21.11.2024
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Dokument-Nr. 33525

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Europäischer Gerichtshof Urteil28.11.2023

Öffentliche Verwaltung kann Mitarbeiterin das Tragen eines Kopftuches verbietenVerbot des Tragens sichtbarer weltan­schauliche oder religiöse Zeichen zur Schaffung eines vollständig neutralen Verwal­tungs­umfeld sachlich gerechtfertigt

Eine öffentliche Verwaltung kann das sichtbare Tragen von Zeichen, die weltan­schauliche oder religiöse Überzeugungen erkennen lassen, verbieten, um ein vollständig neutrales Verwal­tungs­umfeld zu schaffen. Eine solche Regel ist nicht diskriminierend, wenn sie allgemein und unterschiedslos auf das gesamte Personal dieser Verwaltung angewandt wird und sich auf das absolut Notwendige beschränkt. Dies hat der EuGH entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Einer Bediensteten der Gemeinde Ans (Belgien), die als Büroleiterin ganz überwiegend ohne Publi­kums­kontakt tätig ist, wurde es untersagt, am Arbeitsplatz das islamische Kopftuch zu tragen. Anschließend änderte die Gemeinde ihre Arbeitsordnung und schrieb in der Folge ihren Arbeitnehmern eine strikte Neutralität vor: Jede Form von Proselytismus ist untersagt, und das Tragen von auffälligen Zeichen ideologischer oder religiöser Zugehörigkeit ist allen Arbeitnehmern, auch denen, die keinen Publi­kums­kontakt haben, verboten. Die Betroffene möchte feststellen lassen, dass sie in ihrer Religi­o­ns­freiheit verletzt wurde und diskriminiert wird. Dem mit dem Rechtsstreit befassten Arbeitsgericht Lüttich stellt sich die Frage, ob die von der Gemeinde aufgestellte Regel der strikten Neutralität eine gegen das Unionsrecht verstoßende Diskriminierung begründet.

Strikte Regeln für vollständig neutrales Umfeld erlaubt

Der Gerichtshof antwortet, dass die Politik der strikten Neutralität, die eine öffentliche Verwaltung ihren Arbeitnehmern gegenüber durchsetzen will, um bei sich ein vollständig neutrales Verwal­tungs­umfeld zu schaffen, als durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt angesehen werden kann. Ebenso gerechtfertigt ist die Entscheidung einer anderen öffentlichen Verwaltung für eine Politik, die allgemein und undifferenziert das Tragen von sichtbaren Zeichen u. a. weltan­schau­licher oder religiöser Überzeugungen, auch bei Publi­kums­kontakt, gestattet, oder ein Verbot des Tragens solcher Zeichen beschränkt auf Situationen, in denen es zu Publi­kums­kontakt kommt.

EU-Länder können selbst über Kopftuch entscheiden

Die Mitgliedstaaten und die unterhalb der staatlichen Ebene angesiedelten Einheiten verfügen nämlich über einen Wertungs­spielraum bei der Ausgestaltung der Neutralität des öffentlichen Dienstes, die sie in dem für sie spezifischen Kontext am Arbeitsplatz fördern wollen. Dieses Ziel muss aber in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden, und die zu seiner Erreichung getroffenen Maßnahmen müssen sich auf das absolut Notwendige beschränken. Es ist Sache der nationalen Gerichte, zu prüfen, ob diese Anforderungen erfüllt sind.

Quelle: Europäischer Gerichtshof, ra-online (pm/ab)

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