18.01.2025
Urteile, erschienen im Dezember 2024
  Mo Di Mi Do Fr Sa So
48       1
49 2345678
50 9101112131415
51 16171819202122
52 23242526272829
1 3031     
Urteile, erschienen im Januar 2025
  Mo Di Mi Do Fr Sa So
1   12345
2 6789101112
3 13141516171819
4 20212223242526
5 2728293031  
Unser Newsletter wird demnächst umgestellt...

Als Nachfolger des erfolgreichen Portals kostenlose-urteile.de werden wir demnächst auch dessen Newsletter übernehmen und unter dem Namen urteile.news weiter betreiben.

Solange können Sie sich noch über kostenlose-urteile.de bei unserem Newsletter anmelden. Er enthält trotz des Namens kostenlose-urteile.de alle neuen Urteilsmeldungen von urteile.news und verweist auch dahin.

Wir bitten für die Unannehmlichkeiten um ihr Verständnis.

> Anmeldung und weitere Informationen
18.01.2025  
Sie sehen auf azurblauem Grund die zwölf goldenen Sterne, wie sie auch in der Europaflagge zu finden sind, wobei in der Mitte ein Paragraphenzeichen zu sehen ist.
ergänzende Informationen

Gerichtshof der Europäischen Union Urteil22.12.2010

EuGH: Ilonka Fürstin von Sayn-Wittgenstein muss in Österreich auf deutschen Adelstitel verzichtenEU-Land darf Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedsstaat erworbenen Adelstitels zur Wahrung des Gleich­heits­satzes verweigern

Ein Mitgliedstaat darf es aus Erwägungen der öffentlichen Ordnung ablehnen, den Adelstitel eines seiner Staats­an­ge­hörigen, wie er in einem anderen Mitgliedstaat erworben wurde, anzuerkennen. Die Europäische Union stellt die Wahrung des Grundsatzes der Gleichheit der Bürger sicher. Mit dem öster­rei­chischen Adels­auf­he­bungs­gesetz wird dieser Grundsatz ausgeführt. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.

Frau Ilonka Sayn-Wittgenstein, eine in Deutschland wohnende österreichische Staats­an­ge­hörige, erhielt nach ihrer Adoption im Jahr 1991 durch Herrn Lothar Fürst von Sayn-Wittgenstein, einen deutschen Staats­an­ge­hörigen, dessen Nachnamen samt Adelstitel in der Form „Fürstin von Sayn-Wittgenstein“ als Geburtsnamen. Unter diesem Namen wurde ihr in Deutschland ein Führerschein ausgestellt, und sie gründete dort ein Unternehmen. Die öster­rei­chischen Behörden trugen ihrerseits diesen neuen Namen in das österreichische Perso­nen­stands­re­gister ein. Sie erneuerten auch einen Reisepass und stellten zwei Staats­bür­ger­schafts­nachweise aus, sämtlich auf den Namen Ilonka Fürstin von Sayn-Wittgenstein.

Wiener Standesbehörde entfernt Adelstitel von Ilonka Sayn-Wittgenstein aus Eintrag im Geburtenbuch

Der österreichische Verfas­sungs­ge­richtshof entschied jedoch 2003 in einem ähnlichen Fall, dass es nach dem Adels­auf­he­bungs­gesetz von 1919 – das im Verfassungsrang stehe und den Gleichheitsgrundsatz ausführe – unzulässig sei, dass ein öster­rei­chischer Staatsbürger aufgrund einer Adoption durch einen deutschen Staats­an­ge­hörigen, der einen Adelstitel rechtmäßig als Teil des Namens führe, einen Namen erwerbe, der diesen Adelstitel enthalte. Da die Wiener Standesbehörde im Anschluss an dieses Erkenntnis die Frau Ilonka Fürstin von Sayn-Wittgenstein nach ihrer Adoption ausgestellte Geburtsurkunde als unrichtig ansah, berichtigte sie den Eintrag im Geburtenbuch auf „Sayn-Wittgenstein“.

Sayn-Wittgenstein hält Nicht­a­n­er­kennung des Adelstitels für Beein­träch­tigung ihres Freizü­gig­keits­rechts

Vor dem öster­rei­chischen Verwal­tungs­ge­richtshof macht Frau Sayn-Wittgenstein geltend, dass die Nicht­a­n­er­kennung der namens­recht­lichen Folgen ihrer Adoption eine Beein­träch­tigung ihres Freizü­gig­keits­rechts – da sie dadurch gezwungen werde, in zwei Mitgliedstaaten unter­schiedliche Namen zu führen – sowie, durch die Änderung ihres Namens, den sie 15 Jahre lang geführt habe, einen Eingriff in ihr Familienleben darstelle.

Nationales Gericht legt EuGH Frage zur möglichen Verletzung des Grundsatzes der Freizügigkeit und des freien Aufenthalts der Unionsbürger vor

In diesem Zusammenhang möchte das österreichische Gericht vom Gerichtshof wissen, ob es der Grundsatz der Freizügigkeit und des freien Aufenthalts der Unionsbürger zulässt, dass die öster­rei­chischen Behörden es ablehnen, den Nachnamen eines öster­rei­chischen Staats­an­ge­hörigen, wie er in Deutschland, wo dieser Staats­an­ge­hörige wohnt, bestimmt wurde, in allen seinen Bestandteilen anzuerkennen, weil dieser Name einen Adelstitel enthält, der nach öster­rei­chischem Verfas­sungsrecht unzulässig ist.

