21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen auf azurblauem Grund die zwölf goldenen Sterne, wie sie auch in der Europaflagge zu finden sind, wobei in der Mitte ein Paragraphenzeichen zu sehen ist.
ergänzende Informationen

Gerichtshof der Europäischen Union Urteil11.03.2010

EuGH: Angebots­kopplung für Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­dienste unzulässigErbringung von Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­diensten dürfen nicht von weiteren Vertrags­ab­sch­lüssen des Endverbrauchers abhängig gemacht werden

Ein Mitgliedstaat kann es einem Unternehmen untersagen, den Abschluss eines Vertrags über die Erbringung von Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­diensten davon abhängig zu machen, dass der Endnutzer einen weiteren Vertrag schließt. Eine nationale Regelung, die von bestimmten Ausnahmen abgesehen Kopplungs­an­gebote ungeachtet der spezifischen Umstände des konkreten Falles verbietet, ist jedoch mit dem Verbrau­cher­schutzrecht der Union unvereinbar. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften.

Ein polnisches Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­gesetz von 2004 sieht vor, dass der Präsident des Urzad Komunikacji Elektronicznej (polnisches Amt für elektronische Kommunikation, UKE) einem Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­un­ter­nehmen mit beträchtlicher Marktmacht auf dem Markt für Endkun­den­dienste zum Schutz des Endnutzers vorschreiben kann, den Endnutzer nicht zur Inanspruchnahme von Diensten zu verpflichten, die für ihn entbehrlich sind.

Bereitstellung eines Breitband-Internetzugangs darf nicht von Vertrags­ab­schluss über Telefondienste abhängig gemacht werde

Der Präsident des UKE gab der Telekomunikacja Polska SA w Warszawie (TP) mit Entscheidung vom 28. Dezember 2006 auf, festgestellte Rechtsverstöße zu beenden, die darin bestünden, dass der Abschluss eines Vertrags über die Bereitstellung des Breitband-Internetzugangs „neostrada tp“ vom Abschluss eines Vertrags über Telefondienste abhängig gemacht werde.

Polnisches Gericht legt Frage zur Vereinbarkeit der EU-Richtlinien mit nationaler Regelung dem EuGH vor

Nach Abweisung der Klage gegen diese Entscheidung erhob TP Kassa­ti­o­ns­be­schwerde beim Naczelny Sad Administracyjny (Haupt­ver­wal­tungs­gericht, Polen). Dieses Gericht hat den Gerichtshof nach der Vereinbarkeit einer nationalen Regelung, wonach Unternehmen ohne Beurteilung der Intensität des Wettbewerbs auf dem Markt und unabhängig von ihrer Marktstellung die Kopplung ihrer Dienst­leis­tungen untersagt ist, mit den Richtlinien des gemeinsamen Rechtsrahmens für elektronische Kommunikation gefragt.

Richtlinie soll nationale Regulie­rungs­behörde bei der Beurteilung eines wirksamen Wettbewerbs im Kommu­ni­ka­ti­o­ns­bereich unterstützen

Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass mit der Rahmen­richtlinie ein harmonisierter Rahmen für die Regulierung elektronischer Kommu­ni­ka­ti­o­ns­dienste und Kommu­ni­ka­ti­o­nsnetze sowie zugehöriger Einrichtungen und zugehöriger Dienste vorgegeben werden soll. Die Richtlinie legt insbesondere die Aufgaben der nationalen Regulie­rungs­be­hörden fest, die eine Analyse der relevanten Märkte im Bereich der elektronischen Kommunikation durchführen und beurteilen, ob auf ihnen wirksamer Wettbewerb herrscht. Ist dies bei einem Markt nicht der Fall, erlegt die betreffende nationale Regulie­rungs­behörde den Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auf diesem Markt Vorab­ver­pflich­tungen auf.

Unternehmen dürfen Teilnehmer nicht für nicht notwendige oder nicht beantragte Dienste zahlen lassen

Sodann stellt der Gerichtshof fest, dass die Univer­sa­l­dien­strichtlinie auf die Gewährleistung der Verfügbarkeit unionsweiter hochwertiger, öffentlich zugänglicher Dienste durch wirksamen Wettbewerb und Angebots­vielfalt abzielt und gleichzeitig die Fälle regelt, in denen die Bedürfnisse der Endnutzer durch den Markt nicht ausreichend befriedigt werden können. Zu diesem Zweck begründet die Richtlinie die Rechte der Endnutzer und die entsprechenden Pflichten von Unternehmen, die öffentlich zugängliche elektronische Kommu­ni­ka­ti­o­nsnetze und -dienste bereitstellen. Dementsprechend stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die benannten Unternehmen die Bedingungen so festlegen, dass der Teilnehmer nicht für Einrichtungen oder Dienste zu zahlen hat, die nicht notwendig oder für den beantragten Dienst nicht erforderlich sind.

Regelung zum Verbot gekoppelter Verkäufe greift nicht in Befugnisse der nationalen Regulie­rungs­behörde ein

In diesem Zusammenhang befindet der Gerichtshof, dass eine Regelung, die allgemein und unterschiedslos gekoppelte Verkäufe untersagt, nicht in die Befugnis der betreffenden nationalen Regulie­rungs­behörde eingreift, die verschiedenen Märkte für elektronische Kommunikation festzulegen und zu analysieren. Ebenso wenig greift sie in die Befugnis der nationalen Regulie­rungs­behörde ein, nach Durchführung einer Marktanalyse den Unternehmen, die über beträchtliche Marktmacht auf diesem Markt verfügen, regulatorische Vorab­ver­pflich­tungen aufzuerlegen.

Zwar sind die nationalen Regulie­rungs­be­hörden bei der Ausübung ihrer Aufgaben verpflichtet, die Interessen der Bürger der Union zu fördern, indem sie einen weit gehenden Verbrau­cher­schutz gewährleisten, doch sehen die Rahmen­richtlinie und die Univer­sa­l­dien­strichtlinie keine vollständige Harmonisierung der Aspekte des Verbrau­cher­schutzes vor.

Nationale Regelung, die Verpflichtung zur Vertrags­kop­pe­lungen untersagt, nach Univer­sa­l­richtlinie nicht verboten

Der Gerichtshof entscheidet deshalb, dass eine nationale Regelung, wonach es Unternehmen zum Schutz der Endnutzer untersagt ist, den Abschluss eines Vertrags über die Erbringung von Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­diensten davon abhängig zu machen, dass der Endnutzer einen Vertrag über die Erbringung weiterer Dienste schließt, nicht nach der Rahmen­richtlinie und der Univer­sa­l­richtlinie verboten sein kann.

Hinsichtlich der Verbrau­cher­schutz­vor­schriften der Union, und zwar der Richtlinie über unlautere Geschäft­s­praktiken, weist der Gerichtshof darauf hin, dass diese einer nationalen Regelung entgegensteht, die von bestimmten Ausnahmen abgesehen Kopplungs­an­gebote eines Verkäufers an einen Verbraucher ungeachtet der spezifischen Umstände des konkreten Falles verbietet.

Er stellt allerdings klar, dass die Richtlinie 2005/29 angesichts der Tatsache, dass die im Ausgangs­ver­fahren streitigen Entscheidungen vor dem Ablauf der Frist für ihre Umsetzung erlassen wurden, erst seit diesem Zeitpunkt, also dem 12. Dezember 2007, auf den Ausgangsfall anwendbar ist.

Quelle: ra-online, EuGH

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil9341

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI