23.11.2024
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Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.

Dokument-Nr. 12274

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Urteil13.09.2011BundesverwaltungsgerichtBVerwG 1 C 17.10
Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht Darmstadt, Urteil11.12.2008, 7 E 1457/07
  • Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil14.09.2011, 9 A 2034/09
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil13.09.2011

BVerwG zur Anrechnung der Dauer eines Asylverfahrens bei Erteilung einer Nieder­las­sungs­er­laubnisDauer eines Asylverfahrens ist auch dann zu berücksichtigen, wenn Aufenthalt zwischen­zeitlich über längeren Zeitraum nur geduldet war

Bei der Erteilung einer Nieder­las­sungs­er­laubnis aus humanitären Gründen ist die Dauer eines vorangegangenen Asylverfahrens auch dann zu berücksichtigen, wenn der Aufenthalt zwischen dem Abschluss des Asylverfahrens und der ersten Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis über einen längeren Zeitraum geduldet war. Dies entschied das Bundes­ver­wal­tungs­gericht.

Der Entscheidung liegt der Fall eines aus Äthiopien stammenden Klägers zugrunde, der 1996 im Alter von 16 Jahren ohne seine Eltern nach Deutschland eingereist war. Nach einem erfolglosen Asylverfahren wurde sein Aufenthalt ab Mai 2005 geduldet. Im März 2007 erhielt er eine (befristete) Aufent­halt­s­er­laubnis aus humanitären Gründen und beantragte daraufhin, ihm unter Anrechnung der Dauer seines Asylverfahrens eine (unbefristete) Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Diesen Antrag lehnte die Auslän­der­behörde ab.

Hessischer VGH verneint Recht auf Erteilung einer Nieder­las­sungs­er­laubnis

Das Verwal­tungs­gericht verpflichtete die Behörde zur Neubescheidung; der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof wies die Klage hingegen ab. Er begründete dies damit, dass die Erteilung einer Nieder­las­sungs­er­laubnis nach § 26 Abs.4 Aufent­halt­gesetz (AufenthG) voraussetze, dass der Ausländer seit sieben Jahren ununterbrochen im Besitz einer Aufent­halt­s­er­laubnis aus humanitären Gründen sei. Auf diese Frist könne die Dauer des vom Kläger betriebenen Asylverfahrens nicht angerechnet werden, da zwischen dem Abschluss des Asylverfahrens und der erstmaligen Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis eine Unterbrechung von über einem Jahr liege, in der der Aufenthalt des Klägers nur geduldet gewesen sei und er keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis gehabt habe.

Anrech­nungs­re­gelung verlangt keinen zeitlichen Zusammenhang zwischen Abschluss des Asylverfahrens und Erteilung der Aufent­halt­s­er­laubnis

Dem ist das Bundes­ver­wal­tungs­gericht nicht gefolgt. Nach § 26 Abs.4 AufenthG kann einem Ausländer im Ermessenswege eine Nieder­las­sungs­er­laubnis erteilt werden, wenn er - neben der Erfüllung anderer Integra­ti­o­ns­vor­aus­set­zungen - seit sieben Jahren im Besitz einer Aufent­halt­s­er­laubnis aus humanitären Gründen ist (§ 26 Abs.4 Satz 1 AufenthG). Auf diese Frist ist die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufent­halt­s­er­laubnis vorangegangenen Asylverfahrens anzurechnen (§ 26 Abs.4 Satz 3 AufenthG). Das gilt - entgegen der Auffassung des Berufungs­ge­richts - auch dann, wenn dem Ausländer nach Abschluss des Asylverfahrens zunächst eine Duldung erteilt wurde. Die Anrech­nungs­re­gelung verlangt keinen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Asylverfahrens und der Erteilung der Aufent­halt­s­er­laubnis. Dies Entspricht der Rechtsprechung des Senats zur Vorgän­ger­re­gelung in § 35 Ausländergesetz 1990. Eine andere Auslegung würde die Vorschrift in weiteren Teilen leerlaufen lassen. Der Gesetzgeber hat die humanitären Bleibrechte zwar inzwischen neu geregelt. Nach einem erfolglosen Asylverfahren ist ein nahtloser Übergang in einen humanitären Aufent­halt­stitel aber auch weiterhin vielfach nicht möglich. Die gesetzlichen angeordnete Anrechnung der Dauer des Asylverfahrens auf die Sieben­jah­resfrist hindert die Auslän­der­behörde aber nicht, bei der Ausübung ihres Ermessens grundsätzlich zu verlangen, dass der Ausländer zumindest eine gewisse Zeit in Besitz einer humanitären Aufent­halt­s­er­laubnis ist, bevor ihm eine Nieder­las­sungs­er­laubnis erteilt wird. Denn ein lediglich zur Durchführung eines Asylverfahrens gestatteter Aufenthalt stellt nicht in jedem Fall eine vollwertige Grundlage für eine Integration in die hiesigen Verhältnisse dar. Außerdem ist bei der Ermes­sens­ausübung zu berücksichtigen, aus welchen Gründen der Aufenthalt nach Abschluss des Asylverfahrens zunächst geduldet wurde und ob sich hieraus Rückschlüsse auf die Integration des Ausländers ergeben.

Da der Kläger aufgrund der Anrech­nungs­re­gelung die Sieben­jah­resfrist erfüllt, war das Verfahren zur Prüfung der weiteren für einen Anspruch auf Neubescheidung erforderlichen Tatbe­stands­vor­aus­set­zungen an den Verwal­tungs­ge­richtshof zurück­zu­ver­weisen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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