Mitglieds­s­taaten müssen bei Regelung zu Adelstiteln Unionsrecht beachten

Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass zwar die Regelung des Nachnamens einer Person und von Adelstiteln in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, dass diese dabei aber gleichwohl das Unionsrecht beachten müssen. So gehört der Name zur Identität einer Person und zu ihrem Privatleben, deren Schutz in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten niedergelegt ist.

Freizügigkeit

Freizügigkeit dar'> Der Gerichtshof hat bereits in seinem Urteil vom 14. Oktober 2008 festgestellt, dass jedes Mal, wenn der von einer Person in einer konkreten Situation benutzte Name nicht dem Namen entspricht, der in seinem Ausweis steht, oder wenn in zwei zusammen vorgelegten Dokumenten nicht derselbe Name steht, Zweifel an der Identität dieser Person, an der Echtheit der Dokumente oder an der Wahrheits­ge­mäßheit der Angaben entstehen können. Schon die konkrete Gefahr, Zweifel an der Identität der eigenen Person ausräumen zu müssen, stellt eine Beein­träch­tigung der Freizügigkeit dar.

Beein­träch­tigung muss in angemessenem Verhältnis zum legitimerweise verfolgten Zweck stehen

Diese Beein­träch­tigung lässt sich jedoch rechtfertigen, wenn sie auf objektiven Erwägungen beruht und in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dem nationalen Recht legitimerweise verfolgten Zweck steht.

Adels­auf­he­bungs­gesetz kann vor dem Hintergrund der öster­rei­chischen Verfas­sungs­ge­schichte als Recht­fer­ti­gungsgrund der öffentlichen Ordnung angesehen werden

Der Gerichtshof weist dazu darauf hin, dass die Union die nationale Identität ihrer Mitgliedstaaten achtet, zu der auch die republikanische Staatsform gehört. Demgemäß kann das Adels­auf­he­bungs­gesetz vor dem Hintergrund der öster­rei­chischen Verfas­sungs­ge­schichte als ein Recht­fer­ti­gungsgrund der öffentlichen Ordnung angesehen werden und muss daher gegen das vom Unionsrecht gewährte Recht der Freizügigkeit von Personen abgewogen werden.

Da dieser Begriff der öffentlichen Ordnung eine Ausnahme von einer Grundfreiheit rechtfertigen soll, ist er eng zu verstehen, und seine Tragweite darf nicht von jedem Mitgliedstaat einseitig ohne Nachprüfung durch die Unionsorgane bestimmt werden. Allerdings können die konkreten Umstände, die allenfalls die Berufung auf den Begriff der öffentlichen Ordnung rechtfertigen, von einem Mitgliedstaat zum anderen und im zeitlichen Wechsel verschieden sein. Den inner­staat­lichen Behörden kommt innerhalb der durch den Vertrag gesetzten Grenzen ein Beurtei­lungs­spielraum zu.

Adels­auf­he­bungs­gesetz soll allgemeinen Grundsatz der Gleichheit aller öster­rei­chischen Staatsbürger bewirken

Was Österreich betrifft, zeigt sich, dass das Adels­auf­he­bungs­gesetz die Ausführung des allgemeinen Grundsatzes der Gleichheit aller öster­rei­chischen Staatsbürger vor dem Gesetz darstellt. Die Unions­rechts­ordnung zielt darauf ab, den Gleich­heits­grundsatz als allgemeinen Rechtsgrundsatz zu wahren.

Maßnahmen, durch die eine Grundfreiheit eingeschränkt wird, können nur dann durch Gründe der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt werden, wenn sie zum Schutz der Belange, die sie gewährleisten sollen, erforderlich sind und diese Ziele nicht mit weniger einschränkenden Maßnahmen erreicht werden können.

Verbot eines Adelstitels, der suggeriert einen Rang innezuhaben, zur Wahrung des Gleich­heits­satzes nicht unver­hält­nismäßig

Nach Auffassung des Gerichtshofs ist es nicht unver­hält­nismäßig, wenn ein Mitgliedstaat das Ziel der Wahrung des Gleich­heits­satzes dadurch erreichen will, dass er seinen Angehörigen den Erwerb, den Besitz oder den Gebrauch von Adelstiteln oder von Bezeichnungen verbietet, die glauben machen könnten, dass derjenige, der den Namen führt, einen solchen Rang innehat.

Gerichtshof verneint ungerecht­fertigte Beein­träch­tigung des Rechts der Unionsbürger auf Freizügigkeit und freien Aufenthalt durch nationale Regelung

Die Antwort Gerichtshofs lautet daher, dass es keine ungerecht­fertigte Beein­träch­tigung des Rechts der Unionsbürger auf Freizügigkeit und freien Aufenthalt darstellt, wenn die Behörden eines Mitgliedstaats es ablehnen, den Namen eines seiner Staats­an­ge­hörigen, wie er in einem zweiten Mitgliedstaat bei seiner Adoption als Erwachsener durch einen Angehörigen dieses zweiten Staates bestimmt wurde, in allen seinen Bestandteilen anzuerkennen, wenn dieser Name einen Adelstitel enthält, der im ersten Mitgliedstaat aus verfas­sungs­recht­lichen Gründen unzulässig ist.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil10772

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI