Nachdem ein Professor der Fachhochschule Potsdam der Universität Regensburg mitgeteilt hatte, dass in der Dissertation der Klägerin mehrere Passagen und sogar einige Überschriften wortgleich aus einem seiner Werke übernommen worden seien, stellte die Fakultät weitere Nachforschungen an. Es zeigte sich, dass zahlreiche Übernahmen aus Fremdwerken vorhanden waren.
So stammten ca. 35 Seiten aus 16 verschiedenen Fremdwerken, davon ca. 8 Seiten ohne jeden Beleg. Dabei waren in allen Abschnitten der Arbeit - an insgesamt rund 130 Stellen - wortwörtliche Textübernahmen festzustellen. Überwiegend befand sich zwar in der Nähe der übernommen Textstelle ein Hinweis auf das benutzte Werk. Solche Belege erschienen aber regelmäßig erst am Ende des Absatzes oder am Ende des zweiten bzw. dritten Absatzes, so dass nicht deutlich wurde, dass und welche Sätze bzw. ganze Textpassagen kopiert worden waren.
Die Fakultät begründete ihren Rücknahmebescheid damit, dass die Dissertation unter Berücksichtigung der kopierten Stellen keine selbständige wissenschaftliche Leistung darstelle. Von dem, was die Prüfer zunächst als positiv bewertet hätten, bleibe in weiten Teilen nicht mehr übrig als eine nachvollziehbare Anordnung und Verzahnung von Fremdtexten. Zum Teil sei sogar die Struktur der Untersuchung einschließlich der Abschnittsüberschriften ohne Beleg aus einer anderen Arbeit übernommen werde. Nachgerade ins Groteske gesteigert sei der Verzicht auf eigene Leistung, wenn die Klägerin den gesamten Text der "Schlussbemerkung" einem Fremdaufsatz entnehme.
Das Gericht stellte klar, dass die wörtliche oder sinngemäße Übernahme von Textpassagen aus fremden Werken ohne (ausreichendes) Zitat gegen grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens verstoße und damit die Annahme einer Arbeit als Dissertation im Regelfall ausschließe.
Der Einwand der Klägerin, sie habe die Arbeit mit bestem Wissen und Gewissen angefertigt und niemals einen Täuschungsvorsatz gehabt, sei unerheblich, da ihr als Doktorandin jedenfalls habe bekannt sein müssen, dass eine solche Vorgehensweise in wissenschaftlichen Arbeiten unzulässig sei. Dass die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum der Anfertigung ihrer Dissertation so krank gewesen sein solle, dass ihr deshalb die Einsichtsfähigkeit in die Rechtswidrigkeit ihrer Handlungsweise fehle, halte das Gericht nicht für glaubhaft. Denn sie habe während ihrer Arbeit an der Dissertation zwei juristische Staatsexamina abgelegt und den Referendardienst absolviert. Im übrigen hätte sie das Promotionsverfahren unterbrechen können.
Dass Erst- und Zweitprüfer die erheblichen Mängel nicht schon bei der Annahme der Arbeit entdeckten, begründe auch keinen Vertrauensschutz für die Klägerin dahingehend, die Grundlagen wissenschaftlicher Arbeitstechnik zu missachten. Schließlich sei auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt. Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Universität derartige Handlungen konsequent unterbinde. Das Interesse der Universeität an Ansehen und wissenschaftlichem Ruf überwiege das Interesse der Klägerin an ihrem beruflichen Ansehen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.03.2011
Quelle: ra-online, Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (vt/we)