15.11.2024
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Dokument-Nr. 14684

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Urteil22.11.2012Gerichtshof der Europäischen UnionC-139/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2013, 365Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 365
  • NZV 2013, 188Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2013, Seite: 188
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ergänzende Informationen

Gerichtshof der Europäischen Union Urteil22.11.2012

Flugan­nul­lierung: Frist für Klagerhebung auf Ausgleichs­leis­tungen bestimmen nationale Rechts­vor­schriften der Mitglieds­s­taatenEuGH zur Verjährung von Klagefristen für Ausgleichs­zah­lungen bei Flugan­nul­lie­rungen

Die Frist für die Erhebung von Klagen auf Ausgleichs­leistung wegen Annullierung von Flügen bestimmt sich nach den nationalen Rechts­vor­schriften der einzelnen Mitgliedstaaten. Dies geht aus einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union hervor.

Das Unionsrecht* gewährt den Fluggästen einen Ausgleichs­an­spruch, der je nach der Entfernung und dem Zielort ihres annullierten Flugs variiert, sofern nicht die Annullierung auf außer­ge­wöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn vom Luftfracht­führer alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Die Fluggäste können diesen Anspruch vor den nationalen Gerichten geltend machen. Die europäische Regelung enthält jedoch keine Bestimmung über die Frist, innerhalb deren Klagen auf Ausgleichsleistung erhoben werden können.

Sachverhalt

Herr Cuadrench Moré erwarb bei der Fluggesellschaft KLM ein Ticket für einen am 20. Dezember 2005 vorgesehenen Flug von Shanghai nach Barcelona. Da dieser Flug annulliert wurde, war Herr Cuadrench Moré gezwungen, am darauffolgenden Tag mit einer anderen Flugge­sell­schaft via München zu fliegen.

Geschädigter erhebt erst mehr als drei Jahre später Klage auf Ausgleichs­leis­tungen

Am 27. Februar 2009 – das heißt mehr als drei Jahre später – erhob Herr Cuadrench Moré bei einem spanischen Gericht Klage gegen KLM, mit der er eine Ausgleichs­leistung von 2.990 Euro nebst Zinsen und Kosten als Ersatz des Schadens begehrte, den er aufgrund der Annullierung seines Flugs erlitten hatte.

Flugge­sell­schaft verweist auf Verjährung der Klage

KLM machte geltend, dass die Klage verjährt sei, da die in den Übereinkünften von Warschau** und Montreal*** vorgesehene zweijährige Frist für die Erhebung von Schaden­s­er­satz­klagen gegen Luftfracht­führer verstrichen sei.

Nationales Gericht legt EuGH Frage zur Frist für Klageverjährung vor

Vor diesem Hintergrund stellt die mit der Rechtssache befasste Audencia Provincial de Barcelona (Spanien) dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage, ob sich die Frist für die Erhebung von Klagen auf Zahlung der im Unionsrecht vorgesehenen Ausgleichs­leis­tungen nach dem Übereinkommen von Montreal oder nach anderen Bestimmungen, insbesondere nach den Vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten über die Klageverjährung, bestimmt.

Frist richtet sich nach Vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten

In seinem Urteil gelangt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass sich die Frist für die Erhebung von Klagen auf Zahlung der im Unionsrecht für die Annullierung von Flügen vorgesehenen Ausgleichs­leistung nach den Vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten über die Klageverjährung bestimmt.

Verfah­rens­mo­da­litäten müssen Grundsatz der Effektivität und Grundsatz der Äquivalenz wahren

In dieser Hinsicht weist der Gerichtshof darauf hin, dass es in Ermangelung einer entsprechenden unions­recht­lichen Regelung Sache der inner­staat­lichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaats ist, die Verfah­rens­mo­da­litäten für Klagen festzulegen, die den Schutz der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Jedoch müssen diese Verfah­rens­mo­da­litäten den Grundsatz der Effektivität und den Grundsatz der Äquivalenz im Vergleich zu den im inner­staat­lichen Recht für ähnliche Situationen vorgesehenen Modalitäten wahren.

Unionsrecht führt eigenständiges System für Wieder­gut­machung von Schäden ein

Der Gerichtshof fügt dem hinzu, dass diese Feststellung nicht mit den Bestimmungen der Übereinkünfte von Warschau und Montreal in Zweifel gezogen werden kann, da die in der Verordnung Nr. 261/2004 vorgesehene Ausgleichs­maßnahme nicht in den Anwen­dungs­bereich dieser Übereinkünfte fällt, auch wenn sie die von diesen vorgesehene Schaden­s­er­satz­re­gelung ergänzt. Das Unionsrecht führt nämlich ein eigenständiges System der standa­r­di­sierten und sofortigen Wieder­gut­machung von Schäden ein, die aus den auf Verspätungen und auf Annullierungen von Flügen beruhenden Unannehm­lich­keiten entstehen. Dieses System tritt neben die Übereinkünfte von Warschau und Montreal.

Erläuterungen
* Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unter­stüt­zungs­leis­tungen für Fluggäste im Fall der Nicht­be­för­derung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. L 46, S. 1).

** Abkommen zur Verein­heit­lichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, unterzeichnet in Warschau am 12. Oktober 1929, in der durch das Haager Protokoll vom 28. September 1955, das Abkommen von Guadalajara vom 18. September 1961, das Protokoll von Guatemala vom 8. März 1971 sowie die vier Zusatz­pro­tokolle von Montreal vom 25. September 1975 geänderten und ergänzten Fassung.

*** Übereinkommen zur Verein­heit­lichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, geschlossen in Montreal am 28. Mai 1999, unterzeichnet von der Europäischen Gemeinschaft am 9. Dezember 1999 und genehmigt in ihrem Namen durch Beschluss 2001/539/EG vom 5. April 2001 (ABl. L 194, S. 38).

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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