14.11.2024
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Dokument-Nr. 11943

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Urteil12.07.2011Gerichtshof der Europäischen UnionC-324/09
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2011, 597Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2011, Seite: 597
  • ITRB 2011, 198Zeitschrift: Der IT-Rechts-Berater (ITRB), Jahrgang: 2011, Seite: 198
  • MMR 2011, 596Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2011, Seite: 596
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ergänzende Informationen

Gerichtshof der Europäischen Union Urteil12.07.2011

EuGH zur Haftung von eBay für durch Nutzer hervorgerufene Markenrechts­verletzungeneBay ist verpflichtet, Maßnahmen zur Beendigung und zur Vorbeugung von Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums zu treffen

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Verant­wort­lichkeit von Betreibern eines Internet-Marktplatzes wie beispielsweise eBay für die von Nutzern hervorgerufenen Verletzungen des Markenrechts präzisiert. Die nationalen Gerichte müssen demnach diesen Gesellschaften aufgeben können, Maßnahmen zu ergreifen, die nicht nur auf die Beendigung der Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums, sondern auch auf die Vorbeugung gegen erneute derartige Verletzungen gerichtet sind.

Das Portal eBay betreibt einen globalen elektronischen Marktplatz im Internet, auf dem natürliche und juristische Personen ein breites Spektrum an Waren und Dienst­leis­tungen kaufen und verkaufen können.

L’Oréal ist Inhaberin eines breiten Spektrums bekannter Marken. Der Vertrieb ihrer Erzeugnisse (vor allem kosmetische Mittel und Parfums) erfolgt über ein geschlossenes Vertriebssystem, in dessen Rahmen Vertragshändler keine Produkte an Nicht­ver­trags­händler liefern dürfen.

L'Oréal hält die von eBay unternommenen Bemühungen zur Verhinderung des Verkauf von rechts­ver­let­zenden Produkten für unzureichend

L’Oréal wirft eBay vor, an Marken­rechts­ver­stößen, die von Nutzern auf der eBay-Website begangen worden seien, beteiligt zu sein. Durch den Kauf von Schlüs­sel­wörtern von entgeltlichen Inter­ne­tre­fe­ren­zie­rungs­diensten (wie etwa AdWords von Google), die den Marken von L’Oréal entsprächen, leite eBay ihre Nutzer zu rechts­ver­let­zenden Waren, die auf ihrer Website zum Verkauf angeboten würden. Darüber hinaus seien die von eBay unternommenen Bemühungen, den Verkauf von rechts­ver­let­zenden Produkten auf ihrer Website zu verhindern, unzureichend. L’Oréal habe verschiedene Formen von Verstößen festgestellt, darunter den Verkauf und das Feilbieten von Markenprodukten von L’Oréal, die von dieser zum Verkauf in Drittstaaten bestimmt seien, an Verbraucher in der Union (Paralleleinfuhr).

Nationales Gericht legt EuGH Fragen zu den Voraussetzungen für mögliche Marken­rechts­verstöße vor

Der High Court (Vereintes Königreich), bei dem der Rechtsstreit anhängig ist, hat dem Gerichtshof der Europäischen Union mehrere Fragen zu den Verpflichtungen gestellt, die auf einem Betreiber eines Internet-Marktplatzes lasten können, um Marken­rechts­verstöße durch seine Nutzer zu verhindern.

Inhaber der Marke kann sich nur bei Verkäufen im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit auf ausschließ­liches Recht berufen

Der Gerichtshof hebt eingangs hervor, dass sich der Inhaber der Marke gegenüber einer natürlichen Person, die Markenprodukte online verkauft, nur dann auf sein ausschließ­liches Recht berufen kann, wenn diese Verkäufe im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit stattfinden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Verkäufe aufgrund ihres Umfangs und ihrer Häufigkeit über die Sphäre einer privaten Tätigkeit hinausgehen.

Regeln der Union greifen, sobald sich Verkaufs­an­gebote und Werbung an Verbraucher in der Union richten

Der Gerichtshof äußert sich zunächst zu der Geschäft­s­tä­tigkeit, die mittels Online-Marktplätzen wie dem von eBay auf die Union gerichtet ist. Er stellt fest, dass die Regeln der Union auf dem Gebiet der Marken auf Verkaufs­an­gebote und auf Werbung für in einem Drittstaat befindliche Markenprodukte ab dem Zeitpunkt zur Anwendung gelangen, zu dem sich herausstellt, dass sich diese Verkaufs­an­gebote und Werbung an Verbraucher in der Union richten.

Nationale Gerichte müssen im Einzelfall prüfen, ob sich Werbung an Verbraucher in der Union richtet

Es ist Sache der nationalen Gerichte, im Einzelfall zu prüfen, ob relevante Indizien vorliegen, die darauf schließen lassen, dass sich das Verkaufsangebot oder die Werbung, die auf einem Online-Marktplatz angezeigt werden, an Verbraucher in der Union richten. Die nationalen Gerichte werden beispielsweise den geografischen Gebieten Rechnung tragen können, in die der Verkäufer bereit ist, die Ware zu liefern.

Möglichkeit, Markenzeichen auf Website erscheinen zu lassen, ist nicht als Nutzung der Marke durch den Betreiber des Internet-Marktplatzes anzusehen

Der Gerichtshof entscheidet sodann, dass der Betreiber eines Internet-Marktplatzes Marken im Sinne der Rechts­vor­schriften der Union nicht selbst benutzt, wenn er eine Dienstleistung erbringt, die lediglich darin besteht, seinen Kunden zu ermöglichen, im Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeiten Marken entsprechende Zeichen auf seiner Website erscheinen zu lassen.

EuGH zu den Merkmalen der Verant­wort­lichkeit für Betreiber eines Internet-Marktplatzes

Darüber hinaus erläutert er einige Merkmale der Verant­wort­lichkeit des Betreibers eines Internet-Marktplatzes. Unter Hinweis darauf, dass diese Prüfung Sache der nationalen Gerichte ist, hält er es für erforderlich, dass der Betreiber bei geleisteter Hilfestellung, die u. a. darin besteht, die Präsentation der Online-Verkaufs­an­gebote zu optimieren oder diese Angebote zu bewerben, eine aktive Rolle spielt, die ihm eine Kenntnis der diese Angebote betreffenden Daten oder eine Kontrolle über sie verschaffen kann. Hat der Betreiber eine solche „aktive Rolle“ gespielt, kann er sich nicht auf die Ausnahme im Bereich der Verant­wort­lichkeit berufen, die das Unionsrecht unter bestimmten Voraussetzungen Erbringern von Online-Diensten wie Betreibern von Internet-Marktplätzen gewährt.

Betreiber kann sich nicht immer auf mögliche Ausnahme von Verant­wort­lichkeit berufen

Aber selbst in den Fällen, in denen dieser Betreiber keine solche aktive Rolle gespielt hat, kann er sich nicht auf diese Ausnahme von seiner Verant­wort­lichkeit berufen, wenn er sich etwaiger Tatsachen oder Umstände bewusst war, auf deren Grundlage ein sorgfältiger Wirtschafts­teil­nehmer die Rechts­wid­rigkeit der Online-Verkaufs­an­gebote hätte feststellen müssen, und wenn er, falls ein solches Bewusstsein gegeben war, nicht unverzüglich tätig geworden ist, um die betreffenden Daten zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren.

EuGH zu möglichen gerichtlichen Anordnungen

Der Gerichtshof äußert sich schließlich zu der Frage, welche gerichtlichen Anordnungen an den Betreiber eines Online-Marktplatzes gerichtet werden können, wenn er sich nicht aus eigenem Antrieb entschließt, die Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums abzustellen und zu vermeiden, dass sich diese Verletzungen wiederholen.

Urheber der Verletzung muss unter Berück­sich­tigung des Schutzes perso­nen­be­zogener Daten klar identifizierbar sein

So kann diesem Betreiber aufgegeben werden, Maßnahmen zu ergreifen, die die Identifizierung seiner als Verkäufer auftretenden Kunden erleichtern. Insoweit ist es zwar erforderlich, den Schutz der perso­nen­be­zogenen Daten zu beachten, doch muss der Urheber der Verletzung, sofern er im geschäftlichen Verkehr und nicht als Privatmann tätig wird, gleichwohl klar identifizierbar sein. Das Unionsrecht verlangt daher von den Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass die für den Schutz der Rechte des geistigen Eigentums zuständigen nationalen Gerichte dem Betreiber aufgeben können, Maßnahmen zu ergreifen, die nicht nur zur Beendigung der von Nutzern hervorgerufenen Verletzungen dieser Rechte, sondern auch zur Vorbeugung gegen erneute derartige Verletzungen beitragen. Diese Maßnahmen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein und dürfen keine Schranken für den rechtmäßigen Handel errichten.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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