21.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil01.07.2010

EuGH: Festlegung eines Gebühren-Höchstbetrags für Telefon­num­mer­n­über­tragung bei Anbieterwechsel zulässigVerbraucher dürfen durch Dienst­leis­tungs­ge­bühren nicht von der Möglichkeit von einer Übertragung Gebrauch zu machen abgeschreckt werden

Die abschreckende Wirkung einer direkten Gebühr für die Übertragung von Telefonnummern von einem Betreiber zum nächsten ist unter Berück­sich­tigung der dem Betreiber im Zusammenhang mit der Erbringung dieser Dienstleistung entstehenden Kosten zu beurteilen. Um zu verhindern, dass die Verbraucher davon abgeschreckt werden, von der Möglichkeit der Übertragung Gebrauch zu machen, kann die nationale Regulie­rungs­behörde jedoch den Höchstbetrag dieser Gebühr unterhalb der Kosten festsetzen. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften.

Mit einer Entscheidung von 2006 verhängte der Präsident der für elektronische Kommunikation zuständigen polnischen nationalen Regulie­rungs­behörde gegen die Polska Telefonia Cyfrowa sp. z o.o. (PTC) eine Geldbuße von 100 000 PLN (ungefähr 24.350,- Euro) mit der Begründung, dass die einmalige Gebühr von 122 PLN (ungefähr 29,70 Euro), die PTC vom 28. März 2006 bis 31. Mai 2006 bei einem Wechsel des Betreibers erhoben habe, gegen das Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­gesetz verstoße, weil ein solcher Betrag die Teilnehmer von PTC davon abschrecke, von ihrer Berechtigung zur Nummer­n­über­tragung Gebrauch zu machen.

Nummer­n­über­tragung soll nicht ohne Berück­sich­tigung der Kosten für die Dienstleistung des Betreibers berechnet werden könne

Gegen diese Entscheidung erhob PTC Klage, weil sie der Auffassung war, dass der Betrag der einmaligen Gebühr für die Nummer­n­über­tragung – Nummer­n­über­trag­barkeit bedeutet die Möglichkeit des Telefon­teil­nehmers, beim Betrei­ber­wechsel dieselbe Telefonnummer zu behalten – nicht ohne Berück­sich­tigung der Kosten, die dem Betreiber im Zusammenhang mit der Erbringung dieser Dienstleistung entstünden, berechnet werden könne.

Gericht legt EuGH Frage zur Zulässigkeit der nationalen Regelung hinsichtlich der Kosten für die Nummer­n­über­tragung vor

Der mit einer Kassa­ti­o­ns­be­schwerde angerufene Sad Najwyzszy (polnisches Oberstes Gericht) hat den Gerichtshof gefragt, ob die zuständige nationale Regulie­rungs­behörde, wenn sie dafür Sorge trägt, dass direkte Gebühren, die von den Verbrauchern für die Inanspruchnahme der Dienstleistung der Nummer­n­über­tragung zu zahlen sind, diese nicht abschrecken, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Kosten berücksichtigen muss, die den Betreibern von Mobilfunknetzen entstehen.

Recht auf Nummer­n­über­tragung soll Entwicklung eines wirksamen Wettbewerbs sicherstellen

Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass das Recht auf Nummer­n­über­tragung Hindernisse für die freie Wahl der Verbraucher insbesondere zwischen Mobil­funk­be­treibern beseitigen und damit die Entwicklung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem Markt für Telefondienste sicherstellen soll.

Verbraucher dürfen durch Gebühren nicht abgeschreckt werden

Wie der Gerichtshof weiter ausführt, sieht die Univer­sa­l­dien­strichtlinie zur Erreichung dieser Ziele vor, dass die nationalen Regulie­rungs­be­hörden dafür sorgen, dass die Preise für die Zusam­men­schaltung im Zusammenhang mit der Nummer­n­über­trag­barkeit koste­n­o­ri­entiert sind und etwaige direkte Gebühren für die Verbraucher diese nicht abschrecken, diese Dienstleistung in Anspruch zu nehmen.

Zusammenhang zwischen Kosten für Betreiber und Gebühren für Verbraucher ausgeschlossen

Der Gerichtshof schließt daraus, dass die dem Betreiber entstehenden Kosten der Zusam­men­schaltung und die Höhe der direkten Gebühr für die Verbraucher grundsätzlich miteinander zusammenhängen. Dieser Zusammenhang ermöglicht einen Kompromiss zwischen den Interessen der Verbraucher und denen der Betreiber.

Nationale Regelung muss Objektivität, Wirksamkeit und Transparenz der Preisgestaltung gewährleisten

Der Gerichtshof unterstreicht, dass die Methode, die von der nationalen Regulie­rungs­behörde gewählt wird, um zu beurteilen, ob die direkte Gebühr abschreckende Wirkung hat, im Einklang mit den Grundsätzen der Preisgestaltung für die Zusam­men­schaltung stehen muss, um die Objektivität, die volle Wirksamkeit und die Transparenz dieser Preisgestaltung zu gewährleisten.

Nationale Regulie­rungs­behörde muss Gebüh­ren­schwelle der Verbraucher ermitteln

Es ist daher Aufgabe der nationalen Regulie­rungs­behörde, mittels einer objektiven und verlässlichen Methode sowohl die den Betreibern im Zusammenhang mit der Erbringung der Dienstleistung der Nummer­n­über­tragung entstehenden Kosten als auch die Gebüh­ren­schwelle zu ermitteln, ab der die Verbraucher möglicherweise auf diese Dienstleistung verzichten.

Regulie­rungs­behörde muss bei möglicher abschreckender Wirkung auf Verbraucher direkter Gebühr widersprechen

Im Anschluss an diese Prüfung muss die nationale Regulie­rungs­behörde gegebenenfalls der Anwendung einer direkten Gebühr widersprechen, die, obwohl sie im Verhältnis zu den genannten Kosten steht, unter Berück­sich­tigung aller der nationalen Regulie­rungs­behörde zur Verfügung stehenden Daten abschreckende Wirkung auf den Verbraucher hätte. In diesem Fall kann die nationale Regulie­rungs­behörde zu dem Befund gelangen, dass die direkte Gebühr, die vom Verbraucher verlangt werden kann, niedriger sein muss, als sie es wäre, wenn sie allein anhand der mittels einer objektiven und verlässlichen Methode ermittelten Kosten bestimmt würde, die den Betreibern im Zusammenhang mit der Gewährleistung der Nummer­n­über­trag­barkeit entstehen.

Regulie­rungs­behörde darf Höchstbetrag der Gebühr festsetzen, sofern Nutzer von der Möglichkeit der Übertragung Gebrauch zu machen, abgeschreckt werden könnten

Der Gerichtshof entscheidet deshalb, dass die nationale Regulie­rungs­behörde die Kosten berücksichtigen muss, die den Betreibern von Mobilfunknetzen im Zusammenhang mit der Erbringung der Dienstleistung der Nummer­n­über­tragung entstehen, wenn sie beurteilt, ob die von den Verbrauchern für die Inanspruchnahme dieser Dienstleistung zu zahlende direkte Gebühr abschreckend wirkt. Sie bleibt aber befugt, den Höchstbetrag der Gebühr, die die Betreiber verlangen können, unterhalb der diesen entstehenden Kosten festzusetzen, wenn eine allein anhand dieser Kosten berechnete Gebühr die Nutzer davon abschrecken könnte, von der Möglichkeit der Übertragung Gebrauch zu machen.

Quelle: ra-online, EuGH

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