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- NJW 2013, 365Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 365
- NZV 2013, 188Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2013, Seite: 188
- BGH legt EuGH Fragen zu Ausgleichsansprüchen bei verspäteter Ankunft am Endziel gemäß der Fluggastrechteverordnung vorBundesgerichtshof, Beschluss09.12.2010, Xa ZR 80/10
- EuGH: Recht auf Entschädigung ab Flugverspätung von drei StundenGerichtshof der Europäischen Union, Urteil19.11.2009, C-402/07 und C-432/07
Gerichtshof der Europäischen Union Urteil22.11.2012
Flugannullierung: Frist für Klagerhebung auf Ausgleichsleistungen bestimmen nationale Rechtsvorschriften der MitgliedsstaatenEuGH zur Verjährung von Klagefristen für Ausgleichszahlungen bei Flugannullierungen
Die Frist für die Erhebung von Klagen auf Ausgleichsleistung wegen Annullierung von Flügen bestimmt sich nach den nationalen Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten. Dies geht aus einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union hervor.
Das Unionsrecht* gewährt den Fluggästen einen Ausgleichsanspruch, der je nach der Entfernung und dem Zielort ihres annullierten Flugs variiert, sofern nicht die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn vom Luftfrachtführer alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Die Fluggäste können diesen Anspruch vor den nationalen Gerichten geltend machen. Die europäische Regelung enthält jedoch keine Bestimmung über die Frist, innerhalb deren Klagen auf Ausgleichsleistung erhoben werden können.
Sachverhalt
Herr Cuadrench Moré erwarb bei der Fluggesellschaft KLM ein Ticket für einen am 20. Dezember 2005 vorgesehenen Flug von Shanghai nach Barcelona. Da dieser Flug annulliert wurde, war Herr Cuadrench Moré gezwungen, am darauffolgenden Tag mit einer anderen Fluggesellschaft via München zu fliegen.
Geschädigter erhebt erst mehr als drei Jahre später Klage auf Ausgleichsleistungen
Am 27. Februar 2009 – das heißt mehr als drei Jahre später – erhob Herr Cuadrench Moré bei einem spanischen Gericht Klage gegen KLM, mit der er eine Ausgleichsleistung von 2.990 Euro nebst Zinsen und Kosten als Ersatz des Schadens begehrte, den er aufgrund der Annullierung seines Flugs erlitten hatte.
Fluggesellschaft verweist auf Verjährung der Klage
KLM machte geltend, dass die Klage verjährt sei, da die in den Übereinkünften von Warschau** und Montreal*** vorgesehene zweijährige Frist für die Erhebung von Schadensersatzklagen gegen Luftfrachtführer verstrichen sei.
Nationales Gericht legt EuGH Frage zur Frist für Klageverjährung vor
Vor diesem Hintergrund stellt die mit der Rechtssache befasste Audencia Provincial de Barcelona (Spanien) dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage, ob sich die Frist für die Erhebung von Klagen auf Zahlung der im Unionsrecht vorgesehenen Ausgleichsleistungen nach dem Übereinkommen von Montreal oder nach anderen Bestimmungen, insbesondere nach den Vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten über die Klageverjährung, bestimmt.
Frist richtet sich nach Vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten
In seinem Urteil gelangt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass sich die Frist für die Erhebung von Klagen auf Zahlung der im Unionsrecht für die Annullierung von Flügen vorgesehenen Ausgleichsleistung nach den Vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten über die Klageverjährung bestimmt.
Verfahrensmodalitäten müssen Grundsatz der Effektivität und Grundsatz der Äquivalenz wahren
In dieser Hinsicht weist der Gerichtshof darauf hin, dass es in Ermangelung einer entsprechenden unionsrechtlichen Regelung Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaats ist, die Verfahrensmodalitäten für Klagen festzulegen, die den Schutz der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Jedoch müssen diese Verfahrensmodalitäten den Grundsatz der Effektivität und den Grundsatz der Äquivalenz im Vergleich zu den im innerstaatlichen Recht für ähnliche Situationen vorgesehenen Modalitäten wahren.
Unionsrecht führt eigenständiges System für Wiedergutmachung von Schäden ein
Der Gerichtshof fügt dem hinzu, dass diese Feststellung nicht mit den Bestimmungen der Übereinkünfte von Warschau und Montreal in Zweifel gezogen werden kann, da die in der Verordnung Nr. 261/2004 vorgesehene Ausgleichsmaßnahme nicht in den Anwendungsbereich dieser Übereinkünfte fällt, auch wenn sie die von diesen vorgesehene Schadensersatzregelung ergänzt. Das Unionsrecht führt nämlich ein eigenständiges System der standardisierten und sofortigen Wiedergutmachung von Schäden ein, die aus den auf Verspätungen und auf Annullierungen von Flügen beruhenden Unannehmlichkeiten entstehen. Dieses System tritt neben die Übereinkünfte von Warschau und Montreal.
Erläuterungen
* Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. L 46, S. 1).** Abkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, unterzeichnet in Warschau am 12. Oktober 1929, in der durch das Haager Protokoll vom 28. September 1955, das Abkommen von Guadalajara vom 18. September 1961, das Protokoll von Guatemala vom 8. März 1971 sowie die vier Zusatzprotokolle von Montreal vom 25. September 1975 geänderten und ergänzten Fassung.
*** Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, geschlossen in Montreal am 28. Mai 1999, unterzeichnet von der Europäischen Gemeinschaft am 9. Dezember 1999 und genehmigt in ihrem Namen durch Beschluss 2001/539/EG vom 5. April 2001 (ABl. L 194, S. 38).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.11.2012
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online
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