18.10.2024
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Dokument-Nr. 26476

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Urteil21.09.2018BundesverwaltungsgerichtBVerwG 6 C 50.16, BVerwG 6 C 6.17, BVerwG 6 C 7.17, BVerwG 6 C 8.17
Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht Köln, Urteil22.09.2016, 1 K 5885/13
  • Verwaltungsgericht Köln, Urteil17.03.2017, 9 K 8633/16, 9 K 8634/16, 9 K 8589/16
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Bundesverwaltungsgericht Urteil21.09.2018

Zugang zur Teilnehmer­anschluss­leitung darf zur Ermöglichung des Einsatzes der Vectoring-Technologie regulatorisch eingeschränkt werdenRegulierung soll Beschleunigung des Ausbaus hoch­leistungs­fähiger Netze der nächsten Generation ermöglichen

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass die tele­kommunikations­rechtlichen Regulierungs­verfügungen, mit denen die Bundes­netz­agentur die Verpflichtung der Telekom Deutschland GmbH (Telekom), vollständig entbündelten Zugang zum Teilneh­me­r­an­schluss zu gewähren, in Bezug auf die Nutzung von Frequenzen oberhalb von 2,2 MHz unter bestimmten Bedingungen eingeschränkt hat, rechtmäßig sind. Dies hat das Bundes­verwaltungs­gericht in Leipzig in vier heute verkündeten Urteilen entschieden.

Die Telekom betreibt ein bundesweites Teilnehmernetz auf der Basis von Teilneh­me­r­an­schluss­lei­tungen (TAL). Die TAL bestehen überwiegend noch aus Kupfer­dop­pe­ladern und führen vom Hauptverteiler (HVt) bis zum Kabelverzweiger (KVz) und von dort zu den Räumlichkeiten der Endkunden (sogenannte letzte Meile). Die Telekom war zuletzt mit Regulie­rungs­ver­fügung der Bundesnetzagentur vom 21. März 2011 verpflichtet worden, anderen Unternehmen vollständig entbündelten Zugang zum Teilneh­me­r­an­schluss am HVt oder an einem näher zu den Räumlichkeiten der Endkunden gelegenen Punkt, insbesondere am KVz zu gewähren (sogenannter Zugriff auf den "blanken Draht"). Auf dieser Grundlage können die Wettbewerber ihre Endkun­den­produkte eigenständig gestalten.

Verpflichtung zur Gewährung des entbündelten Zugangs für HVt-Außenbereiche und später auch für HVt-Nahbereiche beschränkt

Durch Regulie­rungs­ver­fügung vom 30. August 2013 wurde diese Verpflichtung dahingehend geändert, dass der Zugang zum vollständig entbündelten Teilneh­me­r­an­schluss an einem KVz in den sogenannten HVt-Außenbereichen (mehr als 550 m vom HVt entfernt) zur Nutzung von Frequenzen oberhalb von 2,2 MHz unter bestimmten Voraussetzungen verweigert werden kann, um die Nutzung der sogenannten VDSL2-Vectoring-Technik zu ermöglichen. Durch den Einsatz dieser Technik lassen sich die Daten­über­tra­gungsraten erheblich steigern, indem Störungen, die sich aus der parallelen Nutzung benachbarter Leitungen in einem Kabelbündel ergeben, durch ein Gegenstörsignal eliminiert werden. Dieses Verfahren setzt jedoch voraus, dass nur ein Betreiber auf sämtliche TAL an einem KVz oder HVt zugreifen kann. Welcher Betreiber hierbei zum Zuge kommt, bestimmt sich in den sogenannten HVt-Außenbereichen grundsätzlich danach, wer den KVz zuerst mit VDSL2-Vectoring-Technik erschließt (sogenanntes Windhundprinzip). Unter bestimmten Bedingungen ist die Telekom darüber hinaus berechtigt, den Zugang nachträglich zu verweigern. Durch eine weitere Regulie­rungs­ver­fügung vom 1. September 2016 wurden für die sogenannte HVt-Nahbereiche ebenfalls Beschränkungen des Zugangs zum Teilneh­me­r­an­schluss geregelt. Hiernach ist die Telekom vor dem Hintergrund ihrer Zusage, die Nahbereiche flächendeckend mit VDSL2-Vectoring-Technik auszubauen, im Grundsatz als alleiniger Berechtigter bestimmt worden, jedoch können deren Wettbewerber unter bestimmten Voraussetzungen an ihre Stelle treten (sogenanntes Abwehrrecht). Für die HVt-Außenbereiche wurden die bereits geltenden Regelungen im Wesentlichen beibehalten. Zum Ausgleich der Zugangs­be­schrän­kungen sind den Wettbewerbern ein Bitstrom-Zugang bzw. ein lokaler virtuell entbündelter Zugang zur TAL als Ersatzprodukte anzubieten und gegebenenfalls Kompensationen zu leisten.

Beschleunigung des Ausbaus hochleis­tungs­fähiger Netze der nächsten Generation rechtfertigt Regulierung

Die gegen die Regulie­rungs­ver­fü­gungen erhobenen Anfech­tungs­klagen mehrerer Wettbewerber der Telekom waren in erster Instanz erfolglos. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht wies die Revisionen der Klägerinnen zurück. Dabei ist es wie bereits früher davon ausgegangen, dass der Bundes­netz­agentur bei der Entscheidung über die Auferlegung der in § 13 TKG vorgesehenen Regulie­rungs­ver­pflich­tungen, zu denen insbesondere auch Zugangs­ver­pflich­tungen gehören, ein umfassender Auswahl- und Ausge­stal­tungs­spielraum zukommt. Dieses Regulie­rungs­er­messen hat die Bundes­netz­agentur abwägungs­feh­lerfrei ausgeübt. Für die Zugangs­be­schränkung zu dem Zweck, den Einsatz der Vectoring-Technologie zu ermöglichen, spricht danach vor allem das Regulie­rungsziel der Beschleunigung des Ausbaus hochleis­tungs­fähiger Netze der nächsten Generation. Hierbei konnte die Bundes­netz­agentur die von der Telekom abgegebene Ausbauzusage berücksichtigen. Im Zusammenhang mit der Einführung der Ausbauzusage in das Verfahren ist es auch nicht zu einer unzulässigen Beeinflussung des Regulie­rungs­er­messens gekommen.

Negativen Auswirkungen auf Wettbewerb gegen Belange der Wettbe­wer­bs­för­derung abgewogen

Die sich durch die Möglichkeit der Zugangs­ver­wei­gerung ergebenden negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb hat die Bundes­netz­agentur mit der dem Belang der Wettbe­wer­bs­för­derung zukommenden Bedeutung in Abwägung eingestellt. Der Begrenzung dieser Auswirkungen dienen die vorgesehenen Ersatzprodukte und Kompensationen sowie das in Bezug auf die HVt-Nahbereiche vorgesehene Abwehrrecht der Wettbewerber. Für die gebotene Konflikt­be­wäl­tigung reichen im Hinblick auf die gesetzlich vorgesehene Zweistufigkeit der Zugangs- und Entgelt­re­gu­lierung die in den Regulie­rungs­ver­fü­gungen enthaltenen Vorgaben für die Leistungs­merkmale und die Preisgestaltung der Ersatzprodukte aus. Die Umsetzung dieser Vorgaben kann in nachgelagerten Verfahren (Standa­r­d­an­ge­bot­über­prü­fungs­ver­fahren, Entgelt­ge­neh­mi­gungs­ver­fahren) sichergestellt werden.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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