22.11.2024
22.11.2024  
Sie sehen auf azurblauem Grund die zwölf goldenen Sterne, wie sie auch in der Europaflagge zu finden sind, wobei in der Mitte ein Paragraphenzeichen zu sehen ist.

Dokument-Nr. 8406

Drucken
ergänzende Informationen

Gerichtshof der Europäischen Union Urteil03.09.2009

EuGH: Keine Geldbuße für Papierfabrik wegen Beteiligung an einem KartellEntscheidung der Kommission fehlerhaft

Soweit es die Papierfabrik Bolloré SA betrifft, ist die Entscheidung der Kommission über die Festsetzung von Geldbußen wegen der Beteiligung an einem Kartell auf dem Markt der Selbst­durch­schrei­be­papiere nichtig. Dies hat der Europäische Gerichtshof entschieden.

Die Kommission hatte in ihrer Entscheidung die Verantwortung von Bolloré SA wegen deren eigener Beteiligung und auch deren Beteiligung in ihrer Eigenschaft als Mutter­ge­sell­schaft ihres Tochter­un­ter­nehmens Copigraph, um die allein es in der Mitteilung der Beschwer­de­punkte ging, bejaht und damit die Vertei­di­gungs­rechte von Bolloré SA verletzt.

Geldbußen wegen Beteiligung an einem Kartell

Mit Entscheidung vom 20. Dezember 2001 setzte die Kommission Geldbußen in Höhe von insgesamt 313,7 Millionen Euro gegen zehn Unternehmen wegen ihrer Beteiligung an einem Kartell zur Festsetzung der Preise und Aufteilung des Marktes für Selbst­durch­schrei­be­papier fest, das hauptsächlich dem Ziel diente, vereinbarte Preiserhöhungen durchzusetzen. Gegen das Unternehmen Sappi, den elften Teilnehmer an dem Kartell, wurde überhaupt keine Geldbuße festgesetzt, da es das erste Unternehmen war, das bei der Untersuchung kooperiert und entscheidende Beweise vorgelegt hatte.

Geldbußen teilweise herabgesetzt

Mit Urteil vom 26. April 2007 hat das Gericht erster Instanz die von den Unternehmen gegen die Entscheidung der Kommission erhobenen Klagen zum größten Teil abgewiesen, aber die Geldbußen gegen zwei Unternehmen herabgesetzt, und zwar im Fall der Papelera Guipuzcoana de Zicuñaga SA (von 1,54 Millionen auf 1,309 Millionen Euro) und der Arjo Wiggins Appelton plc (von 184,27 Millionen auf 141,75 Millionen Euro).

Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt

Drei Unternehmen, die Papierfabrik August Koehler AG (33,07 Millionen Euro), Bolloré SA (22,68 Millionen Euro) und Dístribuidora Vizcaína de Papeles SL (1,75 Millionen Euro) haben gegen dieses Urteil Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt.

Hinweis des Gerichts zur Mitteilung der Beschwer­de­punkte

Der Gerichtshof hat darauf hingewiesen, dass die Beachtung der Vertei­di­gungs­rechte einen fundamentalen Grundsatz des Gemein­schafts­rechts darstellt. Deshalb muss die Mitteilung der Beschwer­de­punkte die wesentlichen einem Unternehmen zur Last gelegten Gesichtspunkte wie den ihm vorgeworfenen Sachverhalt, dessen Einstufung und die von der Kommission herangezogenen Beweismittel enthalten, damit sich das Unternehmen im Rahmen des Verwal­tungs­ver­fahrens, das gegen es eingeleitet worden ist, sachgerecht äußern kann. Die Mitteilung der Beschwer­de­punkte muss eindeutig angeben, gegen welche juristische Person Geldbußen festgesetzt werden könnten, und muss an diese Person gerichtet sein. Ebenso muss in der Mitteilung der Beschwer­de­punkte angegeben werden, in welcher Eigenschaft dem Unternehmen die behaupteten Tatsachen zur Last gelegt werden.

Bolloré nicht unmittelbar an Kartell beteiligt

Das Gericht hat in seinem Urteil festgestellt, dass die Entscheidung der Kommission fehlerhaft sei, weil in dieser Bolloré die Zuwiderhandlung aufgrund ihrer eigenen unmittelbaren Beteiligung an dem Kartell zugerechnet worden sei, obwohl ihr die Zuwiderhandlung in der Mitteilung der Beschwer­de­punkte nur in ihrer Eigenschaft als 100 prozentige Mutter­ge­sell­schaft ihrer Tochter­ge­sell­schaft Copigraph zugerechnet worden sei. Das Gericht hat die Ansicht vertreten, dass der festgestellte Fehler jedoch nicht zur Nichti­g­er­klärung der Entscheidung führe, da andere in der Entscheidung berücksichtigte Umstände, zu denen Bolloré habe Stellung nehmen können, der Kommission erlaubt hätten, die Verantwortung von Bolloré für das rechtswidrige Verhalten ihrer Tochter­ge­sell­schaft unabhängig von ihrer eigenen unmittelbaren Beteiligung zu bejahen. Da das Gericht der Meinung gewesen ist, dass der Rechtsverstoß der Kommission sich auf die Höhe der gegen Bolloré festgesetzten Geldbuße nicht auswirke, hat es die Entscheidung, soweit sie Bolloré mit der Sanktion einer Geldbuße belegt hat, bestätigt.

Möglichkeit zur Verteidigung bestand eventuell nicht

Der Gerichtshof hat festgestellt, dass auch dann, wenn in der streitigen Entscheidung die Verantwortung von Bolloré nicht nur wegen ihrer eigenen Beteiligung, sondern auch wegen ihrer Beteiligung in ihrer Eigenschaft als Mutter­ge­sell­schaft von Copigraph bejaht worden ist, dies nicht ausschließt, dass sich die Entscheidung möglicherweise auf Verhal­tens­weisen gründet, in Bezug auf die Bolloré sich nicht hat verteidigen können. Aufgrund dessen hat der Gerichtshof das Urteil des Gerichts, soweit es Bolloré betrifft, aufgehoben.

Der Gerichtshof hat den Rechtsstreit selbst entschieden und die Entscheidung für nichtig erklärt, soweit sie Bolloré betrifft.

In Übrigen hat er die Rechtsmittel der Papierfabrik August Koehler AG und der Dístribuidora Vizcaína de Papeles SL zurückgewiesen.

Quelle: ra-online, EuGH

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil8406

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI