Bayerisches Oberstes Landesgericht Urteil06.07.2001
Ausbremsen eines Verkehrsteilnehmers kann strafbare Nötigung darstellenVoraussetzung ist Aufzwingen einer Vollbremsung, eines Stillstandes oder einer unangemessen niedrigen Geschwindigkeit
Wird ein Verkehrsteilnehmer durch das Ausbremsen eines vorausfahrenden Verkehrsteilnehmers zu einer Vollbremsung, einem Stillstand oder einer unangemessen niedrigen Geschwindigkeit gezwungen, so liegt darin dann eine strafbare Nötigung (§ 240 StGB), wenn weder ein Ausweichen noch ein Überholen möglich ist. Dies geht aus einer Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im März 2000 beobachtete ein Autofahrer einen LKW-Fahrer dabei, wie er trotz eines LKW-Überholverbots einen Tanklastzug überholte. Der Autofahrer war darüber so erbost, dass er sich entschloss, den LKW-Fahrer verkehrserzieherisch zu maßregeln. Er setzte sich vor den LKW und bremste nachfolgend sein Fahrzeug Stück für Stück von 92 km/h auf 43 km/h ab. Der LKW-Fahrer musste aufgrund dessen sein Fahrzeug stark abbremsen, um nicht einen Auffahrunfall zu verursachen. Der Autofahrer wurde aufgrund dieses Verhaltens wegen Nötigung angeklagt.
Strafbarkeit wegen Nötigung bestand
Das Bayerische Oberste Landesgericht bejahte eine Strafbarkeit wegen Nötigung nach § 240 Abs. 1 StGB. Denn dies sei stets dann anzunehmen, wenn jemand sein Fahrzeug ohne verkehrsbedingten Anlass dermaßen abbremst, dass ein nachfolgender Verkehrsteilnehmer zu einer Vollbremsung, einem Stillstand oder einer unangemessen niedrigen Geschwindigkeit gezwungen wird und auch keine Möglichkeit zum Ausweichen oder Überholen besteht. Dies sei hier der Fall gewesen.
Anwendung von Gewalt
Durch das Ausbremsen werde nach Ansicht des Bayerischen Obersten Landesgerichts Gewalt ausgeübt. Denn durch ein Ausbremsen entstehe beim nachfolgenden Verkehrsteilnehmer nicht nur eine psychische Zwangssituation. Vielmehr liege ein physisches Hindernis vor.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 27.08.2014
Quelle: Bayerisches Oberstes Landesgericht, ra-online (zt/NJW 2002, 628/rb)