14.12.2024
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Dokument-Nr. 34233

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Urteil29.07.2024Gerichtshof der Europäischen UnionC-112/22 CU und C-223/22 ND
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil29.07.2024

EuGH rügt mindestens zehnjähriges Wohnsit­zer­for­dernis in ItalienZehn Jahre Wohnsitz als Voraussetzung für Sozialhilfe zu lang

Der Zugang langfristig aufenthalts­berechtigter Dritt­staats­angehöriger zu einer Maßnahme der sozialen Sicherheit, der Sozialhilfe oder des Sozialschutzes darf nicht davon abhängig gemacht werden, dass sie mindestens zehn Jahre in einem Mitgliedstaat gewohnt haben. Denn es handelt sich laut EuGH dabei um eine nicht gerechtfertigte mittelbare Diskriminierung.

Zwei in Italien langfristig aufent­halts­be­rechtigte Drittstaatsangehörige werden angeklagt, eine Straftat begangen zu haben. Ihnen wird vorgeworfen, Anträge auf das „Minde­st­ein­kommen für Staats­an­ge­hörige“, das eine Sozia­l­hil­fe­leistung zur Sicherung des Existenz­mi­nimums darstellt, unterzeichnet und darin wahrheitswidrig erklärt zu haben, dass sie die Voraussetzungen für die Gewährung dieser Leistung erfüllten, einschließlich der Voraussetzung, mindestens zehn Jahre, davon die letzten beiden Jahre ununterbrochen, in Italien gewohnt zu haben. Sie sollen dadurch unrechtmäßig einen Betrag von insgesamt 3 414,40 Euro bzw. 3 186,66 Euro erlangt haben. Das Gericht Neapel (Italien) möchte vom Gerichtshof wissen, ob diese Wohnsitz­vor­aus­setzung mit der Richtlinie über langfristig aufent­halts­be­rechtigte Dritt­staats­an­ge­hörige vereinbar ist.

Wohnsitz­vor­aus­setzung stellt mittelbare Diskriminierung dar

Der Gerichtshof stellt zunächst fest, dass die in Rede stehende Wohnsitz­vor­aus­setzung eine mittelbare Diskriminierung der langfristig aufent­halts­be­rech­tigten Dritt­staats­an­ge­hörigen darstellt. Zwar gilt diese Voraussetzung auch für Inländer, sie betrifft aber hauptsächlich Ausländer, zu denen u. a. Dritt­staats­an­ge­hörige gehören. Sodann prüft der Gerichtshof, ob diese Ungleich­be­handlung durch die Unter­schied­lichkeit der jeweiligen Bindungen der eigenen Staats­an­ge­hörigen und der langfristig aufent­halts­be­rech­tigten Dritt­staats­an­ge­hörigen zu dem betreffenden Mitgliedstaat gerechtfertigt werden kann.

Frist darf nicht einseitig verlängert werden

Der Gerichtshof stellt fest, dass die Richtlinie die Voraussetzung eines ununter­bro­chenen rechtmäßigen Aufenthalts von fünf Jahren im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats vorsieht, damit ein Drittstaatsangehöriger die Rechtsstellung eines langfristig Aufent­halts­be­rech­tigten erlangen kann. Der Unions­ge­setzgeber hat diesen Zeitraum als ausreichend angesehen, um Anspruch auf Gleich­be­handlung mit den Staats­an­ge­hörigen dieses Mitgliedstaats insbesondere in Bezug auf Maßnahmen der sozialen Sicherheit, der Sozialhilfe und des Sozialschutzes zu haben. Folglich kann ein Mitgliedstaat die Aufent­haltsdauer, die nach der Richtlinie erforderlich ist, damit ein langfristig aufent­halts­be­rech­tigter Dritt­staats­an­ge­höriger hinsichtlich des Zugangs zu einer solchen Maßnahme Gleich­be­handlung mit den Staats­an­ge­hörigen dieses Mitgliedstaats beanspruchen kann, nicht einseitig verlängern. Schließlich stellt der Gerichtshof fest, dass es dem betreffenden Mitgliedstaat auch untersagt ist, eine falsche Erklärung betreffend eine unions­rechts­widrige Wohnsitz­vor­aus­setzung strafrechtlich zu ahnden.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union, ra-online (pm/ab)

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