21.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil17.05.2017

Kein verkaufsoffener Sonntag ohne SachgrundUmsatz- und Erwer­b­s­in­teresse der Handelsbetriebe und Shoppin­g­in­teresse der Kundschaft als Sachgrund nicht ausreichend

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass ein verkaufsoffener Sonntag stets durch einen Sachgrund gerechtfertigt sein muss. Als Sachgrund reicht das alleinige Umsatz- und Erwer­b­s­in­teresse der Handelsbetriebe und das Shoppin­g­in­teresse der Kundschaft jedoch nicht aus. Die konkret beabsichtigte Ladenöffnung ist vielmehr in ihrem zeitlichen, räumlichen und gegen­ständ­lichen Umfang zu rechtfertigen.

Im zugrunde liegenden Verfahren ging es um eine Rechts­ver­ordnung der Stadt Worms zur Freigabe der Ladenöffnung an einem Sonntag. Die Verordnung sah vor, dass am 29. Dezember 2013 sämtliche Verkaufsstellen im Gemeindegebiet von 13 bis 18 Uhr geöffnet sein durften.

BVerwG erklärt Rechts­ver­ordnung zur Freigabe der sonntäglichen Ladenöffnung für unwirksam

Der Normenkontrollantrag einer Gewerkschaft hatte vor dem Oberver­wal­tungs­gericht Rheinland-Pfalz keinen Erfolg. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht änderte das Urteil der Vorinstanz und stellte fest, dass die Rechts­ver­ordnung über die Freigabe der sonntäglichen Ladenöffnung unwirksam war.

Beabsichtigte Ladenöffnung muss in zeitlichem, räumlichem und gegen­ständ­lichem Umfang gerechtfertigt sein

Die zur Prüfung gestellte Rechts­ver­ordnung war rechtswidrig, weil § 10 Laden­öff­nungs­gesetz Rheinland-Pfalz (LadöffnG) sie bei der gebotenen grund­ge­setz­kon­formen Auslegung nicht rechtfertigt. Das Oberver­wal­tungs­gericht ist zwar im Einklang mit Bundesrecht davon ausgegangen, dass jede Ladenöffnung an einem Sonn- oder Feiertag für sich genommen nach § 10 LadöffnG i.V.m. Art. 57 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung für Rheinland- Pfalz durch einen Sachgrund gerechtfertigt sein muss. Entgegen der Auffassung des Oberver­wal­tungs­ge­richts sind die bundes­ver­fas­sungs­recht­lichen Anforderungen des Sonntags­schutzes jedoch nicht schon erfüllt, wenn der Verord­nungsgeber alle für und gegen die Ladenöffnung sprechenden Belange berücksichtigt und im Rahmen einer Gesamtabwägung vertretbar gewichtet hat. Als Sachgrund reicht das alleinige Umsatz- und Erwer­b­s­in­teresse der Handelsbetriebe und das Shoppin­g­in­teresse der Kundschaft nicht aus. Ein darüber hinausgehendes öffentliches Interesse muss hinreichend gewichtig sein, um die konkret beabsichtigte Ladenöffnung in ihrem zeitlichen, räumlichen und gegen­ständ­lichen Umfang zu rechtfertigen. Ein solcher Sachgrund für die in Rede stehende stadt­ge­bietsweite sonntägliche Ladenöffnung lag bei Erlass der Verordnung jedoch nicht vor. Der nachträglich im Gerichts­ver­fahren angeführte Silvestermarkt war damals noch nicht einmal beantragt.

Auszug aus dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland:

Art. 140

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Art. 139 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

Auszug aus der Verfassung für Rheinland-Pfalz:

Art. 57

(1) Der 8-Stunden-Tag ist die gesetzliche Regel. Sonntage und gesetzliche Feiertage sind arbeitsfrei. Ausnahmen sind zuzulassen, wenn es das Gemeinwohl erfordert.

[...]

Auszug aus dem Laden­öff­nungs­gesetz Rheinland-Pfalz:

§ 3 Allgemeine Laden­schluss­zeiten

Verkaufsstellen müssen zu folgenden Zeiten für den geschäftlichen Verkehr mit Kundinnen und Kunden­ge­schlossen sein: 1. an Sonn- und Feiertagen,

[...]

§ 10 Verkaufsoffene Sonntage

Verbandsfreie Gemeinden, Verbands­ge­meinden und kreisfreie und große kreisangehörige Städte können durch Rechts­ver­ordnung bestimmen, dass Verkaufsstellen abweichend von § 3 Satz 1 Nr. 1 allgemein oder in bestimmten Teilen des Gemeindegebiets an höchstens vier Sonntagen pro Gemeinde in einem Kalenderjahr geöffnet sein dürfen und diese Tage sowie die Lage der zugelassenen Laden­öff­nungs­zeiten festsetzen.

[...]

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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