18.10.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil11.05.2017

Luft­fahrt­unternehmen trägt Beweislast für rechtzeitige Unterrichtung der Fluggäste über AnnullierungenBei fehlendem Nachweis ist Luft­fahrt­unternehmen zur Ausgleichs­zahlung gemäß Unions­ver­ordnung verpflichtet

Ein Luft­fahrt­unternehmen, das nicht beweisen kann, dass ein Fluggast über die Annullierung seines Flugs mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden ist, hat ihm einen Ausgleich zu leisten. Dies gilt nicht nur bei einem unmittelbar zwischen dem Fluggast und dem Luft­fahrt­unternehmen, sondern auch bei einem über einen Online-Reisevermittler geschlossenen Beför­de­rungs­vertrag. Dies geht aus einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union hervor.

Herr Krijgsman buchte über einen Online-Reisevermittler einen Hin- und Rückflug von Amsterdam Schiphol (Niederlande) nach Paramaribo (Surinam) mit der Luftfahrt­ge­sell­schaft Surinaamse Luchtvaart Maatschappij (SLM). Der Hinflug war für den 14. November 2014 vorgesehen. Am 9.Oktober 2014 unterrichtete SLM den Reisevermittler über die Annullierung dieses Flugs. Am 4. November 2014 wurde Herr Krijgsman mit einer E-Mail des Reise­ver­mittlers darüber unterrichtet.

Fluggast fordert Entschädigung

Unter Berufung auf die Unions­ver­ordnung über Ausgleichs­leis­tungen für Fluggäste bei Annullierung von Flügen* forderte Herr Krijgsman von SLM die Zahlung des darin geregelten Pauschalbetrags von 600 Euro. Diese Verordnung sieht u.a. vor, dass den Fluggästen vom Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichs­leis­tungen eingeräumt wird, es sei denn sie sind über die Annullierung des Flugs mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden.

Luftfahrt­ge­sell­schaft und Reise­ver­an­stalter weisen Verantwortung von sich

SLM verweigerte Herrn Krijgsman jedoch einen Ausgleich mit der Begründung, dass die Information über die Änderung des Abflugdatums am 9. Oktober 2014 an den Reisevermittler weitergegeben worden sei. Der Reisevermittler wies seinerseits gegenüber Herrn Krijgsman jede Verantwortung von sich, da sich seine Geschäfts­be­sorgung auf den Abschluss von Verträgen zwischen Fluggästen und Luftfahrt­un­ter­nehmen beschränke und er somit nicht für Flugplan­än­de­rungen verantwortlich sei. Die Unterrichtung der Fluggäste obliege in einer solchen Situation dem Luftfahrt­un­ter­nehmen, dem die E-Mail-Adresse des Fluggastes mit dem Buchungsvorgang übermittelt werde.

Nieder­län­disches Gericht erbittet Entscheidung des EuGH

Daraufhin verklagte Herr Krijgsman SLM bei der Rechtbank Noord-Nederland (Bezirksgericht Nordniederlande) auf Zahlung des Ausgleichs. Da dieses Gericht der Ansicht war, dass die europäische Verordnung keinen Aufschluss gebe, in welcher Weise ein Luftfahrt­un­ter­nehmen die Fluggäste im Fall der Annullierung eines Flugs informieren müsse, wenn ein Beför­de­rungs­vertrag über einen Reisevermittler oder eine Website geschlossen worden sei, hat es beschlossen, den Gerichtshof der Europäischen Union dazu zu befragen.

Luftfahrt­un­ter­nehmen muss rechtzeitige Unterrichtung der Fluggäste über Annullierung beweisen können

In seinem Urteil weist der Gerichtshof darauf hin, dass nach der Verordnung das Luftfahrt­un­ter­nehmen die Beweislast dafür trägt, ob und wann der Fluggast über die Annullierung des Flugs unterrichtet wurde. Wenn das Luftfahrt­un­ter­nehmen nicht beweisen kann, dass der Fluggast über die Annullierung seines Flugs mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden ist, ist es zur Zahlung des in der Verordnung vorgesehen Ausgleichs verpflichtet.

Luftfahrt­un­ter­nehmen kann beteiligte Dritte gegebenenfalls in Regress nehmen

Der Gerichtshof stellt klar, dass eine solche Auslegung nicht nur gilt, wenn der Beför­de­rungs­vertrag unmittelbar zwischen dem Fluggast und dem Luftfahrt­un­ter­nehmen geschlossen wurde, sondern auch dann, wenn er über einen Dritten wie einen Online-Reisevermittler geschlossen wurde. Der Gerichtshof stellt aber auch fest, dass die Erfüllung der Verpflichtungen gemäß der Verordnung durch das Luftfahrt­un­ter­nehmen dessen Recht unbeschadet lässt, nach geltendem Recht bei anderen Personen, von denen der Verstoß des Luftfahrt­un­ter­nehmens gegen seine Verpflichtungen ausgeht, auch Dritten, Regress zu nehmen. Die Verordnung beschränkt nämlich in keiner Weise das Recht des Luftfahrt­un­ter­nehmens, Erstattung von einem Reise­un­ter­nehmen oder einer anderen Person zu verlangen, mit der es in einer Vertrags­be­ziehung steht.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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