21.11.2024
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Sie sehen eine stilisierte Weltkarte mit der Illustration eines Laptops, auf dem ein Paragraphenzeichen prangt.

Dokument-Nr. 4111

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Urteil19.04.2007BundesgerichtshofI ZR 35/04
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BGHZ 172, 119Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 172, Seite: 119
  • CR 2007, 523Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2007, Seite: 523
  • GRUR 2007, 708Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2007, Seite: 708
  • MDR 2007, 1442Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2007, Seite: 1442
  • MMR 2007, 507Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2007, Seite: 507
  • NJW 2007, 2636Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2007, Seite: 2636
  • WM 2007, 1434Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM), Jahrgang: 2007, Seite: 1434
  • ZIP 2007, 1621Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP), Jahrgang: 2007, Seite: 1621
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Düsseldorf, Urteil29.10.2002, 4a O 464/01
  • Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil26.02.2004, I-20 U 2004/02
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil19.04.2007

Bundes­ge­richtshof bestätigt Rechtsprechung zur Haftung von eBay bei Marken­ver­let­zungen (BGH Inter­net­ver­stei­gerung II)Auktionshaus kann als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden

Wenn in Inter­ne­t­auk­ti­o­ns­häusern (hier: eBay) Artikel verkauft werden, die fremde Markenrechte verletzen (z.B. gefälschte Markenprodukte), kann der verletzte Marken­rechts­inhaber von dem Auktionshaus verlangen, dass das entsprechende Angebot unverzüglich gesperrt wird. Das gilt jedenfalls bei eindeutig zu erkennenden Marken­ver­let­zungen. Das Auktionshaus hat auch dafür Sorge zu tragen, dass es nicht zu weiteren Marken­ver­let­zungen kommt. Das hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Der u. a. für das Marken- und Wettbe­wer­bsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat erneut darüber entschieden, unter welchen Voraussetzungen ein Internet-Auktionshaus auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn Anbieter auf seiner Plattform gefälschte Markenprodukte anbieten.

Die Klägerin stellt Uhren der Marke "ROLEX" her. Sie ist Inhaberin entsprechender europaweit geltender Marken (Gemein­schafts­marken) sowie nationaler Marken. Die Beklagte veranstaltet unter "ebay.de" Fremd­ver­stei­ge­rungen im Internet. Dabei werden die Angebote von den Anbietern regelmäßig ins Internet gestellt, ohne dass die Beklagte zuvor Kenntnis von diesen Angebote hat. Bei eBay wurden im Zeitraum von Juni 2000 bis Januar 2001 zahlreiche Uhren angeboten, die mit den für die Klägerin geschützten Marken versehen waren. Es handelte sich dabei zum Teil um Fälschungen. Die Klägerin, die darin eine Verletzung ihrer Marken sieht, hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Das Landgericht und das Berufungs­gericht haben die Klage abgewiesen.

Der Bundes­ge­richtshof hat an seiner Rechtsprechung zur Haftung von Internet-Auktionshäusern für Marken­ver­let­zungen festgehalten. Danach betrifft das im Teleme­di­en­gesetz (TMG) geregelte Haftungs­privileg für Host-Provider nur die strafrechtliche Verant­wort­lichkeit und die Schaden­s­er­satz­haftung, nicht dagegen den Unter­las­sungs­an­spruch. Daher kommt eine Haftung der Beklagten als Störerin in Betracht, weil sie mit ihrer Inter­net­plattform das Angebot gefälschter Uhren ermöglicht, auch wenn sie selbst nicht Anbieterin dieser Uhren ist. Eine solche Haftung setzt zunächst voraus, dass die jeweiligen Anbieter der gefälschten Uhren im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben, weil nur dann eine Marken­ver­letzung vorliegt. Die Beklagte muss – wenn sie von einem Markeninhaber auf eine klar erkennbare Rechts­ver­letzung hingewiesen wird – nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern grundsätzlich auch Vorsorge dafür treffen, dass es nicht zu weiteren entsprechenden Marken­ver­let­zungen kommt. Der BGH hat nochmals betont, dass der Beklagten auf diese Weise keine unzumutbaren Prüfungs­pflichten auferlegt werden dürfen, die das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen würden. Die Beklagte ist jedoch verpflichtet, technisch mögliche und ihr zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, damit gefälschte ROLEX-Uhren gar nicht erst im Internet angeboten werden können.

Der Bundes­ge­richtshof hat das angefochtene Urteil, das noch von einer generellen Haftungs­pri­vi­le­gierung von eBay ausgegangen war, aufgehoben und die Sache an das Oberlan­des­gericht zurückverwiesen. Es muss nunmehr noch geklärt werden, ob es sich in den Fällen, in denen die Beklagte auf Fälschungen hingewiesen worden ist, um eindeutig erkennbare Marken­ver­let­zungen gehandelt hat.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof

der Leitsatz

TMG § 10 Satz 1 (= TDG § 11 Satz 1); Gemein­schafts­ma­r­ken­ver­ordnung Art. 98 Abs. 1; Richtlinie 2004/48/EG Art. 11 Satz 3

a) Die Unanwendbarkeit des Haftungs­pri­vilegs gemäß § 10 Satz 1 TMG (= § 11 Satz 1 TDG 2001) auf Unter­las­sungs­ansprüche gilt nicht nur für den auf eine bereits geschehene Verletzung gestützten, sondern auch für den vorbeugenden Unter­las­sungs­an­spruch (Fortführung von BGHZ 158, 236, 246 ff. – Internet-Versteigerung I).

b) Die autonome Regelung des Unter­las­sungs­an­spruchs in Art. 98 Abs. 1 GMV ist durch Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (Durch­set­zungs­richtlinie) im Hinblick auf die Haftung von „Mittelspersonen“ ergänzt worden. Die Ausgestaltung dieser Haftung im Einzelnen bleibt den Mitgliedstaaten überlas-sen. Im deutschen Recht ist die Haftung von „Mittelspersonen“ durch die delikts­rechtliche Gehilfenhaftung, insbesondere aber durch die Störerhaftung gewährleistet.

c) Ein Störer kann auch dann vorbeugend auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn es noch nicht zu einer Verletzung des geschützten Rechts gekommen ist, eine Verletzung in der Zukunft aber aufgrund der Umstände zu befürchten ist. Voraussetzung dafür ist, dass der potentielle Störer eine Erstbe­ge­hungs­gefahr begründet.

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