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18.01.2025  
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil04.04.2019

Kein Anspruch auf Entschädigung für Flugverspätung nach Reifenpanne durch Schraube auf Start- oder LandebahnFlugge­sell­schaft kann sich auf außer­ge­wöhnliche Umstände berufen

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass ein Luft­fahrt­unter­nehmen den Fluggästen für eine Verspätung von drei Stunden oder mehr im Fall einer Beschädigung eines Flugzeugreifens durch eine Schraube auf der Start- oder Landebahn eine Ausgleichs­zahlung nur zu leisten hat, wenn es nicht alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel eingesetzt hat, um die Flugverspätung zu begrenzen.

Ein Fluggast und Germanwings streiten vor Gericht darüber, ob wegen der Verspätung eines Germanwings-Flugs eine Ausgleichszahlung zu leisten ist. Herr Wolfgang Pauels buchte bei Germanwings einen Flug von Dublin (Irland) nach Düsseldorf. Dieser Flug wurde mit einer Ankunfts­ver­spätung von drei Stunden und 28 Minuten durchgeführt.

Germanwings beruft sich auf außer­ge­wöhnliche Umstände

Germanwings lehnte die von Herrn Pauels verlangte Ausgleichs­zahlung mit der Begründung ab, dass die Flugverspätung auf die Beschädigung eines Flugzeugreifens durch eine Schraube auf der Start- oder Landebahn zurück zu führen sei, und damit einen Umstand, der als außergewöhnlich im Sinne der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung der Union* zu qualifizieren sei und sie von ihrer in dieser Verordnung vorgesehenen Ausgleichs­pflicht befreie.

LG erbittet Vorab­ent­scheidung des EuGH

Das Landgericht Köln, bei dem die Rechtssache anhängig ist, beschloss, dem Gerichtshof die Frage zur Vorab­ent­scheidung vorzulegen, ob die Beschädigung eines Flugzeugreifens durch eine Schraube auf der Start- oder Landebahn (Beschädigung durch Fremdkörper/"Foreign object damage", "FOD") tatsächlich einen außer­ge­wöhn­lichen Umstand darstellt.

Flugge­sell­schaft muss Ergreifen aller zumutbaren Maßnahmen zur Verhinderung einer Annullierung oder Verspätung nachweisen können

Mit seinem Urteil stellte der Gerichtshof fest, dass das Luftfahrt­un­ter­nehmen nicht verpflichtet ist, den Passagieren Ausgleichs­zah­lungen zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung des Fluges bzw. dessen um drei Stunden oder mehr verspätete Ankunft auf außer­ge­wöhnliche Umstände zurückzuführen ist, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, und es bei Eintritt solcher Umstände die der Situation angemessenen Maßnahmen ergriffen hat, indem es alle ihm zur Verfügung stehenden personellen, materiellen und finanziellen Mittel eingesetzt hat, um zu vermeiden, dass es dadurch zur Annullierung oder zur großen Verspätung des betreffenden Fluges kommt, ohne dass jedoch von ihm angesichts seiner Kapazitäten zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht tragbare Opfer verlangt werden könnten.

Schraube auf der Start- oder Landebahn stellt außer­ge­wöhn­lichen nicht beherrschbaren Umstand dar

Als außer­ge­wöhnliche Umstände im Sinne der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung können Vorkommnisse angesehen werden, die ihrer Natur oder Ursache nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betreffenden Luftfahrt­un­ter­nehmens sind und von ihm nicht tatsächlich beherrschbar sind. Zwar sind Luftfahrt­un­ter­nehmen regelmäßig mit Reifenschäden ihrer Flugzeuge konfrontiert, jedoch kann der Reifenschaden, der ausschließlich auf die Kollision mit einem Fremdkörper auf dem Rollfeld des Flughafens zurückzuführen ist, nicht seiner Natur oder Ursache nach als Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betreffenden Luftfahrt­un­ter­nehmens angesehen werden. Im Übrigen ist dieser Umstand von diesem nicht tatsächlich beherrschbar. Er ist daher ein außer­ge­wöhn­licher Umstand im Sinne der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung.

Keine Ausgleichs­pflicht bei Nachweis über alle getätigten möglichen Maßnahmen zur Verhinderung von Reifenschäden

Um sich jedoch von seiner Ausgleichs­pflicht nach der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung zu befreien, hat das Luftfahrt­un­ter­nehmen auch nachzuweisen, dass es alle ihm zur Verfügung stehenden personellen, materiellen und finanziellen Mittel eingesetzt hat, um zu vermeiden, dass der Austausch des durch einen Fremdkörper auf dem Rollfeld eines Flughafens beschädigten Reifens zu dieser großen Verspätung des betreffenden Fluges führt. Insoweit weist der Gerichtshof speziell zu Reifenschäden darauf hin, dass die Luftfahrt­un­ter­nehmen auf allen von ihnen angeflogenen Flughäfen Verträge über den Reifenaustausch schließen können, die ihnen eine vorrangige Behandlung gewährleisten.

Erläuterungen

* Verordnung (EG) Nr.261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unter­stüt­zungs­leis­tungen für Fluggäste im Fall der Nicht­be­för­derung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr.295/91 (ABl. 2004, L 46, S. 1).

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online (pm)

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