Die Universaldienstrichtlinie* legt das Mindestangebot an Diensten fest, das allen Endnutzern zugänglich sein muss. Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass die benannten Unternehmen den Verbrauchern besondere Tarifoptionen oder Tarifbündel anbieten, insbesondere um sicherzustellen, dass einkommensschwache Personen oder Personen mit besonderen sozialen Bedürfnissen Zugang zu den betreffenden Diensten haben. Die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen können von den Mitgliedstaaten unter den Betreibern von elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten aufgeteilt werden.
Im Jahr 2013 erhoben Base Company und Mobistar, zwei Betreiber, die in Belgien elektronische Kommunikationsdienste erbringen, vor dem belgischen Verfassungsgerichtshof Klage auf Nichtigerklärung des Finanzierungsmechanismus, der im belgischen Gesetz zur Umsetzung der Universaldienstrichtlinie vorgesehen ist. Dieser Mechanismus erlegt Betreibern, deren Umsatz bestimmte Schwellenwerte erreicht oder übersteigt, zur Finanzierung der Nettokosten in Verbindung mit der Bereitstellung besonderer Tarifkonditionen für bestimmte Gruppen von Begünstigten die Zahlung eines Beitrags auf. Nach Ansicht von Base Company und Mobistar verstößt die Verpflichtung, einen Beitrag zur Finanzierung der Nettokosten zu leisten, die sich aus der Bereitstellung von mobilen Kommunikationsdiensten und/oder Internetabonnements ergeben, gegen das Unionsrecht.
Der Verfassungsgerichtshof entschied, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Er möchte wissen, ob die Sondertarife und der Finanzierungsmechanismus, die in der Universaldienstrichtlinie vorgesehen sind, auf mobile Kommunikationsdienste und/oder Internetabonnements anwendbar sind.
In seinem Urteil stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass die Mitgliedstaaten durch die Universaldienstrichtlinie ausdrücklich verpflichtet werden, den Anschluss an ein öffentliches Kommunikationsnetz an einem festen Standort sicherzustellen. Allerdings ist die Wortfolge "an einem festen Standort" das Gegenteil von "mobil".
Nach Auffassung des Gerichtshofs sind daher mobile Kommunikationsdienste definitionsgemäß von dem in der Richtlinie festgelegten Mindestangebot an Universaldiensten ausgeschlossen, denn deren Erbringung setzt keinen Zugang zu und keinen Anschluss an ein öffentliches Kommunikationsnetz an einem festen Standort voraus. Auch Internetabonnements, die mittels mobiler Kommunikationsdienste erbracht werden, fallen nicht unter dieses Mindestangebot. Hingegen sind Internetabonnements in diesem Mindestangebot enthalten, wenn ihre Erbringung einen Internetanschluss an einem festen Standort voraussetzt.
Der Gerichtshof weist darauf hin, dass es den Mitgliedstaaten freisteht, mobile Kommunikationsdienste einschließlich Internetabonnements, die mittels mobiler Kommunikationsdienste erbracht werden, als zusätzliche Pflichtdienste im Sinne der Universaldienstrichtlinie anzusehen. In diesem Fall kann jedoch kein Mechanismus mit Beteiligung bestimmter Unternehmen zur Finanzierung dieser Dienste vorgeschrieben werden.
Erläuterungen
* Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (ABl. L 108, S. 51) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl. L 337, S. 11) geänderten Fassung.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.06.2015
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online