21.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil18.01.2018

Frankreich darf auf Vermögen von einem in China arbeitenden französischen Staats­an­ge­hörigen Sozialbeiträge erhebenErhebung von Sozialbeiträgen auf Einkünfte aus Vermögen französischer Staats­an­ge­höriger mit Arbeitsort in Nicht-EU-/EWR- Mitgliedstaat zulässig

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass auf Einkünfte aus Vermögen französischer Staats­an­ge­höriger, die in einem anderen Staat als einem EU-/EWR-Mitgliedstaat oder der Schweiz arbeiten, französische Sozialbeiträge erhoben werden dürfen.

In mehreren in den Jahren 2000 und 2015 ergangenen Urteilen hat der Gerichtshof geprüft, ob zwei französische Sozialabgaben (nämlich der Allgemeine Sozialbeitrag [contribution sociale généralisée - CSG] und der Beitrag zur Begleichung der Sozialschuld [contribution pour le remboursement de la dette sociale - CRDS]) auf Gehälter, Renten, Arbeits­lo­sengeld und Einkünfte aus Vermögen von Arbeitnehmern erhoben werden konnten, die zwar in Frankreich wohnten, aber dem Sozia­l­ver­si­che­rungsrecht eines anderen Mitgliedstaats unterlagen (im Allgemeinen, weil sie dort erwerbstätig waren).

Wander­a­r­beit­nehmer unterliegen bereits Sozia­l­ver­si­cherung im Beschäf­ti­gungs­mit­gliedstaat

Der Gerichtshof hat entschieden, dass zwischen den beiden fraglichen Beiträgen und der Sozia­l­ver­si­cherung ein unmittelbarer und hinreichend relevanter Zusammenhang bestand, da sie speziell und unmittelbar zur Finanzierung der französischen Sozia­l­ver­si­cherung oder zum Ausgleich des Defizits des allgemeinen französischen Sozia­l­ver­si­che­rungs­systems dienten. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Heranziehung der betreffenden Arbeitnehmer zu diesen Beiträgen sowohl mit dem Kumulie­rungs­verbot von Rechts­vor­schriften im Bereich der sozialen Sicherheit (Verordnung Nr. 1408/71***) als auch mit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und der Nieder­las­sungs­freiheit unvereinbar war. Da nämlich die Betroffenen als Wander­a­r­beit­nehmer der Sozia­l­ver­si­cherung im Beschäf­ti­gungs­mit­gliedstaat unterliegen, dürfen ihre Einkünfte, unabhängig davon, ob sie aus einem Arbeits­ver­hältnis oder aus ihrem Vermögen stammen, im Wohnsitz­mit­gliedstaat (hier Frankreich) nicht mit Abgaben belegt werden, die einen unmittelbaren und hinreichend relevanten Zusammenhang mit den Zweigen der sozialen Sicherheit aufweisen.

Anspruch auf Erstattung besteht nur für Personen aus EU-/EWR-Mitgliedstaat und der Schweiz

Im Rahmen der Durchführung des Urteils des Gerichtshofs aus dem Jahr 2015 erstattete die französische Finanz­ver­waltung die zu Unrecht erhobenen Abgaben. Sie stellte jedoch klar, dass das Recht auf Erstattung allein den in den Systemen der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) sowie der Schweiz versicherten natürlichen Personen vorbehalten sei, wodurch in einem System der sozialen Sicherheit eines Drittstaats versicherte natürliche Personen ausgeschlossen waren.

Erstat­tungs­an­spruch auch für in China ansässige und arbeitende französischer Staats­an­ge­hörige möglich?

In der vorliegenden Rechtssache ist der Gerichtshof vom französischen Conseil d’État (Staatsrat) mit der Frage befasst worden, ob dieser Ausschluss im Einklang mit dem Unionsrecht steht. Die Person, die hier eine Erstattung der auf ihre Einkünfte aus Vermögen (Einkünfte aus Immobilien und ein infolge der Veräußerung einer Immobilie erzielter Mehrwert) erhobenen Abgaben erlangen möchte, ist ein in China ansässiger und arbeitender französischer Staats­an­ge­höriger (Frédéric Jahin), der dort in einem privaten System der sozialen Sicher­heit­ver­sichert ist.

Erstat­tungs­aus­schluss stellt grundsätzlich Beschränkung der Kapita­l­ver­kehrs­freiheit dar

In seinem Urteil führt der Gerichtshof aus, dass der fragliche Ausschluss eine Beschränkung der Kapita­l­ver­kehrs­freiheit darstellt, da Unionsbürger, die in einem System der sozialen Sicherheit eines anderen (EU-/EWR-) Mitgliedstaats oder der Schweiz versichert sind, eine günstigere steuerliche Behandlung (in Form einer Befreiung von den fraglichen Abgaben oder ihrer Erstattung) genießen als französische Staats­an­ge­hörige, die in einem Drittstaat wohnen und in diesem Staat (hier China) in einem System der sozialen Sicherheit versichert sind.

Beschränkung der Kapital­verkehrs­freiheit gerechtfertigt

Nach Ansicht des Gerichtshofs ist diese Beschränkung im vorliegenden Fall aber gerechtfertigt, da ein objektiver Unterschied besteht zwischen zum einen einem französischen Staats­an­ge­hörigen wie Herrn Jahin, der in einem Drittstaat wohnt und dort in einem System der sozialen Sicherheit versichert ist, und zum anderen einem Unionsbürger, der in einem System der sozialen Sicherheit eines anderen Mitgliedstaats versichert ist: Nur dem Letztgenannten kann nämlich - aufgrund seiner Zu- oder Abwanderung innerhalb der Union - der Grundsatz der Anwendbarkeit nur eines Rechts im Bereich der sozialen Sicherheit zugutekommen. Da Herr Jahin nicht von seiner Freizügigkeit innerhalb der Union Gebrauch gemacht hat, kann er sich nicht auf diesen Grundsatz berufen. Daher können auf die Einkünfte aus Vermögen französischer Staats­an­ge­höriger, die in einem anderen Staat als einem EU-/EWR- Mitgliedstaat oder der Schweiz arbeiten, die französischen Sozialbeiträge erhoben werden.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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