18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen einen Schreibtisch mit verschiedenen Schreibutensilien, sowie einen Holzstempel auf einem Stempelkissen.
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil17.11.2017

Tätowierungen und Hitlergruß - Polizist darf bei mangelnder Verfas­sungstreue aus Beamten­ver­hältnis entfernt werdenTreuepflicht eines Beamten kann auch durch Tragen von Tätowierungen mit verfas­sungs­widrigem Inhalt verletzt werden

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass ein Beamter, der Tätowierungen mit verfas­sungs­widrigem Inhalt trägt und den sogenannten Hitlergruß zeigt, aus dem Beamten­ver­hältnis entfernt werden kann.

Der im Diszi­pli­na­r­kla­ge­ver­fahren beklagte Beamte des zugrunde liegenden Verfahrens steht als Polizei­kom­missar (Besol­dungs­gruppe A 9) im Dienst des Landes Berlin. Im Jahr 2007 leitete die Staats­an­walt­schaft verschiedene Ermitt­lungs­ver­fahren ein, in denen dem Beklagten vorgeworfen wurde, an der Erstellung von CDs und Booklets mit volks­ver­het­zenden Liedtexten beteiligt gewesen zu sein, Tätowierungen mit Kennzeichen verfas­sungs­widriger Organisationen zu tragen und in der Öffentlichkeit den Hitlergruß gezeigt zu haben. Diese Ermitt­lungs­ver­fahren wurden eingestellt, weil dem Beamten nicht habe nachgewiesen werden können, dass er den Hitlergruß im Inland und seine Tätowierungen öffentlich gezeigt habe. Vom Vorwurf der Volksverhetzung wurde der Beklagte freigesprochen, weil nach Auffassung des Strafgerichts nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit habe festgestellt werden können, dass sich das beanstandete Schmählied auf das Tagebuch der Anne Frank bezog.

Verfahrensgang

Das Land enthob den Beklagten bereits im Jahr 2007 vorläufig des Dienstes. In dem nach Abschluss der Strafverfahren fortgeführten Diszi­pli­na­r­kla­ge­ver­fahren hat das Verwal­tungs­gericht gegen den Beklagten eine Geldbuße in Höhe von 300 Euro wegen ungenehmigter Neben­tä­tig­keiten verhängt, den Beklagten von den übrigen Anschuldigungen aber freigestellt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Landes hat das Oberver­wal­tungs­gericht Berlin-Brandenburg zurückgewiesen.

BVerwG entfernt Polizisten aus Beamten­ver­hältnis

Auf die Revision des klagenden Landes hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht den Beklagten aus dem Beamten­ver­hältnis entfernt. Zur Begründung führte das Gericht im Wesentlichen aus, dass Beamte in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, aufgrund dessen sie zur Ausübung hoheits­recht­licher Befugnisse ermächtigt werden können. Sie müssen sich daher zu der Verfas­sungs­ordnung, auf die sie vereidigt worden sind, bekennen und für sie eintreten. Wer die freiheitlich-demokratische, rechts- und sozial­staatliche Ordnung des Grundgesetzes ablehnt, ist für die Ausübung eines öffentlichen Amtes nicht geeignet. Auf die Strafbarkeit treue­pflicht­widriger Verhal­tens­weisen kommt es dabei nicht an.

Beamter kann Treuepflicht durch Tätowierungen mit verfas­sungs­widrigem Inhalt verletzen

Die Treuepflicht eines Beamten kann auch durch das Tragen von Tätowierungen mit verfas­sungs­widrigem Inhalt verletzt werden. Zwar stellt eine Tätowierung zunächst nur eine Körper­de­ko­rierung dar; durch diese wird der Körper indes bewusst als Kommu­ni­ka­ti­o­ns­medium eingesetzt. Mit einer Tätowierung ist eine plakative Kundgabe verbunden, zu der sich der Träger schon angesichts ihrer Dauerhaftigkeit in besonders intensiver Weise bekennt. Identifiziert sich ein Beamter derart mit einer verfas­sungs­widrigen Organisation oder Ideologie, dass er sich entsprechende Symbole eintätowieren lässt, zieht er außenwirksame Folgerungen aus seiner Überzeugung und bringt eine die verfas­sungs­mäßige Ordnung ablehnende Einstellung zum Ausdruck, was im Wege des Diszi­pli­na­r­ver­fahrens geahndet werden kann.

Zeigen des Hitlergrußes und Posieren mit Haken­kreuz­flagge bekräftigen Abkehr von Prinzipen der Verfas­sungs­ordnung

Die Beurteilung, ob ein Beamter seine Treuepflicht verletzt hat, setzt eine Gesamtwürdigung seines Verhaltens voraus. Dies gilt bei Tätowierungen angesichts des oft nicht eindeutigen Aussagegehalts bildhafter Gestaltungen in besonderer Weise. Da der Beklagte nicht nur Tätowierungen von Runenzeichen und Emblemen recht­s­ex­tre­mis­tischer, rassistischer Musikgruppen trägt, sondern wiederholt den Hitlergruß gezeigt, mit einer Haken­kreuz­flagge posiert und natio­nal­so­zi­a­lis­tische Devotionalien in seiner Wohnung verwahrt hat, ist sein durch die Tätowierungen dokumentiertes Bekenntnis als grundsätzliche und dauerhafte Abkehr von den Prinzipien der Verfas­sungs­ordnung zu werten, die zur Entfernung aus dem Beamten­ver­hältnis führt.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil25141

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI