18.10.2024
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Dokument-Nr. 11022

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Beschluss14.12.2010Bayerischer Verwaltungsgerichtshof7 ZB 10.2108
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss14.12.2010

Bayerischer VGH zu den Voraussetzungen für die Anfechtung einer Dolmet­scher­prüfung wegen angeblicher Befangenheit der PrüferVereinzelte verbale Entgleisungen eines Prüfers lassen nicht auf Befangenheit des Prüfers schließen

Bei einer Dolmet­scher­prüfung ist davon auszugehen, dass der Prüfer bei der Korrektur schriftlicher Prüfungs­a­r­beiten auch bei schwerwiegenden Fehlern des Prüflings die für eine gerechte Beurteilung notwendige emotionale Distanz aufbringt. Vereinzelte verbale Entgleisungen eines Prüfers lassen für sich allein ebenso wie harte, aber berechtigte Kritik nicht notwendig auf eine Befangenheit des Prüfers schließen. Sofern ein Prüfling sich falsch bewertet fühlt, ist er verpflichtet, bestehende Bewer­tungs­fehler substantiiert darzulegen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bayerischen Verwal­tungs­ge­richtshofs hervor.

Im zugrunde liegenden Fall unterzog sich ein Prüfling im Jahr 2009 der Staatlichen Dolmet­scher­prüfung in Russisch, Fachgebiet Wirtschaft. Nachdem die Übersetzung eines anspruchsvollen, fachge­biets­be­zogenen Pressetexts über die Wirtschafts- und Haushaltslage Russlands vom Russischen ins Deutsche von beiden Prüfern mit der Note „ungenügend“ bewertet wurde, stand fest, dass die Prüfung nicht bestanden war.

Prüfling beanstandet fehlende nötige Unvor­ein­ge­nom­menheit der Prüfer

Der Prüfling hielt im Unterschied zu den Korrektoren seine Übersetzung für sprachlich richtig. Ferner meinte der Prüfling, den Prüfern fehle die nötige Unvor­ein­ge­nom­menheit, wie Äußerungen der Korrektoren im Rahmen einer vom Prüfling angestrengten Nachkorrektur zeigten. Ein Korrektor hätte in diesem Zusammenhang ausgeführt, es grenze an „Überheblichkeit und Selbst­über­schätzung“, wenn der Prüfling meine, er „könne bestimmen, wie zu korrelieren sei". Ebenso sei geäußert worden, der Prüfling hätte „die Zeit besser für eine weitere Verbesserung der Deutsch- und Wirtschafts­kenntnisse nutzen können.“

Klage des Prüflings vor Verwal­tungs­gericht und Verwal­tungs­ge­richtshof erfolglos

Die gegen die Prüfungs­ent­scheidung erhobene Klage blieb vor dem Verwal­tungs­gericht München in erster Instanz erfolglos. Der Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof hat auch das Rechtsmittel des Prüflings zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung führt das Gericht aus, dass zumindest im Regelfall von der Sachlichkeit und genügenden emotionalen Distanz von Prüfern ausgegangen werden könne. Beiläufige oder vereinzelte verbale Entgleisungen eines Prüfers, die nicht für die ganze Prüfung kennzeichnend seien und die nicht eine generell ablehnende Haltung gegenüber dem Prüfling offenbarten, ließen für sich allein ebenso wie harte, aber berechtigte Kritik, nicht notwendig auf eine Befangenheit des Prüfers schließen.

Prüfungsbehörde kann Bewertungs-Begründungen noch bis zur Gerichts­ver­handlung nachbessern

Eine Prüfungs­be­wertung sei von den Korrektoren auch zumindest kurz zu begründen, um ihre Anfechtung durch den Prüfling und eine gerichtliche Überprüfung zu ermöglichen. Diesen Anforderungen aber genügten die Korrek­tur­be­mer­kungen im Fall der angefochtenen Dolmet­scher­prüfung, zumal in der Rechtsprechung anerkannt sei, dass die Prüfungsbehörde die Begründung der Bewertung noch bis zur Gerichts­ver­handlung nachbessern könne.

Übersetzung zurecht wegen ihrer Fehler als „ungenügend“ benotet

Schließlich sei es auch nicht als sachfremd zu beanstanden, dass die Prüfer eine Übersetzung, die für den potenziellen Adressaten wegen ihrer Fehler völlig unbrauchbar sei, als „ungenügend“ benotet hätten. So sei es zum Beispiel gemessen am Niveau, das man von einem Fachübersetzer für Wirtschafts­russisch erwarten könne, nicht mehr vertretbar im Zusammenhang mit dem Staatshaushalt von „profitabel“ und „verlustbringend“ statt richtigerweise von „überschüssig“ und „defizitär“ zu sprechen. Ein weiterer gravierender Fehler sei es unter anderem, dass der Prüfling nicht, wie es korrekt gewesen wäre, den Rückgang der russischen Steuereinnahmen „um 20 bis 30 %“ übersetzte, sondern „auf 20 bis 30 %“, was den Sinn des zu übersetzenden Texts erheblich entstelle.

Quelle: Landesanwaltschaft Bayern/ra-online

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