15.11.2024
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Dokument-Nr. 28247

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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil19.12.2019

Fluggast hat Anspruch auf Schadensersatz wegen Verbrühungen durch umgekippten heißen KaffeeUnfall muss nicht mit einem flugs­pe­zi­fischen Risiko in Zusammenhang stehen

Der EuGH hat entschieden, dass die Haftung einer Fluglinie für Verbrühungen, die dadurch entstehen, dass während eines Fluges heißer Kaffee aus nicht geklärten Gründen umkippt, nicht voraussetzt, dass sich ein flugs­pe­zi­fisches Risiko realisiert hat.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein junges Mädchen verlangte von der öster­rei­chischen Fluglinie Niki Luftfahrt GmbH (in Liquidation) Schadensersatz wegen Verbrühungen, die sie erlitt, als bei einem Flug von Palma de Mallorca nach Wien der ihrem Vater servierte und vor ihm auf seinem Abstellbrett abgestellte heiße Kaffee aus nicht geklärten Gründen umkippte.

Fluglinie verneint Haftung

Die Fluglinie weist ihre Haftung zurück, weil es sich um keinen Unfall im Sinne des die Haftung von Fluglinien bei Unfällen regelnden Übereinkommens von Montreal handle. Der Begriff des Unfalls erfordere nämlich, dass sich ein flugs­pe­zi­fisches Risiko realisiere, woran es hier fehle. Tatsächlich konnte nicht festgestellt werden, ob der Kaffeebecher etwa wegen eines Defekts des ausklappbaren Abstellbretts oder durch ein Vibrieren des Flugzeugs kippte. Der Oberste Gerichtshof (Österreich) hat den Gerichtshof um Klarstellungen zum Unfallbegriff des Übereinkommens von Montreal ersucht, der darin nicht definiert wird.

Keine Abhängigkeit der Haftung der Fluglinien von Schaden­s­eintritt auf Grund eines luftfahrts­pe­zi­fischen Risikos

Der Gerichtshof führt aus, dass die gewöhnliche Bedeutung, die dem Begriff Unfall zukommt, die eines unvor­her­ge­sehenen, unbeab­sich­tigten, schädigenden Ereignisses ist. Außerdem stellt er insbesondere fest, dass mit dem Übereinkommen von Montreal eine Regelung der verschul­den­su­n­ab­hängigen Haftung von Fluglinien eingeführt und gleichzeitig für einen gerechten Inter­es­se­n­aus­gleich gesorgt werden sollte. Er schließt daraus, dass sowohl die gewöhnliche Bedeutung des Begriffs Unfall als auch die Ziele des Übereinkommens von Montreal dagegen sprechen, die Haftung der Fluglinien davon abhängig zu machen, dass der Schaden auf das Eintreten eines luftfahrts­pe­zi­fischen Risikos zurück geht oder dass es einen Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Betrieb oder der Bewegung des Flugzeugs gibt.

Übereinkommen vom Montreal erlaubt Haftungs­aus­schluss nur bei Verschuldung eines Schadens durch Dritte

Er erinnert daran, dass nach dem Übereinkommen von Montreal die Haftung der Fluglinien ausgeschlossen oder beschränkt werden kann. Eine Fluglinie kann sich nämlich ganz oder teilweise von ihrer Haftung befreien, indem sie nachweist, dass der Reisende den Schaden selbst verursacht oder dazu beigetragen hat. Außerdem kann sie ihre Haftung auf 100 000 Sonder­zie­hungs­rechte Airlines haften für Verbrühung durch Kaffee beschränken, indem sie nachweist, dass der Schaden nicht von ihr oder aber ausschließlich von einem Dritten verschuldet wurde.

Der Begriff Unfall erfasst jeden an Bord eines Flugzeugs vorfallenden Sachverhalt

Der Gerichtshof antwortet dem Obersten Gerichtshof mithin, dass der in Rede stehende Begriff Unfall jeden an Bord eines Flugzeugs vorfallenden Sachverhalt erfasst, in dem ein bei der Fluggast­be­treuung eingesetzter Gegenstand eine körperliche Verletzung eines Reisenden verursacht hat, ohne dass ermittelt werden müsste, ob der Sachverhalt auf ein luftfahrts­pe­zi­fisches Risiko zurückgeht.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union, ra-online (pm/ab)

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