24.11.2024
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil28.09.2009

Bayrischer VHG: Ausweisung eines Ausländers der zweiten Generation bei ständigem Fehlverhalten zulässigFehlende soziale und wirtschaftliche Integration sowie absehbares Begehen weiterer Straftaten rechtfertigen Ausweisung

Die Ausweisung eines in Deutschland geborenen Jugendlichen türkischer Abstammung in das Heimatland seiner Familie ist zulässig, wenn der Jugendliche trotz mehrer jugend­ge­richt­licher Maßnahmen immer wieder aufs neue straffällig wird. Dies hat der Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof entschieden.

Der Kläger, ein im Jahre 1987 in Deutschland geborener türkischer Staats­an­ge­höriger, wurde im Jahre 2006 von der Stadt München aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. Dagegen hat er Klage erhoben. Das Verwal­tungs­gericht hat ihm Recht gegeben. Auf die Berufung der Landes­hauptstadt wurde das erstin­sta­nzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Sachverhalt

Bereits im Alter von elf Jahren fiel der Kläger strafrechtlich auf. In der Schule blieb er unerlaubt dem Unterricht fern, verprügelte seine Mitschüler, benutzte die übelsten Schimpfwörter, störte ständig den Unterricht und verweigerte die Hausaufgaben. Seine allein­er­ziehende Mutter wurde offensichtlich mit ihm und seinen vier älteren Geschwistern nicht fertig und vernachlässigte die Kinder. Ab Ende 1999 wurde der Kläger deshalb durch die flexible Jugendhilfe betreut, hielt sich über 1 Jahr und 9 Monate in einer Auslands­maßnahme auf und absolvierte ein mehrmonatiges Erzie­hungs­programm. Alle diese Erzie­hungs­hilfen brachten keinen Erfolg.

Verurteilung wegen Körper­ver­letzung und zahlreicher weiterer Delikte mit anschließender Ausweisung aus der Bundesrepublik

Nach mehreren jugend­ge­richt­lichen Maßnahmen wurde der Kläger im April 2005 wegen zweier gefährlicher Körper­ver­let­zungen und Straftaten gegen die sexuelle Selbst­be­stimmung erstmals zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt. Im August 2005 erfolgte eine weitere Verurteilung wegen Körper­ver­letzung, Nötigung, Beleidigung, Diebstahl und unerlaubtem Erwerb von Betäu­bungs­mitteln. Ab August 2005 befand sich der Kläger in Haft. Im Oktober 2005 wurde er zusätzlich noch wegen versuchtem Raub verurteilt. Insgesamt wurde eine Jugendstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten verhängt. Die Landes­hauptstadt München hat den Kläger daraufhin aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. Dagegen hat er Klage erhoben.

Erneute Straffälligkeit nach Haftentlassung mit daraus resultierender wiederholter Inhaftierung

In der Haft erwarb der Kläger dann seinen Haupt­schul­ab­schluss, nahm an verschiedenen Lehrgängen teil und begann eine Schreinerlehre. Nach seiner Haftentlassung im Februar 2007 ging er aber keiner geregelten Arbeit nach und hielt auch Termine mit der Bewäh­rungs­helferin und dem Jugendamt nicht ein. Er zog es vor, mit seinen Freunden zu „chillen“ und zu kiffen. Im Juli 2008 wurde er wegen einer gefährlichen Körper­ver­letzung verurteilt, Verfahren wegen eines Einbruchs­die­b­stahls und wegen eines Fahrr­ad­die­b­stahls wurden eingestellt. Seit April 2009 befindet er sich wieder in Haft. Im August 2009 wurde erneut Anklage wegen einer gefährlichen Körper­ver­letzung erhoben. Die Landes­hauptstadt München hielt deshalb an der Ausweisung fest.

Öffentliches Interesse an Beendigung des Aufenthalts in Deutschland überwiegt

Der Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof hat nun entschieden, dass die Ausweisung des Klägers rechtmäßig ist. Auch die erhöhten Anforderungen an die Ausweisung assozia­ti­o­ns­be­rech­tigter türkischer Staats­an­ge­höriger und so genannter „faktischer Inländer“ sind erfüllt. Angesichts der Lebens­ge­schichte des Klägers ist zu erwarten, dass er weitere erhebliche Straftaten begeht. Die Ausweisung ist zwar ein massiver Eingriff in seine persönlichen, wirtschaft­lichen und sozialen Verhältnisse, da seine Eltern und Geschwister alle im Bundesgebiet leben. Nachdem er aber weder sozial noch wirtschaftlich integriert ist, auch seine hier lebenden Familien­an­ge­hörigen ihn nicht von Straftaten abhalten konnten, er zudem nur gebrochen türkisch spricht und noch Verwandte in der Türkei hat, überwiegt das öffentliche Interesse an der Beendigung seines Aufenthalts in Deutschland.

Quelle: ra-online, Landesanwaltschaft Bayern

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