Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil28.05.2014
Bemerkungen im Abiturzeugnis über Notenschutz für Legastheniker unzulässigGesetzliche Grundlage für Bemerkungen über Notenschutz für Legastheniker im Abiturzeugnis nicht gegeben
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass Bemerkungen im Abiturzeugnis über Notenschutz für Legastheniker (etwa die Nichtbewertung von Rechtschreibleistungen) unzulässig sind.
Beim so genannten Notenschutz werden - im Gegensatz zum bloßen Nachteilsausgleich, etwa durch Verlängerung der Bearbeitungszeit zum Ausgleich einer Behinderung - an den Legastheniker geringere Leistungsanforderungen als an die übrigen Schüler gestellt, z.B. indem Rechtschreibfehler in die Bewertung nicht einfließen.
Abiturientinnen klagen gegen Bemerkung im Abiturzeugnis
Im zugrunde liegenden Verfahren hatten zwei Abiturienten, denen fachärztlich "Legasthenie" attestiert worden war, gegen in ihren Abiturzeugnissen enthaltene Bemerkungen, nach denen unter anderem Rechtschreibfehler nicht bewertet wurden, geklagt. Vor dem Verwaltungsgericht hatten sie keinen Erfolg.
Anspruch aller Prüflinge auf Chancengleichheit durch Bemerkung über Notenschutz für Legastheniker in erheblicher Weise betroffen
Nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage für Bemerkungen über Notenschutz für Legastheniker im Abiturzeugnis. Über die Zulässigkeit von Maßnahmen des Notenschutzes einschließlich ihrer Folgen - etwa in Bezug auf das auszustellende Zeugnis - habe im Wesentlichen der parlamentarische Gesetzgeber zu entscheiden. Dies gelte jedenfalls bei schulischen Abschlussprüfungen, die für den beruflichen Werdegang bedeutsam seien. Denn wegen der mit Maßnahmen des Notenschutzes verbundenen Abweichungen von den allgemein geltenden Leistungsanforderungen sei der aus den Grundrechten auf Gleichbehandlung und Berufsfreiheit folgende Anspruch aller Prüflinge auf Chancengleichheit in erheblicher Weise betroffen. Maßnahmen des Notenschutzes in der Schule sehe der Gesetzgeber in Bayern gegenwärtig nicht vor. Sie seien - ebenso wie entsprechende Zeugnisbemerkungen - deshalb rechtlich unzulässig, solange der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit hierfür keine gesetzliche Grundlage geschaffen habe.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 17.06.2014
Quelle: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof/ra-online