21.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil01.04.2008

Gleich­ge­schlecht­licher Lebenspartner kann Anspruch auf Witwerrente aus berufs­s­tän­dischem Versor­gungs­system habenEuropäischer Gerichtshof unterbindet Diskriminierung aufgrund sexueller Ausrichtung

Der Europäische Gerichtshof hat die Rechte homosexueller Partner gestärkt. Das jeweilige nationale Gericht hat zu prüfen, ob sich der überlebende Lebenspartner in einer Situation befindet, die mit der eines Ehegatten, der die betreffende Hinter­blie­be­nen­ver­sorgung erhält, vergleichbar ist.

Im Jahr 2001 begründete Herr Maruko nach dem einschlägigen deutschen Gesetz eine eingetragene Leben­s­part­ner­schaft mit einem Kostümbildner. Dieser war seit 1959 bei der Versor­gungs­anstalt der deutschen Bühnen (VddB), dem Träger der Alters- und Hinter­blie­be­nen­ver­si­cherung für die an deutschen Theatern tätigen Bühnen­an­ge­hörigen, versichert. Der Lebenspartner verstarb im Jahr 2005, woraufhin Herr Maruko bei der VddB Witwerrente beantragte. Sein Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die Satzung der VddB einen solchen Anspruch für Lebenspartner nicht vorsehe.

Bayerisches Verwal­tungs­gericht München rief den EuGH an

Das Bayerische Verwal­tungs­gericht München, das über die von Herrn Maruko erhobene Klage zu entscheiden hat, hat den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften angerufen, um in Erfahrung zu bringen, ob die Weigerung, einem Lebenspartner Hinterbliebenenversorgung zu gewähren, eine nach der Richtlinie über die Gleich­be­handlung in Beschäftigung und Beruf verbotene Diskriminierung darstellt. Mit dieser Richtlinie soll u. a. die Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung bekämpft werden.

Kann die Hinter­blie­be­nen­ver­sorgung als Arbeitsentgelt eingestuft werden?

Da sich die Richtlinie jedoch nicht auf die Sozia­l­ver­si­cherungs- und Sozial­schutz­systeme erstreckt, deren Leistungen nicht einem Arbeitsentgelt im Sinne des Gemein­schafts­rechts gleichgestellt werden, muss der Gerichtshof zunächst prüfen, ob die streitige Hinter­blie­be­nen­ver­sorgung als Arbeitsentgelt eingestuft werden kann. Dazu stellt er fest, dass sich das berufs­s­tän­dische Versor­gungs­system der VddB auf einen Tarifvertrag gründet, der die Sozia­l­leis­tungen ergänzen soll, die nach den allgemein anwendbaren nationalen Rechts­vor­schriften gewährt werden. Dieses Versor­gungs­system wird ausschließlich von den Arbeitnehmern und deren Arbeitgebern unter Ausschluss jeder finanziellen Beteiligung seitens des Staates finanziert.

Darüber hinaus betrifft das Ruhegeld, auf dessen Grundlage die Hinter­blie­be­nen­ver­sorgung berechnet wird, nur eine besondere Gruppe von Arbeitnehmern, und seine Höhe bemisst sich nach der Versi­che­rungsdauer des Arbeitnehmers und der Höhe der entrichteten Beiträge. Die Hinter­blie­be­nen­ver­sorgung entspringt somit dem Arbeits­ver­hältnis des verstorbenen Partners und ist daher als Arbeitsentgelt einzuordnen. Aus diesem Grund findet die Richtlinie Anwendung. Zur Frage, ob die Weigerung, dem eingetragenen Lebenspartner die Hinter­blie­be­nen­ver­sorgung zu gewähren, eine Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung darstellt, stellt der Gerichtshof im Lichte des Vorla­ge­be­schlusses fest, dass Deutschland zwar die Ehe Personen verschiedenen Geschlechts vorbehalten, jedoch die Leben­s­part­ner­schaft geschaffen hat, deren Bedingungen schrittweise denen der Ehe angeglichen worden sind. Nach den Satzungs­be­stim­mungen der VddB wird die Hinter­blie­be­nen­ver­sorgung aber nur überlebenden Ehegatten gewährt. Somit erfahren Lebenspartner, da ihnen die Versorgung verweigert wird, in diesem Fall eine weniger günstige Behandlung als überlebende Ehegatten.

Verweigerung der Hinter­blie­be­nen­ver­sorgung stellt unmittelbare Diskriminierung dar, wenn der überlebende Lebenspartner und der überlebende Ehegatte sich in vergleichbaren Situationen befinden

Demzufolge hat der Gerichtshof entschieden, dass die Weigerung, Lebenspartnern die Hinter­blie­be­nen­ver­sorgung zu gewähren, eine unmittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung darstellt, falls sich überlebende Ehegatten und überlebende Lebenspartner in Bezug auf diese Versorgung in einer vergleichbaren Situation befinden. Es ist Sache des Bayerischen Verwal­tungs­ge­richts München, diese Voraussetzung zu prüfen.

Quelle: ra-online, EuGH

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