23.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil11.06.2015

Universal­dienst­richt­linie: Mitglieds­s­taaten sind nicht zum Angebot von Sozialtarifen für Mobil­kom­mu­ni­kation und mobile Inter­ne­ta­bon­nements verpflichtetFestnetz­ge­stützte Telefonie- und Inter­ne­ta­bon­nements bedürfen dagegen des Angebots von Sozialtarifen

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass die Universal­dienst­richt­linie nicht zu Sozialtarifen für Mobil­kom­mu­ni­kation und mobile Inter­ne­ta­bon­nements verpflichtet. Hingegen müssen für festnetz­ge­stützte Telefonie- und Inter­ne­ta­bon­nements Sozialtarife für bestimmte Gruppen von Verbrauchern angeboten werden.

Die Univer­sa­l­dien­stricht­linie* legt das Mindestangebot an Diensten fest, das allen Endnutzern zugänglich sein muss. Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass die benannten Unternehmen den Verbrauchern besondere Tarifoptionen oder Tarifbündel anbieten, insbesondere um sicherzustellen, dass einkom­mens­schwache Personen oder Personen mit besonderen sozialen Bedürfnissen Zugang zu den betreffenden Diensten haben. Die Nettokosten der Univer­sa­l­dienst­ver­pflich­tungen können von den Mitgliedstaaten unter den Betreibern von elektronischen Kommu­ni­ka­ti­o­ns­netzen und -diensten aufgeteilt werden.

Sachverhalt

Im Jahr 2013 erhoben Base Company und Mobistar, zwei Betreiber, die in Belgien elektronische Kommu­ni­ka­ti­o­ns­dienste erbringen, vor dem belgischen Verfas­sungs­ge­richtshof Klage auf Nichti­g­er­klärung des Finan­zie­rungs­me­cha­nismus, der im belgischen Gesetz zur Umsetzung der Univer­sa­l­dien­strichtlinie vorgesehen ist. Dieser Mechanismus erlegt Betreibern, deren Umsatz bestimmte Schwellenwerte erreicht oder übersteigt, zur Finanzierung der Nettokosten in Verbindung mit der Bereitstellung besonderer Tarif­kon­di­tionen für bestimmte Gruppen von Begünstigten die Zahlung eines Beitrags auf. Nach Ansicht von Base Company und Mobistar verstößt die Verpflichtung, einen Beitrag zur Finanzierung der Nettokosten zu leisten, die sich aus der Bereitstellung von mobilen Kommu­ni­ka­ti­o­ns­diensten und/oder Inter­ne­ta­bon­nements ergeben, gegen das Unionsrecht.

Nationales Gericht erbittet Vorab­ent­scheidung des EuGH

Der Verfas­sungs­ge­richtshof entschied, dem Gerichtshof Fragen zur Vorab­ent­scheidung vorzulegen. Er möchte wissen, ob die Sondertarife und der Finan­zie­rungs­me­cha­nismus, die in der Univer­sa­l­dien­strichtlinie vorgesehen sind, auf mobile Kommu­ni­ka­ti­o­ns­dienste und/oder Inter­ne­ta­bon­nements anwendbar sind.

Mitglieds­s­taaten müssen Anschluss an öffentliches Kommu­ni­ka­ti­o­nsnetz an einem "festen Standort" sicherstellen

In seinem Urteil stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass die Mitgliedstaaten durch die Univer­sa­l­dien­strichtlinie ausdrücklich verpflichtet werden, den Anschluss an ein öffentliches Kommu­ni­ka­ti­o­nsnetz an einem festen Standort sicherzustellen. Allerdings ist die Wortfolge "an einem festen Standort" das Gegenteil von "mobil".

Mobile Kommu­ni­ka­ti­o­ns­dienste sind defini­ti­o­nsgemäß nicht von Vorgaben der Richtlinie umfasst

Nach Auffassung des Gerichtshofs sind daher mobile Kommu­ni­ka­ti­o­ns­dienste defini­ti­o­nsgemäß von dem in der Richtlinie festgelegten Mindestangebot an Univer­sa­l­diensten ausgeschlossen, denn deren Erbringung setzt keinen Zugang zu und keinen Anschluss an ein öffentliches Kommu­ni­ka­ti­o­nsnetz an einem festen Standort voraus. Auch Inter­ne­ta­bon­nements, die mittels mobiler Kommu­ni­ka­ti­o­ns­dienste erbracht werden, fallen nicht unter dieses Mindestangebot. Hingegen sind Inter­ne­ta­bon­nements in diesem Mindestangebot enthalten, wenn ihre Erbringung einen Internetanschluss an einem festen Standort voraussetzt.

Mitglieds­s­taaten können mobile Kommu­ni­ka­ti­o­ns­dienste freiwillig als zusätzliche Pflichtdienste im Sinne der Univer­sa­l­dien­strichtlinie ansehen

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass es den Mitgliedstaaten freisteht, mobile Kommu­ni­ka­ti­o­ns­dienste einschließlich Inter­ne­ta­bon­nements, die mittels mobiler Kommu­ni­ka­ti­o­ns­dienste erbracht werden, als zusätzliche Pflichtdienste im Sinne der Univer­sa­l­dien­strichtlinie anzusehen. In diesem Fall kann jedoch kein Mechanismus mit Beteiligung bestimmter Unternehmen zur Finanzierung dieser Dienste vorgeschrieben werden.

Erläuterungen

* Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommu­ni­ka­ti­o­ns­netzen und -diensten (ABl. L 108, S. 51) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl. L 337, S. 11) geänderten Fassung.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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