Air Maroc einen Flug von Berlin (Deutschland) nach Agadir (Marokko) mit Zwischenlandung und Umsteigen in Casablanca (Marokko). Als sie sich in Casablanca am Flugsteig der Maschine nach Agadir einfand, verweigerte ihr Royal Air Maroc die Beförderung mit der Begründung, dass ihr Sitzplatz anderweitig vergeben worden sei. Frau Wegener flog schließlich mit einer anderen Maschine der Royal Air Maroc und erreichte Agadir vier Stunden später als ursprünglich vorgesehen.

Flugge­sell­schaft lehnt Zahlung einer Ausgleichs­leistung ab

Frau Wegener begehrt eine Ausgleichs­leistung wegen dieser Verspätung. Royal Air Maroc lehnt eine Leistung jedoch ab, weil Frau Wegener keinen Ausgleichs­an­spruch nach der Unions­ver­ordnung über die Rechte von Fluggästen* habe.

Verordnung gilt grundsätzlich nur für Flüge innerhalb der EU

Tatsächlich gilt diese Verordnung nicht für Flüge, die vollständig außerhalb der Europäischen Union erfolgen**. Da die Flughäfen von Casablanca und Agadir in Marokko liegen, hängt die Anwendbarkeit der Verordnung davon ob, ob die beiden Flüge (Berlin - Casablanca und Casablanca - Agadir), die Gegenstand einer einzigen Buchung waren, als ein einziger Flug (mit Anschlussflug) mit Abflugsort in einem Mitgliedstaat (Deutschland) anzusehen sind oder ob sie getrennt zu betrachten sind. In diesem Fall fiele der Flug von Casablanca nach Agadir nicht unter die Verordnung.

Vor diesem Hintergrund ersuchte das Landgericht Berlin, bei dem Frau Wegener Klage erhoben hatte, den Gerichtshof um Auslegung der Verordnung.

Verordnung gilt bei zusam­men­hän­gender Buchung auch für Flüge außerhalb der EU

Mit seinem Urteil entschied der Gerichtshof, dass die Verordnung für eine Fluggast­be­för­derung gilt, die aufgrund einer einzigen Buchung erfolgt und zwischen dem Abflug von einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats (Berlin) und der Ankunft auf einem Flughafen im Gebiet eines Drittstaats (Agadir) eine planmäßige Zwischenlandung außerhalb der Union (Casablanca) mit einem Wechsel des Fluggeräts umfasst.

Flüge waren Gegenstand einer einzigen Buchung

Nach den Ausführungen des Gerichtshofs geht aus der Verordnung und der Rechtsprechung hervor, dass zwei (oder mehr) Flüge, die wie im vorliegenden Fall Gegenstand einer einzigen Buchung waren, in Bezug auf den Ausgleichs­an­spruch von Fluggästen eine Gesamtheit darstellen. Diese Flüge sind somit als ein und derselbe Flug mit Anschlussflügen anzusehen (vgl. Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil v. 26.02.2013 - C-11/11 -.

Flüge müssen für Entschä­di­gungs­an­spruch nicht mit demselben Fluggerät erfolgen

Auf diese Einstufung wirkt sich nicht aus, wenn bei einem Flug mit Anschlussflügen das Fluggerät gewechselt wird. Die Verordnung enthält nämlich keine Bestimmungen, wonach die Einstufung als Flug mit Anschlussflügen davon abhängt, dass alle Flüge, die der Flug umfasst, mit demselben Fluggerät erfolgen.

Ein Beför­de­rungs­vorgang wie der im vorliegenden Fall ist demnach insgesamt als ein einziger Flug mit Anschlussflügen zu betrachten und unterliegt somit der Verordnung.

Erläuterungen

* Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unter­stüt­zungs­leis­tungen für Fluggäste im Fall der Nicht­be­för­derung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. 2004, L 46, S. 1). Nach dieser Verordnung können Fluggäste bei einer Annullierung oder einer Verspätung von mindestens drei Stunden bei der Ankunft Anspruch auf eine Ausgleichs­leistung haben, die je nach Entfernung 250, 400 oder 600 Euro beträgt.

** Nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung gilt diese a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten, b) sofern das ausführende Luftfahrt­un­ter­nehmen ein Luftfahrt­un­ter­nehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unter­stüt­zungs­leis­tungen erhalten.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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