21.11.2024
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Dokument-Nr. 32936

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Bundesverwaltungsgericht Urteil24.05.2023

Tübingen darf Verpa­ckungs­steuer erhebenVerpa­ckungs­steuer ist örtliche Verbrauchs­steuer

Die Tübinger Verpa­ckungs­steuer ist im Wesentlichen rechtmäßig. Das hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden.

Seit Januar 2022 gilt in Tübingen materi­a­lu­n­ab­hängig eine Steuer auf Einweg­ver­pa­ckungen. Damit sollen Einnahmen für den städtischen Haushalt erzielt, die Verunreinigung des Stadtbilds durch im öffentlichen Raum entsorgte Verpackungen verringert und ein Anreiz zur Verwendung von Mehrwegsystemen gesetzt werden. Besteuert werden Einweg­ver­pa­ckungen, -geschirr und -besteck, "sofern Speisen und Getränke darin bzw. damit für den unmittelbaren Verzehr an Ort und Stelle oder als mitnehmbares take-away-Gericht oder -Getränk verkauft werden". Die Steuer beträgt für jede Einweg­ver­packung ,50 Euro, für jedes Einwegbesteck(- set) ,20 Euro. Der Steuersatz pro Einzelmahlzeit ist auf maximal 1,50 Euro begrenzt. Die Antragstellerin, Inhaberin eines Schnell­re­staurants im Stadtgebiet der Antragsgegnerin, stellte gegen die Satzung einen Normen­kon­trol­lantrag, der vor dem Verwal­tungs­ge­richtshof (VGH) Baden-Württemberg Erfolg hatte. Der VGH erklärte die Satzung insgesamt für unwirksam und begründete dies mit der fehlenden Örtlichkeit der Steuer, ihrer Unvereinbarkeit mit dem Bunde­s­ab­fa­llrecht sowie der mangelnden Vollzug­staug­lichkeit der Obergrenze der Besteuerung.

BVerwG kippt Entscheidung der Vorinstanz

Auf die Revision der Antragsgegnerin hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht die kommunale Steuer für überwiegend rechtmäßig erklärt. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz handelt es sich bei der Verpackungssteuer um eine örtliche Verbrauchsteuer im Sinn des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG, für deren Einführung die Stadt Tübingen zuständig war. Bei den zum unmittelbaren Verzehr, sei es an Ort und Stelle oder als "take-away", verkauften Speisen und Getränken ist der Steuer­tat­bestand so begrenzt, dass ihr Konsum – und damit der Verbrauch der zugehörigen Verpackungen – bei typisierender Betrachtung innerhalb des Gemeindegebiets stattfindet. Damit ist der örtliche Charakter der Steuer hinreichend gewahrt.

Erhebung kommunaler Verpa­ckungs­steuer ist zulässig

Die kommunale Verpa­ckungs­steuer steht als Lenkungssteuer auch nicht im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes. Sie bezweckt die Vermeidung von Verpa­ckungs­abfall im Stadtgebiet und verfolgt damit auf lokaler Ebene kein gegenläufiges, sondern dasselbe Ziel wie der Unions- und der Bundes­ge­setzgeber. Die Abfall­ver­meidung steht in der Abfall­hi­er­archie an oberster Stelle, wie sich aus der EU-Verpa­ckungs­richtlinie, der EU-Einweg­kunst­stoff­richtlinie, dem Kreis­l­auf­wirt­schafts­gesetz und dem Verpa­ckungs­gesetz ergibt; erst danach folgen Wieder­ver­wendung, Verwertung und Beseitigung des Abfalls. Kommunale Steuern, die Einweg­ver­pa­ckungen verteuern, werden durch die verschiedenen unions- und bundes­recht­lichen Vorgaben zum Abfallrecht nicht ausgeschlossen. Soweit das Bundes­ver­fas­sungs­gericht vor 25 Jahren seine gegenteilige Ansicht zur damaligen Kasseler Verpa­ckungs­steuer auf ein abfall­recht­liches "Koope­ra­ti­o­ns­prinzip" gestützt hat, lässt sich ein solches dem heutigen Abfallrecht nur noch in - hier nicht maßgeblichen - Ansätzen entnehmen.

Satzung trotz teilweiser Rechts­wid­rigkeit gültig

Zwar erweisen sich die zu unbestimmte Obergrenze der Besteuerung von 1,50 Euro pro "Einzelmahlzeit" (§ 4 Abs. 2 der Satzung) und das der Stadtverwaltung ohne zeitliche Begrenzung gewährte Betretungsrecht im Rahmen der Steueraufsicht (§ 8 der Satzung) als rechtswidrig. Diese punktuellen Verstöße lassen jedoch die Rechtmäßigkeit der Satzung im Übrigen unberührt.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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