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Dokument-Nr. 19302

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Urteil10.12.2014BundesverwaltungsgerichtBVerwG 1 C 11.14
Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht Berlin, Urteil28.05.2013, 21 K 342.12
  • Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil11.12.2013, 3 B 17.13
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil10.12.2014

Ausländer muss Kosten einer rechtswidrigen Sicherungshaft nicht tragenVerwal­tungs­ge­richte müssen bei Überprüfung eines Kosten­erstattungs­bescheides auch Rechtmäßigkeit der amtsge­richt­lichen Haftanordnung prüfen

Ein Ausländer haftet nicht für die Kosten einer rechtswidrigen Sicherungshaft. Bei der Überprüfung eines Kosten­erstattungs­bescheides müssen die Verwal­tungs­ge­richte inzident auch die Rechtmäßigkeit der amtsge­richt­lichen Haftanordnung prüfen, auf der die Haftun­ter­bringung beruhte. Dies entschied das Bundes­verwaltungs­gericht.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens, ein nigerianischer Staats­an­ge­höriger, wurde im August 2009 von Beamten der Bundespolizei in Eisen­hüt­tenstadt kontrolliert und gab sich unter Nennung falscher Personalien als kamerunischer Staats­an­ge­höriger aus. Wegen des Verdachts der illegalen Einreise verfügte die Bundespolizei die Zurückschiebung des Klägers nach Kamerun und beantragte die Verhängung von Sicherungshaft. Aufgrund amtsge­richt­licher Anordnungen befand sich der Kläger von August 2009 bis zu seiner krank­heits­be­dingten Entlassung Ende Februar 2010 in Sicherungshaft. Die Bundespolizei forderte den Kläger zur Erstattung der aus Anlass der eingeleiteten Zurück­schie­bungs­maß­nahmen entstandenen Kosten einschließlich der bis 5. Februar 2010 angefallenen Haftkosten auf.

OVG: Haftanordnung nicht rechtmäßig - Kläger haftet nicht für angefallenen Haftkosten

Die hiergegen gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen teilweise Erfolg. Das Oberver­wal­tungs­gericht ist davon ausgegangen, dass der Kläger nicht für die in der Zeit vom 5. November 2009 bis 5. Februar 2010 angefallenen Haftkosten in Höhe von 11.590,09 Euro haftet. Für diesen Zeitraum fehle es an einer rechtmäßigen Haftanordnung, da dem Kläger im November 2009 anlässlich der Entscheidung des Amtsgerichts über die Verlängerung der Sicherungshaft nicht der Haftantrag der Bundespolizei ausgehändigt worden sei.

BVerwG: Bei rechtswidriger gerichtlicher Haftanordnung besteht kein Anspruch auf Kostenersatz

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Entscheidung des Oberver­wal­tungs­ge­richts im Ergebnis bestätigt und die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Zwar muss ein Ausländer die Kosten, die durch eine Zurückschiebung entstehen, nach § 66 Aufent­halts­gesetz selbst tragen. Davon werden auch Kosten für vorbereitende Maßnahmen wie eine Haftun­ter­bringung zur Sicherung einer beabsichtigten Zurückschiebung erfasst. Ein Anspruch auf Kostenersatz besteht allerdings nicht, wenn die Haftun­ter­bringung auf einer rechtswidrigen gerichtlichen Haftanordnung beruht. Unerheblich ist in dem der Verwal­tungs­ge­richts­barkeit zugewiesenen Koste­n­er­stat­tungs­ver­fahren, dass die Anordnung einer Freiheits­ent­ziehung zur Sicherung einer Zurückschiebung den ordentlichen Gerichten obliegt und der Ausländer gegen den Haft(verlängerungs)beschluss des Amtsgerichts keine Beschwerde beim Landgericht eingelegt hat. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Gerichts­ver­fas­sungs­gesetz entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Dies schließt auch rechtswegfremde Vorfragen ein, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist und die an sich zuständigen Gerichte über die streitige Vorfrage nicht mit materieller Rechtskraft entschieden haben. Für einen gesetzlichen Ausschluss der Inzident­kon­trolle in Bezug auf Entscheidungen in Freiheits­ent­zie­hungs­sachen ist nichts ersichtlich. Auch erwachsen diese Entscheidungen nicht in materielle Rechtskraft, so dass andere Gerichte an die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes nicht gebunden sind.

Maßgeblichem Verlän­ge­rungs­be­schluss des Amtsgerichts lag kein hinreichend begründeter Haftantrag zugrunde

Hier beruhte die Haftun­ter­bringung ab dem 5. November 2009 schon deshalb auf einer rechtswidrigen Haftanordnung, weil dem maßgeblichen Verlän­ge­rungs­be­schluss des Amtsgerichts kein hinreichend begründeter Haftantrag zugrunde lag.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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