18.10.2024
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Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.

Dokument-Nr. 12428

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Bundesverwaltungsgericht Urteil19.10.2011

BVerwG zur Anrechnung der Aufent­halts­zeiten des Asylfol­ge­ver­fahrens im Staats­an­ge­hö­rig­keitsrechtZeit des erfolgreichen Asylfol­ge­ver­fahrens eines Elternteils ist voll anzurechnen

Beim Erwerb der deutschen Staats­an­ge­hö­rigkeit durch Geburt eines Kindes ausländischer Eltern ist die Zeit des erfolgreichen Asylfol­ge­ver­fahrens eines Elternteils voll anzurechnen. Dies entschied das Bundes­ver­wal­tungs­gericht.

Die 2008 als Tochter türkischer Staats­an­ge­höriger geborene Klägerin des zugrunde liegenden Falls begehrt die Ausstellung eines Staats­an­ge­hö­rig­keits­aus­weises. Ihren Antrag auf Feststellung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt (nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Staats­an­ge­hö­rig­keits­gesetz - StAG -*) lehnte die beklagte Stadt Mannheim Ende April 2009 ab. Kein Elternteil der Klägerin habe, wie es das Gesetz verlangt, zum Zeitpunkt ihrer Geburt seit acht Jahren seinen rechtmäßigen Aufenthalt im Inland gehabt. Die Zeit des nur geduldeten Aufenthalts des Vaters der Klägerin im Asylfol­ge­ver­fahren sei trotz des erfolgreichen Ausgangs nicht anrechenbar. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos.

VG und VGH verpflichten Stadt zur Ausstellung eines Staats­an­ge­hö­rig­keits­aus­weises

Das Verwal­tungs­gericht Karlsruhe gab der Klägerin recht und verpflichtete die beklagte Stadt, ihr einen Staats­an­ge­hö­rig­keits­ausweis auszustellen. Der Verwal­tungs­ge­richtshof bestätigte diese Entscheidung mit der Erwägung, dass der nur geduldete Aufenthalt eines Folge­an­trag­stellers jedenfalls nach einem erfolgreichen Eilverfahren angerechnet werden müsse.

Gesamte Aufenthaltszeit eines erfolgreich abgeschlossenen Asylfol­ge­ver­fahrens ist nachträglich als rechtmäßige Aufenthaltszeit anzurechnen

Die hiergegen gerichtete Revision der Stadt Mannheim hatte vor dem Bundes­ver­wal­tungs­gericht im Ergebnis keinen Erfolg. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht führte aus, dass die gesamte Aufenthaltszeit des erfolgreich abgeschlossenen Asylfol­ge­ver­fahrens ab Antragstellung (entsprechend § 55 Abs. 3 Asylver­fah­rens­gesetz - AsylVfG -**) nachträglich als rechtmäßige Aufenthaltszeit anzurechnen ist. Die Gründe, die für eine pauschale Anrechnung der Aufenthaltszeit nach erfolgreichem Ausgang des ersten Asylverfahrens sprechen, gelten bei einem erfolgreichen Asylfol­ge­ver­fahren in gleicher Weise. Die Dauer des Asylverfahrens soll in diesem Fall keine Rolle spielen. Wird der maßgebliche Elternteil im Asylfol­ge­ver­fahren unanfechtbar als Asylbe­rech­tigter oder Flüchtling anerkannt, erwirbt er die gleiche Rechtsposition wie ein erfolgreicher Erstan­trag­steller. Das Abstellen auf andere denkbare Zeitpunkte, zu denen ein Rechtsanspruch des Folge­an­trag­stellers auf Anerkennung erkennbar wird, entspricht nicht dem bewusst pauscha­lie­renden Regelungs­konzept des Gesetzgebers. Ebenso wenig wird es dem zwingenden Bedürfnis gerecht, ohne weitere Nachforschungen und Entscheidungen klar feststellen zu können, ob die Voraussetzungen für den Erwerb der deutschen Staats­an­ge­hö­rigkeit kraft Gesetzes vorliegen oder nicht.

* § 4 Abs. 3 Satz 1 StAG lautet:

Erläuterungen
(3) Durch die Geburt im Inland erwirbt ein Kind ausländischer Eltern die deutsche Staats­an­ge­hö­rigkeit, wenn ein Elternteil

1. seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und

2. ein unbefristetes Aufent­haltsrecht oder als Staats­an­ge­höriger der Schweiz oder dessen Familien­an­ge­höriger eine Aufent­halt­s­er­laubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidge­nos­sen­schaft andererseits über die Freizügigkeit (BGBl. 2001 II S. 810) besitzt.

**§ 55 Abs. 3 AsylVfG lautet:

(3) Soweit der Erwerb oder die Ausübung eines Rechts oder einer Vergünstigung von der Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet abhängig ist, wird die Zeit eines Aufenthalts nach Absatz 1 nur angerechnet, wenn der Ausländer unanfechtbar als Asylbe­rech­tigter anerkannt oder ihm unanfechtbar die Flücht­lings­ei­gen­schaft zuerkannt worden ist.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online.

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