14.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil30.09.2009

Bundes­ver­wal­tungs­gericht zu Trans­pa­renz­regeln des Parlaments: Abgeordnete müssen Einkünfte aus Neben­tä­tig­keiten offenlegenSchily und Kröning müssen Nebeneinkünfte bis in Detail offen legen - Richter heben aber Festsetzung von Ordnungsgeldern auf

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht, das in erster und letzter Instanz für Klagen von Abgeordneten des Deutschen Bundestages gegen Maßnahmen nach den sog. Trans­pa­renz­regeln des Parlaments zuständig ist, hat den Klagen zweier Abgeordneter gegen Sanktionen wegen einer Verletzung dieser Regelungen teilweise stattgegeben.

Nach den im Abgeordnetengesetz und in der Geschäfts­ordnung des Bundestages festgelegten Trans­pa­renz­regeln müssen die Abgeordneten dem Bundes­tags­prä­si­denten entgeltliche Tätigkeiten, die sie neben dem Mandat ausüben, und die dafür erhaltenen Einkünfte anzeigen, wenn die Einnahmen bestimmte Freibeträge übersteigen. Unterliegen die Abgeordneten bei ihrer beruflichen Tätigkeit einer Pflicht zur Verschwie­genheit, können sie ihren jeweiligen Vertragspartner oder Auftraggeber in anonymisierter Form angeben. Die Angaben der Abgeordneten werden im amtlichen Handbuch und auf den Internetseiten des Deutschen Bundestages veröffentlicht. Dabei werden die angezeigten Einkünfte nicht als konkrete Beträge, sondern in Gestalt einer von drei Einkom­mens­stufen (von 1 000 bis 3 500 €, von 3 501 bis 7 000 € bzw. über 7 000 € monatlich) ausgewiesen. Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat in einem Urteil vom 4. Juli 2007 die Trans­pa­renz­re­ge­lungen für mit dem verfas­sungs­recht­lichen Status der Abgeordneten im Grundsatz vereinbar erklärt.

Otto Schily und Volker Kröning berufen sich auf anwaltliche Pflicht zur Verschwie­genheit

In den nunmehr von dem Bundes­ver­wal­tungs­gericht entschiedenen Fällen hatten sich Otto Schily MdB und Volker Kröning MdB, die neben ihrem Mandat als Einzelanwälte tätig sind, darauf berufen, ihre anwaltliche Pflicht zur Verschwie­genheit verbiete ihnen, dem Präsidenten des Deutschen Bundestages die genauen Beträge der Honorare anzugeben, die sie für die von ihnen in den Jahren 2006 und 2007 wahrgenommenen einzelnen Mandate erhalten hatten. Außerdem würden durch die Ausgestaltung und Anwendung der Anzei­ge­pflichten die als Einzelanwälte arbeitenden Abgeordneten gegenüber ihren in Anwalts­so­zi­etäten tätigen Kollegen benachteiligt. Daraufhin hatte zunächst das Präsidium des Deutschen Bundestages jeweils festgestellt, dass die Kläger ihre Pflichten nach den Trans­pa­renz­re­ge­lungen verletzt hätten. Diese Feststellungen waren als Bundes­tags­druck­sachen veröffentlicht worden. Weiterhin hatte der Präsident des Deutschen Bundestages von ihnen per Bescheid Ordnungsgelder gefordert, die zuvor durch das Präsidium festgesetzt worden waren.

BVerwG weist die Klagen ab - hebt aber die Ordnungs­geld­be­scheide auf

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Klagen gegen die Feststellungen der Pflicht­ver­letzung abgewiesen, die Ordnungs­geld­be­scheide hat es aufgehoben.

BVerwG: Trans­pa­renz­regeln verletzten nicht die anwaltliche Pflicht zur Verschwie­genheit

Die Kläger waren an der Erfüllung der Anzei­ge­er­for­dernisse nicht durch ihre anwaltliche Pflicht zur Verschwie­genheit gehindert. Die Trans­pa­renz­regeln enthalten hinreichende Vorkehrungen dafür, dass die Verschwie­genheit im Regelfall gewahrt bleibt. Soweit es ausnahmsweise zu einer Beein­träch­tigung der Verschwie­gen­heits­pflicht kommen kann, ist dies durch den Zweck der Trans­pa­renz­regeln gerechtfertigt.

Richter sehen Verstoß gegen den Gleich­be­hand­lungs­grundsatz

Dagegen rügen die Kläger zu Recht, dass die Einzelanwälte unter Verstoß gegen den Gleich­be­hand­lungs­grundsatz im Vergleich zu den in einer Anwaltssozietät tätigen Abgeordneten benachteiligt werden, weil von diesen Anwälten die Angabe einzelner Mandate oder erzielter Einkünfte nicht gefordert wird. Diese Praxis widerspricht den Trans­pa­renz­regeln. Diese sind nach ihrem Sinn und Zweck dahin auszulegen, dass grundsätzlich alle neben dem Mandat ausgeübten entgeltlichen Tätigkeiten und die daraus fließenden wirtschaft­lichen Vorteile angezeigt werden müssen. Mit diesem Zweck ist nicht vereinbar, gerade die wirtschaftlich sehr erfolgreichen Partner großer Anwalts­so­zi­etäten von den Anzei­ge­pflichten auszunehmen.

Keine Gleich­be­handlung im Unrecht - Keine Ordnungsgelder

Was die Feststellungen der Pflicht­ver­let­zungen anbelangt, können sich die Kläger auf die gleich­heits­widrige Verwal­tung­s­praxis nicht berufen. Denn sie haben insoweit keinen Anspruch auf eine Gleich­be­handlung im Unrecht. Das Präsidium und der Präsident des Deutschen Bundestages sind jedoch gehalten, die Praxis umgehend zu ändern und die Sozie­täts­anwälte in die Trans­pa­renz­regeln einzubeziehen. Wegen der bislang unvollkommenen Anwendung der Trans­pa­renz­regeln stellt sich die mit einer zusätzlichen Prangerwirkung verbundene Auferlegung von Ordnungsgeldern über die förmlichen Feststellungen von Pflicht­ver­stößen hinaus als ermes­sens­feh­lerhaft dar.

Quelle: ra-online, Bundesverwaltungsgericht

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