21.11.2024
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Dokument-Nr. 24402

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Urteil14.06.2017BundesverwaltungsgerichtBVerwG 10 C 2.16
Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil29.01.2014, 2 K 79/13
  • Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil21.12.2015, 1 S 485/14
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil14.06.2017

Keine Inter­es­sen­kol­lision: Klinikpförtner kann Kreisrat seinEinflussnahme auf Verwaltungs­tätig­keit des Kreises im Tätig­keits­bereich als Klinikpförtner nicht möglich

Das Bundes­verwaltungs­gericht in Leipzig hat heute entschieden, dass Arbeitnehmer von Landkreisen nur dann an der Übernahme eines Mandats im Kreistag gehindert sind, wenn sie auf die Verwal­tungs­führung des Kreises inhaltlich Einfluss nehmen können. Das ist bei einem Klinikpförtner nicht der Fall.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens ist seit 1977 Arbeitnehmer des beklagten Ortenaukreises in Baden-Württemberg. Zuletzt war er als Pförtner in einem Krankenhaus des Kreises tätig. Im Jahr 2009 wurde er bei der Wahl zum Kreistag des Beklagten für die Partei "Die Linke" zum Nachrücker gewählt. Nach dem Tod des Mandatsinhabers im Jahr 2012 stellte der Beklagte gestützt auf § 24 der Landkreis­ordnung für Baden-Württemberg (LKrO) fest, dass der Kläger nicht in den Kreistag nachrücke. Nach dieser Vorschrift kann nicht Kreisrat sein, wer Arbeitnehmer des Landkreises ist und nicht überwiegend körperliche Arbeit verrichtet. Widerspruch und Klage gegen den Bescheid blieben erfolglos. Der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg wies auch die Berufung des Klägers zurück. Während des Berufungs­ver­fahrens wurde der Kläger bei der Kreistagswahl im Jahr 2014 erneut zum Nachrücker für seine Partei gewählt.

Interessenkollision

Interessenkollision unzulässig'> Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Urteile der Vorinstanzen geändert und festgestellt, dass der Ausschluss des Klägers von der Übernahme seines Mandats rechtswidrig war. § 24 LKrO hindert Arbeitnehmer von Landkreisen bei verfas­sungs­kon­former Auslegung nur dann an der Übernahme von Mandaten in Kreistagen, wenn dadurch eine nicht anderweitig ausgeräumte Interessenkollision entsteht. Art. 137 GG gestattet allerdings, die Wählbarkeit von Angestellten des öffentlichen Dienstes in kommunalen Gebiets­kör­per­schaften durch Gesetz zu beschränken. Damit soll verhindert werden, dass Mitglieder des Kreistages zugleich Bedienstete des Kreises sind, den der Kreistag kontrollieren soll. Das Grundgesetz unterstellt die Gefahr einer solchen Inter­es­sen­kol­lision bei Beamten, Richtern und Soldaten sowie bei den damaligen Angestellten, nicht jedoch bei den Arbeitern des öffentlichen Dienstes. Das Berufungs­gericht hatte - in revisi­ons­rechtlich nicht zu beanstandender Weise - entschieden, dass ein Pförtner hiernach zur Gruppe der Angestellten und nicht der Arbeiter zu rechnen ist, weil er nicht überwiegend körperlich tätig ist. Es hatte aber verkannt, dass der Gesetzgeber jedenfalls bei kommunalen Vertre­tungs­organen - wie Stadträten und Kreistagen - nicht unterschiedslos alle derartigen Arbeitnehmer von der Wählbarkeit ausschließen darf. Anders als gewählte Abgeordnete im Bundestag und in den Landtagen erhalten kommunale Mandatsträger keine Diäten. Sie haben damit keine realistische Möglichkeit, ihren Beruf für die Dauer des Mandats ruhen zu lassen. Ihre Wählbarkeit kann daher nur unter besonderen Voraussetzungen, nämlich nur dann beschränkt werden, wenn die Gefahr von Inter­es­sen­kol­li­sionen, der Art. 137 GG begegnen will, in ihrem Tätig­keits­bereich auch typischerweise besteht. Das ist bei Arbeitnehmern wie dem Kläger nicht der Fall, bei denen ausgeschlossen ist, dass sie auf die Verwal­tung­s­tä­tigkeit ihres Arbeitgebers, des Kreises, inhaltlich Einfluss nehmen können.

Auszug aus dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland:

Art. 137

(1) Die Wählbarkeit von Beamten, Angestellten des öffentlichen Dienstes, Berufssoldaten, freiwilligen Soldaten auf Zeit und Richtern im Bund, in den Ländern und den Gemeinden kann gesetzlich beschränkt werden.

Auszug aus der Landkreis­ordnung für Baden-Württemberg:

§ 24 Hinde­rungs­gründe

Erläuterungen

(1) Kreisräte können nicht sein

1. a) Beamte und Arbeitnehmer des Landkreises sowie Beamte und Arbeitnehmer des Landratsamts,

[...]

Satz 1 findet keine Anwendung auf Arbeitnehmer, die überwiegend körperliche Arbeit verrichten.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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